Wehringhausen. Schon seit 112 Tagen werkelt die Stadt am 85 Meter langen Herzstück der ersten Hagener Fahrradstraße herum. Hier ist Geduld gefordert.
Wenn Hagen eine Fahrradstraße entwickelt, dann braucht es vor allem eines: Geduld. Die Rede ist von der Augustastraße, wo ja künftig zwischen Minervastraße und Bergischem Ring die Zweiradfraktion alle Vorrechte genießen soll, um aus Richtung Westen kommend sicher die Innenstadt erreichen zu können. Oberbürgermeister Erik O. Schulz höchstselbst gab Ende April den Startschuss für die 280.000-Euro-Investition im Rahmen der gern gelobten Verkehrswende. Das Gros des Geldes fließt dabei in die Umgestaltung eines gerade einmal 85 Meter langen Straßenabschnitts zwischen dem Innenstadtring und der Södingstraße, der seitdem komplett gesperrt ist. Bis heute gleicht die Passage einem gigantischen Baggerloch. Obwohl die Bauschaffenden beim Spatenstich in Aussicht stellten, dass das Projekt zum Ende der Sommerferien abgeschlossen sei, scheint das Finale 112 Tage später noch in weiter Ferne zu liegen.
„Verzögerungen in der Bauausführung durch das Versetzen von bestehenden Leitungen der Signalanlagen sowie Versorgungsleitungen bedingen ein verzögertes Bauende“, lässt Stadtsprecherin Clara Katharina Treude den Eindruck entstehen, als handele es sich bei dem Mini-Abschnitt um eine Baustelle voller Überraschungen und Unwägbarkeiten. Dabei geht es, so der ursprüngliche Plan, lediglich darum, die bestehende Fahrbahn komplett abzutragen und umzugestalten. Auf dem Stück entstehen drei neue Baumscheiben, abgeflachte Bordsteine und acht Pkw-Stellplätze. Zudem gibt die Stadtsprecherin den sonst bloß in den Wintermonaten üblichen Hinweis: „Aufgrund von Witterung und anderen Umständen können im Bauwesen keine fixen Termine genannt werden, wann Bauarbeiten final abgeschlossen sind.“ Der Bürger lernt also: Bei 85 Metern Wegstrecke sollte man selbst nach 16 Wochen sind nicht verwundert die Augen reiben.
Verlängerung bis September
Auch interessant
Aber es gibt offenkundig zumindest eine realistische Perspektive, wann die Investition einen Abschluss finden könnte: „Der Wirtschaftsbetrieb Hagen plant, dass die Bauarbeiten bis Mitte September abgeschlossen sind“, stellt Treude eine Verzögerung von sechs Wochen in Aussicht. Anschließend erfolge dann die Markierung von Piktogrammen mit dem Hinweis „Fahrradstraße“ an sämtlichen Knotenpunkten der Augustastraße, die insgesamt 750 Meter lang ist. Und derer gibt es mit Blick auf Minerva-, Pelmke-, Bach-, Kottmann-, Mauer-, Stern- und Södingstraße durchaus reichlich.
Im vorderen Bereich der Augustastraße an der Schwenke entsteht zudem noch ein aufgeweiteter Radaufstellstreifen. Neben den Markierungen auf der Fahrbahn erfolgt zudem eine Beschilderung der Fahrradstraße (30.000 Euro) an allen Knotenpunkten. Schon heute geben einige Baustellenbanner erste Hinweise auf das, was sich an neuen Regelungen dort in Zukunft ergibt, nämlicher absoluter Vorrang für die Radfahrer. Das bedeutet konkret, dass die ohnehin geltende Maximalgeschwindigkeit von Tempo 30 von bummelnden Radfahrern, die sich hier auch gerne bei einem Schwätzchen nebeneinander bewegen dürfen, noch einmal eingebremst werden kann. Nachfolgenden Autos müssen sich derweil hinten einreihen und dürfen die Zweiradfraktion keinesfalls von der Fahrbahn hupen oder gar drängeln. Überholt werden darf nur mit 1,5 bis 2 Metern Abstand, was in der Praxis an keiner Stelle möglich erscheint. Im Klartext: Motorisierte sind hier der tolerierte Gast, der sich unterzuordnen hat.
Erst müssen die Mittel her
Dabei stellt die Stadt in Aussicht, dass die Verkehrsplaner im Rahmen des Aktionsprogramms zum Flechten eines Hagener Radwegenetzes durchaus weitere Fahrradstraßen im Stadtgebiet mitdenken. Hier sind bereits Abschnitte in der Berg- (Mitte) sowie in der Weststraße (Vorhalle) im Radverkehrskonzept angedacht. Inwieweit diese Planungen tatsächlich vertieft und am Ende sogar umgesetzt werden, hängt wesentlich von den Etatgesprächen 2024/25 ab, die in diesem Herbst beginnen.