Hagen. Aufgrund der plötzlichen Sperrung der Volmetalstraße müssen sich die Hagener auf eine wochenlange Geduldsprobe einstellen.
Angesichts der aufgrund akuter Brückenschäden gesperrten Volmetalstraße zwischen der Stadthalle und dem Abzweig Delstern müssen sich die Bürger in Oberhagen und Eilpe auf wochenlange Staubelastungen einrichten.
Das kristallisierte sich am Donnerstag nach Informationen der Stadtredaktion Hagen beim verantwortlichen Landesbetrieb Straßen NRW heraus. Er hatte am Spätnachmittag des Mittwochs aufgrund plötzlich drohender Einsturzgefahr überraschend die Reißleine gezogen und die Hochbrücke über Volme, Eilper Straße sowie die Volmetal-Bahnlinie hinweg komplett abgeriegelt.
Straßen NRW hatte bereits im Juni dieses Jahres an einem Brückenwiderlager festgestellt, dass eine Übergangskonstruktion aufgrund der zunehmenden Verkehrsbelastung erheblich beschädigt sei. Vor allem die Umleitungsverkehre durch die gesperrte A45-Rahmedetalbrücke in Lüdenscheid, die sich zunehmend durch das Volmetal quälen, haben die ohnehin in die Jahre gekommene Stahlbeton-Konstruktion endgültig mürbe gemacht.
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Um einen Totalausfall der Verkehrsachse zu vermeiden, wurden die Fahrzeugströme zuletzt vorsorglich um die schadhafte Stelle herumgeschwenkt und das Tempolimit auf sagenhafte 10 km/h herabgeschraubt. Seitdem wurde durch Experten im Zwei-Wochen-Rhythmus nicht bloß die Schadensstelle immer wieder akribisch kontrolliert, sondern im Haus von Straßen NRW an einem endgültigen Sanierungskonzept gefeilt.
Bauteil aus den 70er-Jahren
Doch im Rahmen der regelmäßigen Kontrollen kristallisierte sich jetzt heraus, dass die Defekte sich erweitert haben. Konkret scheint es sich um ein Edelstahl-Rolllager aus den 70er-Jahren zu handeln, das – je nach Temperaturlage – die Ausdehnungsbewegungen des Bauwerks regelt. Eines dieser Elemente, die in dieser Form heute gar nicht mehr verbaut werden, ist gebrochen, so dass zwischenzeitlich weitere Risse in der Trägerkonstruktion aufgetaucht sind.
In dem Streckenabschnitt der Volmetalstraße in Richtung Stadthalle, der vom Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) technisch betreut wird, ist ein ähnliches Problem vor Jahren auch schon einmal aufgetreten. „Die schadhaften Bauteile wurden inzwischen ausgetauscht“, erinnert WBH-Vorstand Hans-Joachim Bihs daran, dass die Brückenkonstruktion der B54 für die aktuelle Verkehrsbelastung einfach nicht ausgelegt sei.
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Bezirksbürgermeister Michael Dahme zeigte sich entsprechend verärgert: „Durch die A45-Ausweichstrecken sind wir im Hagener Süden sowie in Eilpe ohnehin schon stark belastet – und jetzt noch das. Der Verkehr staut sich selbst außerhalb der Rushhour nicht bloß auf der Eilper Straße, sondern auch die Selbecke hinauf.“ Er regte an, sowohl die Ampelphasen zu überprüfen, als auch die Lkw-Verkehre am Volmeabstieg konsequent in Richtung Hagen-Süd abzuleiten. „Es produziert schon reichlich Frust, wenn man immer nur die Probleme, aber keine Lösungen sieht.“
„Die Situation ist eine Katastrophe“, nahm auch Stadtsprecher Michael Kaub bei der Bewertung der aktuellen Situation kein Blatt vor den Mund. Allerdings sei es im Hagener Rathaus am Donnerstag niemandem gelungen, aus dem Haus von Straßen-NRW eine belastbare Perspektive aufgezeigt zu bekommen, wie lange die Vollsperrung andauern könne. „Wir würden uns gerne mit dem Landesbetrieb und der Polizei an einen Tisch setzen, um nach Wegen zu suchen, wie sich die Lage entzerren lässt. Aber dafür müssten wir zunächst einmal wissen, über welche Zeiträume wir überhaupt reden.“
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Ähnlich ratlos gibt man sich zurzeit auch noch bei der Deutschen Bahn, die angesichts des Einsturzrisikos des Brückenbauwerks die darunter herrollende Volmetalbahn (RB 52) gestoppt hat. Hier werden die Fahrgäste jetzt zwischen Herdecke und Rummenohl zunächst mit einem Bus-Notverkehr vorliebnehmen müssen.
Suche nach Firmen läuft
Derweil arbeitet man bei Straßen NRW aktuell zunächst einmal an einer Lösung für eine Not-Instandsetzung. „Wir haben bereits gezielt Unternehmen angeschrieben, mit denen wir regelmäßig eng zusammenarbeiten, ob sie den Auftrag übernehmen können“, beschreibt Landesbetrieb-Sprecherin Julia Ollertz den Stand des Verfahrens.
Dabei sei man natürlich abhängig von den Kapazitäten der Baufirmen sowie der Materiallage. Immerhin handelt es sich um maßgefertigte Bauteile, die bei der Errichtung der Konstruktion zum Teil individuell für dieses Projekt hergestellt wurden und heute gar nicht mehr produziert werden, weil Brückenwiderlager inzwischen anders konstruiert werden.
Bis diese provisorische Lösung gefunden und umgesetzt ist, so scheint schon heute klar, dürften je nach Witterung bereits Wochen ins Land ziehen. Parallel wird aber auch eine endgültige Sanierungslösung erarbeitet, um langfristig die Tragfähigkeit des Bauwerks zu sichern. Hierfür sind aber auch wieder umfangreiche Ausschreibungsverfahren erforderlich, so dass sich dieser Prozess weit ins Jahr 2024 hinziehen dürfte.
SIHK warnt vor den Folgen
SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat sprach vor dem Hintergrund der Sperrung von einer „Hiobsbotschaft für die gesamte Wirtschaftsregion“. Das Brückendesaster in Deutschland setzte sich jetzt wie im Brennglas in Hagen im Schatten der Rahmedetalbrücke fort. „Es trifft die Händler, Dienstleister und Gastronomen und vor allem auch die Menschen in Hagen vor Ort. Es ist aber auch überregional ein weiterer Schlag ins Kontor, erst recht, weil auch die Volmetalbahn nicht mehr fahren kann und die Wirtschaftsverkehre mitten durch Eilpe fahren müssen“, so der Kammer-Vertreter. „Wo die Infrastruktur versagt, verlieren Unternehmen das Vertrauen in den Standort und in den Staat“, forderte er eine schnelle, transparente Kommunikation zur weiteren Entwicklung ein.