Hohenlimburg. Eine Frau landet mit ihrem Auto auf den Gleisen in Hohenlimburg – und Dani und sein Cousin haben sie gerettet. Doch Gaffer sorgen für Frust:
Iordanis „Dani“ Karapiperi und sein Cousin – sie sind wohl die Helden von Hohenlimburg. Zwei junge Menschen, die gehandelt haben, während Andere nichts Besseres zu tun hatten, als ihre Handys zu zücken und Videos eines tragischen Unfalls zu posten.
Lautes Donnern gehört
Dabei wollten die Beiden an diesem Abend eigentlich mit ihrem Kumpel Niko nur ein bisschen Musik machen und hatten sich dafür vor die griechische Taverne in Hohenlimburg gesetzt, die Dani Karapiperi gehört. „Auf einmal hat uns eine lauter Knall aufgeschreckt, das war wie ein Donnern“, schildert Dani. Danach ging alles ganz schnell. Er drehte sich um und sah, dass ein Auto durch den Zaun gefahren war, der die Straße vor der Taverne von den Gleisen am Bahnhof in Hohenlimburg trennt.
Auf die Gleise gerannt
Am Steuer des Audis war eine 81-jährige Frau, die aus noch ungeklärter Ursache die Kontrolle über ihren Wagen verloren hatte. Wer in dem Wagen saß, das wusste Dani in diesem Moment nicht, als er sah, wie das Auto auf die Gleise bretterte. Was zu tun ist, das wusste der 23-Jährige aber genau: „Es hätte jeder von uns sein können“, sagt der Vater von zwei Kindern. Er sprang auf und rannte in Richtung der Gleise, direkt auf das Auto zu. „Ich war wie im Tunnel“, beschreibt der danach die Situation. „Erst handeln, dann denken.“
Angst vor Zugverkehr
Das Adrenalin schoss durch den Körper und bekämpfte die Angst, die da zeitgleich durch seinen Kopf schwirrte. „Ich habe innerlich nur gebetet, dass kein Zug kommt.“ Unwahrscheinlich war das nicht, donnern doch regelmäßig tonnenschwere Personen- und Güterzüge über die Gleise in Hohenlimburg. Auch an diesem Abend sollte ein paar Minuten später der nächste Zug anrollen, weshalb auf dem Bahnsteig die Leute schon warteten – wenige Meter von dem Audi entfernt, der auf den Gleisen stand. Manche riefen ihm zu „Schnell, gleich kommt ein Zug.“
Viele hatten aber auch ganz andere Dinge im Kopf: „Ich sah bestimmt zehn Leute auf dem Bahnsteig, die ihr Handy gezückt und das Auto gefilmt haben“, ärgert sich Dani und schüttelt mit dem Kopf. „Die waren nur eine Sekunde von der Frau entfernt, aber keiner kam, um zu helfen. In dem Moment war ich wütend.“
Frau war geschockt
Dani öffnete die Autotür, sah die Seniorin auf dem Sitz, versuchte den Gurt zu öffnen – ohne Erfolg. „Das Auto war verraucht, und der Gurt klemmte“, schildert Dani. Für ihn dramatische Sekunden, wie er erzählt. Er wusste, er stand mitten auf den Gleisen und hatte keine Ahnung, ob gerade ein Zug direkt auf ihn zusteuerte. Als der Gurt endlich gelöst war, trug er die verletzte Frau aus dem Auto und gab sie an seinen Cousin Dani Germanoglu, nur weg von den Gleisen.
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„Die Frau war geschockt. Wir haben gesagt, sie soll sich erstmal hinsetzen“, erzählt er. „Dann haben wir ihr ein Glas Wasser gegeben.“ Für ihn keine Heldentat. „Jeder Mensch sollte so reagieren.“ Schnell kamen auch Rettungsdienst und Polizei und versorgten die Frau. Ein Kumpel hatte sich beim Notruf gemeldet und auch Alarm geschlagen, dass die Bahnstrecke gesperrt werden müsse – was schnell passierte.
Whiskey getrunken
Einig sind sich die beiden Ersthelfer, dass die Frau einen Schutzengel gehabt haben muss. „Sie war völlig aufgewühlt und hat immer wieder gefragt: Wo ist mein Auto?“, berichtet Dani Karapiperi, der sie aus dem Wagen geholt hat. „Ich sagte zu ihr: Tante, alles ist gut.“ Später saß er mit seinem Cousin und Freunden noch bis in die Nacht zusammen. Sie haben viel geredet, die Ereignisse verarbeitet und waren froh, dass die Seniorin am Leben ist. „Wir haben eine Flasche Whiskey geöffnet“, sagt Dani, „und auf ihr Wohl getrunken.“ Die Flasche war am nächsten Morgen leer.
Am Tag darauf wirkte das Geschehene noch nach. Das Fernsehen hat sich angekündigt, will Beiträge über seinen Einsatz für Regionalsender drehen. Geschlafen habe er nicht, sagt Dani. „Ich war in dem Auto noch gefangen.“ Er will die Seniorin, wenn es ihr wieder gut geht, zum Essen in seine Taverne einladen. Sein Handeln redet der Hohenlimburger nicht klein, er will aber auch eine Botschaft senden. Denn die Leute, die am Bahngleis standen und tatenlos zusahen und den Unfall filmten, gehen ihm nicht aus dem Kopf.
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Über Gaffer geärgert
„Statt in solchen Momenten nur Videos zu drehen, hätte man soviel Sinnvolleres machen können. Holt Wasser für die Betroffene, sperrt den Weg ab, ruft den Notdienst – ganz egal. Aber jeder kann eine Aufgabe übernehmen.“
Die Seniorin kam nach ihrem Unfall mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus. Sie war schwer verletzt, schwebte aber nicht in Lebensgefahr. Warum sie den Zaun zu den Bahngleisen durchbrach und ob sie eventuell Gas und Bremse ihres Automatikwagens verwechselt hat, ist noch unklar.
Test auf Cannabis positiv
Die Frau war laut Polizei nicht alkoholisiert, stand jedoch unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Eine Probe auf THC (Cannabis) war positiv. Sie musste eine Blutprobe abgeben, um zu klären, ob es sich um einen Konsum als Droge oder Medikament handelt. Die Polizisten stellten den Führerschein der Hagenerin sicher.
Gleise gesperrt
Die Bundespolizei veranlasste die Sperrung der Gleisanlage für den Zugverkehr und übernahm die Bergung des Autos. Im Gleisbett befanden sich zahlreiche Fahrzeugteile des Audis. Der Wagen wurde per Seilwinde aus dem Gleisbett gehievt und abgeschleppt. Das Fahrzeug erlitt voraussichtlich einen wirtschaftlichen Totalschaden.
11.000 Euro Sachschaden
Den Sachschaden schätzt die Polizei auf rund 11.000 Euro. Die weiteren Ermittlungen zum Unfall führt das Verkehrskommissariat der Polizei Hagen.