Hohenlimburg. Mitten in die Diskussionen um Steinbrucherweiterungen in Hagen platzt eine Idee aus Wülfrath. Dort wird Kalkstein unter Tage abgebaut.
Der Impuls kommt aus Haßley, wo das besorgte Dorf jüngst in Alarmstimmung versetzt wurde, weil es so aussieht, als würde die Stadt Hagen im Hintergrund einen Flächendeal mit dem Unternehmen Lhoist/Rheinkalk einfädeln, damit dieses den Steinbruch Donnerkuhle erweitern könnte – näher an das Dorf heran. Als die Redaktion auf Haßley zum Gespräch bat, war auch Dr. Walter Hermülheim unter den besorgten Dorfbewohnern und verteilte Handzettel. Darauf war zu lesen und zu sehen, wie Rheinkalk in Wülfrath in einem Steinbruch ein Kalksteinbergwerk errichtet hat und nicht mehr weiter in die Tiefe und auf neue Flächen, sondern in den Kalksandstein hineinarbeitet – in Stollen. Ist dieses Pionierprojekt nicht auch die Lösung für die Steinbrüche an der Donnerkuhle und in Oege?
Mit Eröffnung des Versuchbergwerks in Wülfrath-Flandersbach versucht Lhoist/Rheinkalk seit Ende 2022 erstmals in industriellem Maßstab, bislang unzugängliche Lagerstätten von Kalkstein zu erschließen. In den nächsten drei Jahren will man 1,5 Millionen Tonnen davon unter Tage gewinnen. Dafür wurden drei Stollen in die Steinbruchwand getrieben, die im Fels miteinander verbunden wurden. 160 Meter unter der umliegenden Umgebung wird darin Kalkstein aus dem Fels geholt. Lhoist hat sich zum Ziel gesetzt: Sollte eine Unter-Tage-Förderung wirtschaftlich binnen drei Jahren Sinn machen, soll ein Regelbetrieb beginnen.
Die Natur würde verschont
„Das kann man doch hier bei uns genauso machen“, blickte Dr. Walter Hermülheim, seines Zeichens Lehrbeauftragter am Institut für Bergbau der Technischen Universität Clausthal auf Haßley konstruktiv nach vorn. Mit dieser neuartigen Methode müssten Steinbrüche nicht so erweitert werden, dass Naturflächen verschwinden, sondern, da wo es geht könnten sie unterirdisch in Bergwerken weiter wachsen.
„Ich kenne das Projekt nur aus Berichten, obwohl ich mal selbst als Praktikant in Wülfrath gearbeitet habe“, sagt Christian Lange, Geschäftsführer der Hohenlimburger Kalkwerke, die den nicht nur für die Industrie wertvollen Rohstoff aus dem Oeger Steinbruch holen. Neben einer geplanten Vertiefung planen die Kalkwerke schon seit Jahren, die Fläche des von den Hohenlimburger Kalkwerken betriebenen Steinbruchs zu erweitern. Derzeit endet der Steinbruch an der Stadtgrenze zwischen Hohenlimburg und dem Landstreifen auf dem Ahm in Letmathe. Die Bezirksregierung in Arnsberg prüft noch, ob eine Erweiterung des Abbaugebietes auf Letmather Seite genehmigungsfähig ist. Wäre die Bergwerksvariante denn nicht eine, die die berechtigten Interessen der Kalkwerke, aber auch die berechtigten Interessen der Anwohner harmonisieren würde?
„Nur dann, wenn es wirtschaftlich ist“
„Der Bergbau auf Kalkstein ist dort interessant, wo eine hohe Wertschöpfung der Produkte möglich ist, in diesem Fall Branntkalk. Für die in viel größeren Mengen benötigten Sande, Schotter und Splitte, die in der Bauwirtschaft benötigt werden, lohnt es nicht“, sagt Christian Lange mit Blick auf den Standort Hohenlimburg. Ich bin aber gespannt, wie der befristete Versuchsbetrieb bei Lhoist sich entwickelt. Rein von der Mächtigkeit des anstehenden Kalksteins (600 bis 700 Meter) her wäre es theoretisch auch bei uns denkbar, Gewinnung unter Tage zu betreiben. Wirtschaftlich ist es leider nicht“, sagt Christian Lange ganz direkt. „Aber die Technik schreitet immer weiter voran und die Rohstoffe werden immer knapper. Die Frage ist nur, welcher Bauherr dann die Kosten für die Baustoffe noch bezahlen kann.“
Wie gut oder nicht gut das Bergwerksprojekt in Wülfrath funktioniere, das könne man noch gar nicht sagen, erklärt Rheinkalk/Lhoist-Sprecher Mario Burda der Redaktion. „Dafür sind wir noch zu früh im Versuchsbetrieb. Generell wollen wir aber, da wo es möglich und wirtschaftlich ist, solche Dinge ausprobieren.“ Die Frage, ob das auch für den Steinbruch an der Donnerkuhle möglich wäre, stelle sich aktuell gar nicht. „Wie bereits gesagt, befassen wir uns aktuell nicht mit einer Erweiterung dieses Steinbruchs.“ Die Produktion dort laufe so wie bisher.