Hohenlimburg/Holthausen. Während Pegel der Flüsse abrufbar sind, fehlen Daten zu Bächen. Das soll sich mit einem neuen System ändern. Eine sinnvolle Maßnahme?

Der anhaltende Regen lässt den Blick immer wieder auf die Pegelstände von Flüssen wie Lenne, Ruhr und Volme blicken - doch Daten zu kleineren Bächen fehlen. Es gibt bisher keine Pegelmessgeräte, die den Wasserstand jener Bäche im Stadtgebiet beobachten, die bei der Jahrhundertflut 2021 zu reißenden Strömen wurden. Die Stadt hat im zurückliegenden Jahr angekündigt, dass solche Messgeräte künftig an mehreren Bächen installiert werden. Wie ist der aktuelle Stand? Und würden die Bürger, die an Bächen leben, solche Pegeldaten auch nutzen?

Holthauser Bach im Blick

Wenn er seine Rollladen am Morgen hochzieht, schaut Andreas Figge direkt auf den Holthauser Bach, der an seinem Haus entlang strömt. Dieser Tage, an denen immer neue Regenfälle über das Stadtgebiet ziehen, ist der Blick auf den Bach dabei umso schärfer. „Heute konnte ich sehen, dass der Pegel wieder gestiegen ist“, sagt der Holthauser. Ein Anblick, der verunsichert. Nicht zuletzt nach der Erfahrung der Starkregen-Flut 2021, als der Bach das Haus des Mannes überschwemmt hat. Bis heute sind nicht alle Schäden in der Wohnung beseitigt. „Jedes Mal, wenn der Pegel steigt und die Fließgeschwindigkeit zunimmt, dann werden wir nervös“, sagt Figge.

Pegelmesser geplant

Künftig soll ein Einlaufpegel nahe seiner Straße im Klippchen installiert werden, der den Wasserstand des Holthauser Baches misst. Eines von mehreren Messgeräten dieser Art, mit denen die Pegelstände vor allem der kleineren Bäche und Zuläufe gemessen werden sollen. Diese sind Teil eines neuen Radar-Sondensystems, das die Stadt zum Hochwasserschutz plant.

„Wir werden kritische Einlaufbauwerke mit Sonden ausstatten und einzelne Sonden an größeren Gewässern vorsehen, insbesondere an Volme und Ennepe und eine Sonde an der Lenne. Bei diesen Gewässern haben wir hydraulische Berechnungen vorliegen, die uns eine Relation des über Sonden gemessenen Wasserstandes zur Hochwasserjährlichkeit erlauben“, so Michael Kaub, Sprecher Stadt Hagen. Über das Projekt „Klimakommune digital“ wird dieses Radarsonden-System aufgebaut.

Sechs Geräte in Hohenlimburg

Sechs neue Pegelmesser sind dafür an Bächen in Hohenlimburg geplant: Zwei am Holthauser Bach, einer am Milchenbach nahe der Hünenpforte, ein Messgerät am Hasselbach oberhalb des Freibades Henkhausen sowie zwei neue Pegelmesser am Zulauf des Wesselbaches. Die Daten zu den Pegeln sollen Bürgerinnen und Bürger künftig im Internet abrufen können. Es soll der Startpunkt für mögliche weitere Sonden an Gewässern im Stadtgebiet sein. Man wolle mit diesen Sonden Erfahrungen sammeln und das Netz dann gegebenenfalls weiter ausbauen, so Kaub. Wann die Sonden kommen, ist noch unklar. Im Januar finde ein Termin statt, bei dem der Zeitplan zur Errichtung der Sonden projektiert wird.

Warnpegel für die Nahmer

Für das neue Sonden-System ist bisher kein Pegelmesser am Nahmerbach geplant. „Wir haben aber die Bezirksregierung Arnsberg gebeten, zu prüfen, ob an der Nahmer ein amtlicher Hochwasserwarnpegel errichtet werden kann. Ob dazu bereits eine Entscheidung gefallen ist, können wir leider kurzfristig nicht mitteilen.“

Flutschutz am eigenen Haus

Pegeldaten zu den Bächen - eine Maßnahme, die der Flutbetroffene Andreas Figge für Holthausen begrüßen würde. „Gerade für die Menschen im unteren Bereich des Dorfes, die den Bach nicht von ihrem Haus aus sehen können, wären solche Messwerte wichtig.“ Er erhofft sich so auch einen Schritt hin zu einem umfassenden Alarmsystem, welches die Feuerwehr ebenso wie Betroffene in den gefährdeten Gebieten einbindet. „Wenn man sich große Flüsse wie den Rhein anschaut, da wissen die gefährdeten Anwohner aufgrund der Warnstufen, wann es gefährlich wird.“

Zu den geplanten Messgeräten am Wesselbach hat der Bürgerverein Wesselbach Stellung bezogen, Vorstand Peter Mager begrüßt die Pläne, „so wie alle Maßnahmen, um Katastrophen im Wesselbachtal zu minimieren“. Er lobt auch den Einsatz des Wirtschaftsbetriebs Hagen. Der WBH sei engagiert, Stellen an Einlaufgittern in kurzen Zeitintervallen vor Ort zu beobachten und den Durchlauf sicherzustellen – beispielsweise durch Säuberungen. Dennoch sieht der Bürgerverein noch weitere Ansatzpunkte, um den Flutschutz im Tal zu verbessern. So sei es zum Beispiel nicht ausreichend, den Bachlauf nur in Abschnitten zu reinigen, sondern regelmäßig im Ganzen. Auch sollte an bestimmten Punkten in der Wesselbach ein erheblicher Rückschnitt von Bäumen geprüft werden, die direkt am Bach verlaufen und deren herabfallende Äste mit Laub den Ablauf verstopfen.

Nahmer ohne Pegel-Messer

Wenn es um den Flutschutz an ihrem Haus geht, nimmt Maike Hauck ein Abflussrohr am Nahmerbach in den Blick. Denn dieses Rohr ragt aus einer Bachmauer, direkt gegenüber von ihrem Garten in der Nahmer. Ein wichtiger Messpunkt, den die Familie für ihren hauseigenen Flutalarm ausgemacht hat. Nach Erfahrungen mit Überschwemmungen wie 2007 und besonders schwer bei der Starkregen-Flut 2021 haben sie einen eigenen Katastrophenplan für das Grundstück entwickelt und verfeinert. „Wenn das Wasser im Bach so weit angestiegen ist, dass wir das Abflussrohr nicht mehr sehen können, dann müssen wir den Bach genau beobachten.“ Sandsäcke und Pumpe stehen bereit, um das Wohnhaus abzusichern. Daten zum Pegel des Nahmerbachs würde sie begrüßen, sagt Hauck. „Das fände ich interessant, auch zum Beispiel für den Fall, dass wir im Urlaub sind. Da können wir den Bach vor unserer Tür nämlich nicht sehen“.

Der Nahmerbach in Hohenlimburg führt mitten an Wohnhäusern und Industriegebieten entlang und verläuft in vielen Bereichen unterirdisch. Bei der Starkregen-Flut wurde der Bach zum reißenden Strom und führte zu Schäden in Millionen-Höhe.
Der Nahmerbach in Hohenlimburg führt mitten an Wohnhäusern und Industriegebieten entlang und verläuft in vielen Bereichen unterirdisch. Bei der Starkregen-Flut wurde der Bach zum reißenden Strom und führte zu Schäden in Millionen-Höhe. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Grundwasser bereitet Probleme

Jasmin Busch wohnt in einem Haus weiter bachaufwärts. Sie steckt Stöcke in den Nahmerbach, um den Pegel einschätzen zu können. „So sehe ich, ob das Wasser ansteigt. Das ist mit dem bloßen Auge beim Bachlauf vor unserer Tür nämlich schwer zu erkennen.“ Sie lobt den Einsatz der Feuerwehr, die beim Dauerregen um Weihnachten zu mehreren Kontrollfahrten am Bachlauf war. Daten zum Pegel des Nahmerbachs fände sie gut, wenngleich ihr das Grundwasser mehr Sorgen bereite, das von verschiedenen Seiten gegen das Haus drücke. Die Pumpen im Haus liefen zwischen den Jahren und sind aktuell auch wieder in Betrieb. „Wir managen es aber gut, es ist zurzeit nicht besorgniserregend.“

Flutschutz in Planung

Neben dem Radar-Sondensystem sind weitere Hochwasserschutz-Maßnahmen für Hohenlimburg in Planung, aber noch nicht umgesetzt. So soll wie berichtet eine Retentionsfläche auf dem Werksgelände der Firma Hüsecken in der Nahmer entstehen, die Platz bietet, damit sich der Nahmerbach bei Dauerregen ausbreiten kann. Diese Retentionsfläche kommt allerdings erst im Jahr 2025 - wegen Verzögerungen bei dem planenden Ingenieurbüro, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt.

Unklar ist auch, wann die Brücke am Kronenburgplatz wie geplant für den Flutschutz ausgebaut werden soll. „Die Planungen wurden vorbesprochen, werden aber noch bearbeitet“, so die Stadt. „Der Bau erfolgt über den Wiederaufbauplan, der Zeitplan zum Bau liegt noch nicht vor.“ Geplant ist auch, die Lenne von der Dolomitstraße flussaufwärts bis zur A46 zu verbreitern und damit die bisherigen Arbeiten an der „Lenne-Renaturierung“ im Lennetal gen Hohenlimburg fortzusetzen. Hierzu soll in diesem Jahr die Planung vergeben werden, so die Stadt. Bis zur Umsetzung wird es noch ein paar Jahre dauern.