Walserberg/Hohenlimburg. Bei Salzburg hat die Polizei einen Mann verhaftet und traurige Erinnerungen geweckt - denn der hat 2012 eine Hohenlimburgerin getötet:
Es ist morgens gegen 8.30 Uhr, als der Audi A6 auf die deutsch-österreichische Kontrollstelle Walserberg zusteuert. Der Wagen mit rumänischem Kennzeichen kommt aus Richtung Salzburg und will über die Autobahn 8 einreisen. Doch aufmerksame Bundespolizisten heben die Haltekelle und stoppen das Fahrzeug. Ihnen geht ein dicker Fisch ins Netz: Beifahrer Marius S. (37) hatte im Mai 2012 eine Rentnerin (75) aus Hohenlimburg getötet.
Verstoß gegen Einreiseverbot
Erneut klicken die Handschellen. Denn gegen den Rumänen besteht ein mehrjähriges Einreiseverbot in die Bundesrepublik, das erst im Jahr 2031 abläuft. Weil er durch seinen unerlaubten Grenzübertritt kurz vor Neujahr dagegen verstieß, wird er die nächsten fünf Jahre erneut hinter Gittern sitzen. Das ist die Reststrafe aus der Hohenlimburger Tat, die ihm eigentlich zur Bewährung ausgesetzt worden war. Im Mai 2013 hatte das Schwurgericht Hagen Marius S. wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. Nur acht Jahre davon saß er tatsächlich ab: 2021 wurde der Rumäne in sein Heimatland abgeschoben - verbunden mit der Auflage, deutschen Boden zehn Jahre lang nicht betreten zu dürfen. Die verbotene Rückkehr kostet Marius S. nun die Bewährung.
Rentnerin ausgeraubt
Durch den plötzlichen Vorfall werden bei Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli die Erinnerungen wieder wach an das ungewöhnlich tragische und zugleich traurige Verbrechen aus Hohenlimburg, das inzwischen zwar fast zwölf Jahre zurückliegt, aber dennoch unvergessen bleibt. Das Opfer, eine 75-jährige Frau, lebte seit Jahren alleinstehend. Sie war sportlich, häufig im Urlaub, stets gepflegt und auf ihre äußere Wirkung bedacht. Die ehemalige Chefsekretärin galt als gutsituiert - und aus ihrem Vermögen machte sie auch keinen Hehl.
Zu gerne zeigte sie öffentlich, wie wohlhabend sie sei. „Sie ist nicht gerade zurückhaltend damit umgegangen“, so der damalige Leiter der Mordkommission. Sehr wahrscheinlich, so vermuteten die Ermittler, hätte sich das auch „in bestimmten Kreisen herumgesprochen“. Sie sollten Recht behalten.
Gewalttätiger Einbruch
Das brutale Tötungsdelikt in der Nacht zum 18. Mai 2012 markierte den tragischen Höhepunkt einer ganzen Serie von Überfällen auf die ältere Dame. Innerhalb wenige Jahre war sie in der eher ruhigen Wohngegend viermal zum Opfer von Einbrechern geworden. Das hellgelb getünchte Dreifamilienhaus an der Kaiserstraße, das ihr gehörte und das sie im Erdgeschoss bewohnte, hatte sie deshalb bereits aus Sicherheitsgründen „wie eine Festung ausbauen lassen“, weiß der inzwischen pensionierte Staatsanwalt Klaus Knierim.
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Denn 2004, 2006 und 2008 waren dort bereits Einbrecher eingedrungen, machten aber nur geringe Beute. „Ein Straftäter ging dabei mit so massiver Gewalt gegen die Rentnerin vor, dass sie nur durch großes Glück überlebte“, erinnert sich der Staatsanwalt. Im Februar 2012 dann der vierte Vorfall: Ein Einbrecher durchwühlt die Wohnung der 75-Jährigen. Als sie ihn dabei ertappt, flüchtet er. Den fünften Einbruch, nur drei Monate später, muss die Rentnerin schließlich mit ihrem Leben bezahlen.
Mit Schal gefesselt
Freitagvormittags entdecken Hausbewohner einen Einbruch und verständigen die Polizei. Die Beamten finden die Getötete bäuchlings auf ihrem Bett: mit einem Schal und einem T-Shirt gefesselt. Als Knebel hatte man der alten Dame einen Socken in den Mund gestopft - so tief, dass ihre Oberkieferprothese in den Rachenraum drang und sie dadurch qualvoll erstickte. Zunächst hatten die Täter die Schlafzimmertür, die von innen verschlossen war, aufgebrochen. Doch es gelang ihnen nicht, den Tresor aufzuhebeln, indem sich 500.000 Euro befanden, wie sie irrtümlich glaubten. Tatsächlich lagen dort nur 150 Euro drin.
Täter gefasst
Aufgrund von ausgewerteten DNA-Spuren am Tatort ermittelte die Mordkommission drei rumänische Männer, die tatverdächtig waren, die Rentnerin aus Hohenlimburg überfallen und getötet zu haben. Fünf Monate lang waren Zielfahnder des Landeskriminalamts NRW den Reisetätern, die einer professionellen Bande angehörten, auf den Fersen - bis sie in Rumänien und im niederländischen Den Haag gefasst und schließlich nach Hagen überstellt werden konnten. Dort begann im März 2013, flankiert von sechs Verteidigern, der Prozess vor dem hiesigen Schwurgericht. Am 13. Mai 2013 fiel das Urteil, das Ende Februar 2014 vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde, auf „Freiheitsberaubung mit Todesfolge“ und „versuchten Wohnungseinbruchdiebstahl“.
Lange Haftstrafen
Einer der drei Angeklagten bekommt 10 Jahre und drei Monate Haft, Haupttäter Marius S., damals 26 Jahre alt und der jüngste und brutalste des Trios, 13 Jahre Gefängnis. Die Urteilsbegründung wird durch laute Zwischenrufe eines Angeklagten gestört. Doch Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen weiß sich zu wehren: „Sie halten nun den Mund, jetzt bin ich dran!“
Ob der an der Grenzkontrollstelle Walserberg verhaftete Rumäne Marius S. zur JVA Hagen überstellt werden wird, konnte Oberstaatsanwalt Dr. Pauli noch nicht sagen. Auf jeden Fall werde es eine nordrhein-westfälische Vollzugsanstalt sein. Die Reststrafe von 1785 Tagen muss er bis zum letzten Tag absitzen. Wie sich das anfühlt, das kennt er ja schon.