Hagen. Wer zahlt wann für was? Zwar sind Anliegerbeiträge in NRW abgeschafft. In Hagen ist die Verwirrung dennoch groß. Viele gucken in die Röhre.
Wer soll das eigentlich noch verstehen? Bereits seit einigen Jahren zahlen Anlieger keine Ausbaubeiträge von Straßen vor ihrer Haustür mehr. In NRW gilt das für alle Straßenmaßnahmen, die seit dem 1. Januar 2018 beschlossen worden sind. Toll für alle Anwohner. Die seither entstandenen Kosten werden mit einer 100-prozentigen Landesförderung abgefangen. Nun - so hat es die Landesregierung beschlossen - sollen alle Maßnahmen, die nach dem 1. Januar 2024 beschlossen werden, mit dem „Beitragserhebungsverbot“ bedacht werden. Noch toller für Hagener Betroffene, oder? Nun ja, von der Abschaffung der Beiträge sind nur die Maßnahmen nach „Kommunalabgaben-Gesetz“ betroffen. In Hagen trifft es die Bürger aber viel häufiger nach dem Baugesetzbuch. Und: Für alle Straßenausbaumaßnahmen, die vor 2018 beschlossen wurden oder spätestens im Haushalt des Jahres 2017 standen, gilt weiterhin die alte Rechtslage. Also: zahlen bitte. Weil die Lage sogar für die Bauexperten in Hagen zu schwierig zu deuten ist, sind alle versprochenen Straßensanierungen erstmal verschoben worden.
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So geht das mit dem Straßenbau: Wird eine Straße neu gebaut oder werden Straßen und Wege hergestellt, damit die Grundstücke baulich, gewerblich oder in anderer Weise genutzt und erreicht werden können, dann ist das eine Maßnahme nach dem Baugesetzbuch. Dafür gibt es in Hagen - Achtung, sperrig - eine „Erschließungsbeitragssatzung“. In der Regel werden 90 Prozent des Aufwandes auf die betroffenen Grundstückseigentümer überwälzt. Da kommen Summen zusammen, die viele zwingen, noch mal Geld aufzunehmen oder sämtliche Rücklagen zu verpulvern.
Jetzt ein „Beitragserhebungsverbot“
Denn für all jene Straßenausbaumaßnahmen, die vor 2018 beschlossen wurden oder spätestens im Haushalt des Jahres 2017 standen, gilt weiterhin die alte Rechtslage – und damit ein Beitragserhebungsgebot. Für die ab 2018 beschlossenen Maßnahmen können sich die Bürger weiterhin die Kosten zu 100 Prozent vom Land durch das Förderprogramm zurückholen. Das gilt insbesondere auch, wenn die Kommune erst in ein paar Jahren auf die Anwohner zukommt. Die landeseigene Förderung ist verlängert worden. Für alle Straßenausbaumaßnahmen, die ab dem kommenden Jahr beschlossen werden, ist dann auch das nicht mehr nötig: Diese unterliegen dem Beitragserhebungsverbot und der Erstattungsleistung durch das Land Nordrhein-Westfalen.
„Aufgrund der in weiten Teilen ungeklärten Rechtslage bezüglich der Änderungen der gesetzlichen Vorschriften für Anliegerbeiträge wurden die geplanten Maßnahmen überwiegend um ein Jahr verschoben“, sagt Stadt-Sprecherin Clara Treude. Realisiert würden in diesem Jahr lediglich diese Bereiche: Bungstockstraße (von Dümpelstraße bis Lennestraße), Rembrandstraße (von Haldener bis Brunnenstraße), Richard-Wagner-Straße (von Dömbergstraße bis Stadtgartenallee), die Stadtgartenallee selbst und die viel beschriebene Hüttenbergstraße (Am Weitblick bis Krähnockenstraße).
Der Fall Hüttenbergstraße
Der Fall Hüttenbergstraße ist dabei geradezu absurd. Die Ersterschließung der 280 Meter langen Straße in Eilpe liegt bereits 57 Jahre zurück. Als die Stadt vor vier Jahren ankündigte, die marode Fahrbahn zu sanieren und in dem Zuge die Ersterschließung abzurechnen, fiel so mancher Anlieger aus allen Wolken. Durchschnittlich 23.000 Euro fordert die Stadt Hagen von jedem der 30 Grundstücksbesitzer, der eine Fläche an dem betreffenden Straßenabschnitt zwischen den Abzweigungen Am Weitblick und Krähnockenstraße sein Eigen nennt. Das Bundesverfassungsgericht hatte derweil entschieden, dass Erschließungsbeiträge zeitlich nicht unbegrenzt erhoben werden dürfen. Nach dem Bau einer Straße dürften Grundstückseigentümer nur für eine begrenzte Zeit an den Kosten beteiligt werden, urteilten die Richter. Einen ordentlichen Zeitraum nannetn die Richter allerdings nicht. Die Stadt pocht weiterhin auf die Beiträge.
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Erfolgreich konnten indes die Maßnahmen Am Ischeland, Weserstraße, Randweg, Buschmühlenstraße, Lièvinstraße und Rheinstraße verwirklicht werden. In die Röhre gucken vorerst die Menschen an folgenden Straßen, die eigentlich in den Jahren 2024 und 2025 fertiggestellt werden sollten, nun aber mindestens ein Jahr verschoben werden: Ahmerweg, Am Lilienbaum, Heckenweg, Piepenstockstraße, Ulmenstraße, Zur Feldlage, Akazienweg, An der Egge, Auf dem Kämpchen, emster Siepen, Feldstraße, Im Braucke, In der Geweke, Schüllinghauser Straße und Zimmerbergstraße.
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„Seriöse Kostenschätzungen zu den Maßnahmen können noch nicht mitgeteilt werden. Erst, wenn die jeweilige Straßenbaumaßnahme konkret geplant wird bzw. Planungsvarianten vorliegen, ist eine Kostenschätzung möglich“, erklärte die städtische Pressestelle zuletzt im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Helfer Straße in Boele - eine wahre Schlaglochallee. Die hat es nämlich auch noch auf die Sanierungsliste geschafft. Geschätzter Start: 2025.