Hagen. Nachdem Pläne über einen Flächendeal zwischen der Stadt Hagen und Lhoist bekannt geworden sind, will die Stadt nun „Missverständnisse“ ausräumen.
Eine mögliche Erweiterung des Steinbruchs Donnerkuhle in Richtung Haßley schlägt höchste Wellen. Insbesondere die Bewohner des beschaulichen Örtchens in Nachbarschaft zur Enervie-Zentrale und zur Autobahn 45 sind angesichts eines geplanten Flächendeals zwischen der Stadt Hagen und der belgischen Lhoist Rheinkalk GmbH derart auf dem Baum, dass Baudezernent Henning Keune nun doch eine öffentliche Vorlage ankündigt, um „mit Missverständnissen“ aufzuräumen.
Dabei ist zumindest aus Sicht von Grünen-Politikerin Hildegund Kingreen, die selbst mit ihrem Mann auf Haßley wohnt, die Situation gar nicht so missverständlich. Zuletzt wurde sie in der Sitzung des Umweltausschusses – im Gegensatz zu den anderen Politkern aus diversen Fraktionen – ausgesprochen deutlich: „Dieses Thema gehört öffentlich diskutiert. Hier wird hinter dem Rücken der Bürger ein beliebter Wander- und Freizeitweg verscherbelt.“
Hagen braucht landwirtschaftliche Flächen
Auch interessant
Für Kingreen kommt es auch nicht in Frage, weitere landwirtschaftliche Flächen zu opfern: „Die Felder, über die hier geredet wird, sind verpachtet und werden bewirtschaftet“, sagt die Grünen-Politikerin, „Landwirtschaft ist eben auch Wirtschaft. Wir können es uns in dieser Stadt nicht leisten, die Landwirtschaft völlig kaputt zu machen. Die Flächen werden knapper, die klimatischen Bedingungen für die Landwirte immer schwieriger. Aber das ist den Initiatoren des Flächendeals offenbar nicht bewusst.“
Die Absicht der Stadt Hagen, einen Weg am Steinbruchrand zu veräußern, so man denn im Gegenzug bei einem Bieterwettbewerb um ein Areal an der Dolomitstraße trotz eines niedrigeren Angebots zum Zug komme, habe bei den Haßleyer Empörung ausgelöst: „Die Menschen sind fassungslos“, sagt Kingreen, „ohne Wissen der Besitzer soll hier über deren Flächen verfügt werden. Ich kenne in Wirklichkeit aber niemanden, der bereit ist, seinen Grundbesitz an Lhoist zu verkaufen.“
2030 sollte im Steinbruch Schluss sein
Aus Sicht von Hildegund Kingreen sei mit der Genehmigung zum Tiefenabbau im Steinbruch, die im Jahr 2005 erteilt worden ist, klar gewesen, dass in etwa im Jahr 2030 Schluss mit Grabungen und Sprengungen sei. „Danach“, sagt Kingreen, „sollte renaturiert und der Steinbruch an die Öffentlichkeit zurückgegeben werden.“ Dass die Fläche nun im Regionalplan als Abgrabungsfläche gekennzeichnet sei, habe keinerlei zwingenden Auswirkung. „Die Stadt hat die Planungshoheit und sollte im städtischen Gesamtinteresse handeln.“
Die Stadt selbst reagiert auf Kingreens Argumentation zurückhaltend. „Die Beschlussfassung stellen wir erst einmal zurück“, so Henning Keune mit Blick auf eine Vorlage, die lediglich für die Politik, nicht aber für die breite Öffentlichkeit bestimmt war und deren Inhalte letztlich auch nicht an die Öffentlichkeit sollten. „Die Verwaltung wird parallel eine öffentliche Vorlage erstellen, auch um Missverständnisse auszuräumen. Darin werden wir auch erläutern, wo wir tatsächlich mit einer Steinbrucherweiterung stehen.“
Stadt: Rheinkalk will erweitern
Zumindest in der nicht-öffentlichen Vorlage war die Verwaltung dazu deutlich geworden: „Konkret möchte die Lhoist Rheinkalk GmbH den Steinbruch Donnerkuhle in der vom Regionalplanentwurf als vorgesehenen Fläche Richtung Haßley erweitern“, heißt es da. Und weiter: „Zur Steinbrucherweiterung benötigt die Lhoist Rheinkalk GmbH als Betreiber das Eigentum an weiteren Flächen in Haßley nahe der Ortslage. Hierzu gehört auch ein heute häufig von Spaziergängern genutzter Weg, dessen Fläche im Eigentum der Stadt Hagen steht.“
Und obwohl sich die Verwaltung in Bezug auf die Regionalplanung vor fünf Jahren noch gegen weitere Abgrabungsflächen ausgesprochen hatte, die Politik diese Empfehlung bei der finalen Entscheidung allerdings mehrheitlich ignorierte, setzt nun auch die Verwaltung unter den neuen Voraussetzungen auf den Deal. „Nach Abwägung der Sachlage schlägt die Verwaltung dem Rat vor, dem Verkauf der Wegflächen (...) zuzustimmen.“
Entwicklung der Standorte
„Als rohstoffverarbeitendes Unternehmen sind wir selbstverständlich immer daran interessiert, unsere Standorte, wenn möglich, langfristig weiterzuentwickeln. Das ist unser Geschäft und unsere Aufgabe“, hatte Lhoist-Sprecher Mario Burda eher allgemein erklärt. So sei die effiziente Ausschöpfung bereits erschlossener Steinbrüche Neuaufschlüssen vorzuziehen. Sauber trennen müsse man allerdings immer zwischen dem Offenhalten langfristiger, potenziell möglicher Optionen und konkreten Verfahren. Burda: „In unserem Haus gibt es aktuell keine Vorbereitungen für ein Fachverfahren, um den Steinbruch Donnerkuhle zu erweitern.“ Dies sei nicht nur eine Feinheit, da Fachverfahren zur Erweiterung von Steinbrüchen komplex, langwierig und von zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen abhängig seien.
Ein Fachverfahren gibt es nicht. Der Plan, der der nicht-öffentlichen Vorlage beigelegt worden ist und der die Erweiterungszone skizziert, aber stammt aus dem Hause Lhoist.