Wehringhausen. Damit Fördergelder nicht verfallen, müssen die Schrottimmobilien an der Wehringhauser Straße in Hagen bis zum Jahresende verschwinden.

Eigentlich sollte die stadtbekannte Wehringhauser Häuserzeile aus der Gründerzeit längst fein säuberlich nach Baumaterialien sortiert zerlegt, abgerissen und Lkw-weise abtransportiert sein. Doch wie bei so vielen Projekten haben die Corona-Pandemie, Prioritäten-Verschiebungen durch die Starkregen-Jahrhundertflut im Sommer 2021 sowie der anhaltende Mangel an erforderlichem Fachpersonal im Hoch- und Tiefbau dafür gesorgt, dass eine prägende Optik am Rande einer Hagener Hauptverkehrsader noch immer nicht endgültig verschwunden ist. Doch in den kommenden Wochen soll es nach Angaben der Stadt Hagen tatsächlich gelingen: Die Schrottimmobilien Wehringhauser Straße 89 bis 93 gegenüber dem Areal des traditionsreichen Batterieherstellers werden dem Erdboden gleich gemacht und somit Platz für eine Neuentwicklung in absolut zentraler Verkehrslage geschaffen.

Die entsprechenden Absperrungen – gemeint ist die Sperrung einer Fahrspur in Richtung Innenstadt – sind bereits aufgestellt. „Durch eine Fachfirma werden zunächst einmal die unterschiedlichen Schad- und Baustoffe demontiert und entsprechend entsorgt, bevor dann der eigentliche Abriss im Schatten der S-Bahn-Linie beginnt“, erläutert Stadtsprecher Michael Kaub.

Aufgrund der eingezogenen Fahrspur wird es zumindest im Berufsverkehr auf der Wehringhauser Straße in Fahrtrichtung Innenstadt immer wieder zu Verkehrsbehinderungen kommen.
Aufgrund der eingezogenen Fahrspur wird es zumindest im Berufsverkehr auf der Wehringhauser Straße in Fahrtrichtung Innenstadt immer wieder zu Verkehrsbehinderungen kommen. © WP | Michael Kleinrensing

Ursprünglich waren es sogar mal sechs mehrgeschossige Objekte, die die Szenerie entlang der Bundesstraße 7 über mehr als ein Jahrhundert prägten. Die heute noch immer sichtbaren Fassaden der inzwischen völlig heruntergekommenen Häuser deuten an, dass diese Gebäude einst attraktiven Wohnraum für Generationen an Familien geboten haben müssen. Doch die letzten Besitzer haben es versäumt, in die Substanz der altehrwürdigen Gemäuer zu investieren.

Stattdessen lag der Fokus offenkundig darauf, ohne jeglichen Investitionsaufwand maximalen Profit aus den verfallenden Bauten zu ziehen. Ein schleichender Prozess, der zuletzt verzugsweise weniger gerngesehenes Klientel anlockte und allein schon aus Hygiene- und Sicherheitsgründen dafür sorgte, dass diese Gemäuer als wirtschaftlich unsanierbar galten und somit ein Fall für die Baggerschaufel wurden.

Tonnenweise Müll entsorgt

Bereits im Sommer 2020 wurden drei Schrottimmobilien aus dieser Zeile professionell planiert. Da bei den übrigen drei Objekten jedoch lange Zeit die Besitzverhältnisse diffus blieben und die letzten Eigner auch utopische Verkaufspreisvorstellungen in den Raum stellten, stockten die zähen Ankaufverhandlungen. Letztlich gelang es der Stadt Hagen, die dem Abriss des Straßenzugs allein schon aus städtebau-, aber auch wohn- und sozialpolitischen Gründen einen hohen Stellenwert einräumt, erst Anfang des vergangenen Jahres, das letzte Objekt zu erwerben und somit den Rückbau konkret anzugehen. Letztlich spielte der Kommune dabei sogar noch ein massiver Rattenbefall in den Häusern in die Karten, so dass die letzten 29 Bewohner zum Schutz ihrer Gesundheit aus Infektionsschutzgründen kurzfristig aus ihrem Zuhause herauskomplimentiert werden konnten.

Im Anschluss mussten obendrein noch sagenhafte 23 Tonnen Müll und Unrat aus den Wohnungen und ausgedehnten Keller- und Giebelräumen herausgeschleppt werden, um einen endgültigen Abriss überhaupt andenken zu können. Eine ähnliche Erfahrung hatte man im Rathaus auch schon bei den ersten drei Schrottimmobilien aus der Reihe gemacht, aus denen vor knapp drei Jahren sogar 40 Tonnen Sperrgut von einem Entsorger herausgeschleppt worden waren. In diesen zuletzt herrenlosen Objekten hatte sich in unmittelbarer Nähe zum Bahn-Gleis sowie dem S-Bahn-Haltepunkt Wehringhausen eine linke Partyszene eingenistet und immer wieder die Nächte zum Tag gemacht. Zudem fanden ohne jegliche Kontrolle durch unmittelbare Nachbarn dort Junkies und Obdachlose einen Unterschlupf, während sich parallel auch Metalldiebe an den „Innereien“ der Objekte bedienten, bevor die Stadt dem Treiben ein finales Ende setzte.

Förderprogramm verlängert

Immerhin profitiert Hagen bereits seit 2017 von dem NRW-Förderprogramm „Modellvorhaben Problemimmobilien“, das klammen Städten dabei unter die Arme greift, verfallenden Wohnraum vom Markt zu nehmen und somit das Entstehen von Armutsghettos auszubremsen. Ursprünglich drohte diese so wichtige finanzielle Hilfe Ende 2022 zu versiegen. Doch der Stadt Hagen ist es in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung in Arnsberg sowie dem NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales und Bau angesichts der spezifischen Flut-Problemlagen in Hagen sowie der langen Wartezeiten bei den Baufirmen gelungen, hier eine Verlängerung der Förderunterstützung bis Ende 2023 zu erwirken. Daher muss jetzt endgültig mit dem Abriss begonnen werden, um die Gelder sich letztlich nicht durch die Lappen gehen zu lassen. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, dass die Häuser bis Ende November dem Erdboden gleich gemacht sind. Eine konkrete Nachfolgenutzung steht zurzeit noch in den Sternen.