Hagen. Ein Auto rutscht in Hagen am Dienstagabend auf Bahngleise. Mutige Zeugen befreien die 81-jährige Fahrerin und retten ihr wohl das Leben.

Iordanis Karapiperi und sein Cousin – sie sind wohl die Helden von Hohenlimburg. Zwei junge Menschen, die gehandelt haben, während einige andere nichts Besseres zu tun hatten, als ihre Handys zu zücken und Videos eines tragischen Unfalls zu posten.

Eine 81-jährige Frau ist am Dienstagabend gegen 20 Uhr mit ihrem Auto eine Böschung hinab gerutscht und mitten auf Bahngleisen zum Stehen gekommen. Iordanis Karapiperi,Wirt der Gaststätte „Die Taverne“, und sein Cousin haben sie aus ihrem Auto befreit.

Die dramatischen Momente, in denen es für die Retter und für die Seniorin um Leben und Tod ging: „Wir haben in dem Moment nicht darüber nachgedacht, ob ein Zug kommt oder nicht“, sagt Iordanis Karapiperi, „wird sind auf die Gleise, haben die Tür aufgerissen und versucht, die Dame aus dem Auto zu holen. Sie hat sich nicht bewegt.“

Retter können Gurt nicht lösen

Der Gurt aber, so erzählt der Gastronom, habe sich zunächst nicht lösen lassen. Erst nach mehreren Versuchen. „Er hat geklemmt“, sagt er, „als er endlich gelöst war, haben mein Cousin und ich die Frau aus dem Auto getragen. Ich habe gebetet, dass in dem Moment kein Zug kommt.“

Dramatisch: In Hohenlimburg in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs ist eine 81-jährige Frau mit ihrem Auto auf die Gleise gerutscht.
Dramatisch: In Hohenlimburg in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs ist eine 81-jährige Frau mit ihrem Auto auf die Gleise gerutscht. © Alex Talash | Alex Talash

Neben den Gleisen versuchen sie, die Frau zu beruhigen. „Mein Schwager war auch dort“, erzählt Iordanis Karapiperi, „er hat ein Glas Wasser besorgt. Die Frau war völlig aufgewühlt, hat immer wieder gefragt: Wo ist mein Auto? Dann kam der Rettungsdienst und hat sie versorgt.“

Retter sprinten zur Unfallstelle

Iordanis Karapiperi und seine Familie hatten draußen vor einem Restaurant gesessen, als sie plötzlich ein „lautes Donnern“ hörten. „Wir sind sofort in Richtung der Gleise gelaufen, das war ein Sprint über 100 Meter“, sagt Iordanis Karapiperi, „da haben wir dann gesehen, dass ein Auto quer mitten auf der Bahnstrecke stand.“

Was sie aber auch sehen: In unmittelbarer Nähe stehen mehrere Passanten, haben ihre Smartphones gezückt und halten die Szene fest.

Die Bergungsarbeiten an der Unfallstelle in Hohenlimburg dauern bis in den späten Abend an.
Die Bergungsarbeiten an der Unfallstelle in Hohenlimburg dauern bis in den späten Abend an. © Alex Talash | Alex Talash

„Das waren bestimmt zehn Leute. Warum hat da keiner geholfen, keiner gehandelt?“, fragt Iordanis Karapiperi, „für die wären es nur ein paar Meter gewesen. In so einer Situation kommt es doch auf jede Sekunde an. Ich kann das nicht verstehen. Das ist einfach nur traurig.“

Bahnstrecke bis 23 Uhr gesperrt

Während der umfangreichen Rettungs- und Bergungsmaßnahmen musste die Bahnstrecke in Hagen-Hohenlimburg gesperrt werden. Erst gegen 23 Uhr wurde die Strecke wieder freigegeben, doch der Schreck in den Abendstunden am Hagen-Hohenlimburger Bahnhof blieb groß.

Die ersten Ermittlungen ergeben: Eine Autofahrerin, die am Dienstag, 10. Oktober, gegen 20 Uhr den Parkplatz an der oberen Isenbergstraße verließ und dann die untere Isenbergstraße überquerte, hatte die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren, einen Zaun durchbrochen und war dann zwei bis drei Meter tief eine Böschung heruntergerutscht.

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81-Jährige rutscht auf Gleise

Angaben zufolge rutschte die 81-Jährige dann in ihrem Audi über mehrere Gleise, bis sie zum Stehen kam. Die Frau wurde leicht verletzt mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Zum Glück passierte zum Zeitpunkt des Vorfalls kein Zug die Unfallstelle.

Kräfte der Hagener Polizei, der Feuerwehr sowie der Bergungsdienst waren in Hagen-Hohenlimburg vor Ort.
Kräfte der Hagener Polizei, der Feuerwehr sowie der Bergungsdienst waren in Hagen-Hohenlimburg vor Ort. © Alex Talash | Alex Talash

Wie die Leitstelle der Polizei auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte, wurde der komplette Zugverkehr kurz nach 20 Uhr sofort gestoppt. Gegen 23 Uhr konnte der Audi dann schließlich abgeschleppt werden, und die Einsatzkräfte zogen kurz darauf von der Unfallstelle ab.

„Zuginfo NRW“ vermeldet den Polizeieinsatz

Der Informationsdienst „Zuginfo NRW“ (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) vermeldete ab ca. 20.30 Uhr einen Polizeieinsatz zwischen Hagen-Hohenlimburg und Hagen-Hauptbahnhof. Der Streckenabschnitt sei gesperrt. Anfangs ging „Zuginfo NRW“ von einer Sperrung bis 3 Uhr (Mittwochmorgen) aus. Doch um 23.10 Uhr kam dann die Entwarnung: „Polizeieinsatz beendet!“

Konkret: „Der Polizeieinsatz zwischen Hagen-Hohenlimburg und Hagen Hbf ist beendet. In Kürze fahren die Züge wieder auf der geplanten Strecke mit allen geplanten Halten. In der Folge kann es noch zu teilweise hohen Verspätungen und gegebenenfalls zu Teilausfällen kommen.“