Hohenlimburg. Einst regierte der Adel über Ländereien von Hagen über Schwerte bis Iserlohn. Heute sind die Grenzen der Grafschaft Limburg längst verblasst:
Ihr Gebiet entsprach flächenmäßig in etwa der heutigen Stadt Kiel, sie zählte so viele Einwohner wie eine deutsche Kleinstadt – doch ihre Grenzen sind längst verblasst. Nur wenig erinnert heute noch an die Grafschaft Limburg, das sichtbarste Zeichen ist dabei sicher die ehemalige Residenz, das Schloss Hohenlimburg.
Neue Forschung
Dort ist der Geschichtsprofessor Harm Klueting aufgewachsen, als Sohn des damaligen Kurators des Schlossmuseums wohnte er einige Jahre in der Dienstwohnung gegenüber des Palais. Nun legt Harm Klueting ein neues Geschichtswerk vor, in dem er sich auf mehr als 120 Seiten wissenschaftlich mit der Geschichte der Grafschaft Limburg befasst, von ihren Anfängen im 13. bis zum Untergang im 19. Jahrhundert.
Die Grafschaft Limburg, für den gebürtigen Iserlohner nicht nur aufgrund seiner Biographie ein spannendes Thema. Schließlich erzähle die Geschichte der Grafschaft beispielhaft, wie Territorien im Mittelalter entstanden, Grafendynastien ihre Herrschaft aufbauten, sagt Klueting im Gespräch mit dieser Zeitung. „Gerade hier in Westfalen ist die Grafschaft Limburg ein sehr interessantes Forschungsobjekt für einen Historiker.“
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Viele kleine Grafschaften
Dabei war Limburg einst eine von zig kleinen Grafschaften und Fürstentümern, die sich wie ein Flickenteppich über Deutschland verteilten. Während etwa die Grafschaft Lippe heute ein Landkreis in Nordrhein-Westfalen, gar auf dem Landeswappen verewigt ist, sind die Grenzen von Limburg heute verschwunden und in Hagen, Schwerte und Iserlohn aufgegangen. Das Fürstentum Liechtenstein, kaum größer als einst Limburg, existiert heute noch als eigenständiger Staat.
„Ein Gebilde wie die Grafschaft Limburg konnte das nicht, sie war mittendrin im Getriebe des preußischen Großstaates, der sich nach der napoleonischen Zeit entfaltete, zur Großmacht aufstieg und durch Industrialisierung wirtschaftlich wichtig wurde.
Niedergang nach Napoleon
Nach dem Sieg über Napoleon wurde die Grafschaft Limburg der Großmacht Preußen zugesprochen. Die früheren Orte der Grafschaft – Limburg, Elsey, Berchum, Ergste, Hennen, Östrich und Letmathe – gingen 1817 in dem neu geschaffenen Landkreis Iserlohn auf. Die letzten Verwaltungs- und Regierungsrechte für die Grafschaft Limburg verlor das Fürstenhaus zu Bentheim-Tecklenburg schließlich im Jahr 1878.
Während das Ende der Grafschaft gut dokumentiert ist, sind die Anfänge vor mehr als 800 Jahren doch schwieriger zu datieren. Gemeinhin wird das Jahr 1230 als Geburtsjahr genannt. „Dieses Jahr ist unsicher, das ist eine Vermutung des Heimatforschers Hermann Esser.“
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In diesem Jahr könnten die ersten befestigten Palisaden auf dem Gelände der „Sieben Gräben“ entstanden sein, die Anfänge des späteren Schloss Hohenlimburg nebenan. Erstmals erwähnt wird die Burganlage in Limburg in einer Urkunde aus dem Jahr 1242. In den mittelalterlichen Quellen jener Zeit ist aber von einer nahen Siedlung Limburg, die später zur Stadt werden sollte, nicht die Rede.
Gründungsjahr umstritten
Das Jahr 1230 ist als Gründungsjahr ist spätestens seit den rauschenden Festen zum 700. und 750. Stadtjubiläum in Hohenlimburg verbreitet – und davon ausgehend soll in sieben Jahren auch die nächste große Party steigen. Der Förderverein „800 Jahre Hohenlimburg“ sammelt bereits Spenden, um 2030 ein großes Fest im Lennestädtchen zu ermöglichen. „Wenn man freundlich zu den Hohenlimburgern ist, kann man diese Hypothese so stehenlassen“, sagt Klueting zu dem angesetzten Gründungsjahr. Die Entstehung der Burg und der Siedlung Limburg in dasselbe Jahr zu setzen, ist für den Geschichtsprofessor allerdings zweifelhaft.
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Klueting selbst verließ Hohenlimburg bereits vor 55 Jahren und begann eine akademische Karriere. Er studierte eine Mischung aus Geschichte, Germanistik, Rechtswissenschaften, evangelischer und katholischer Theologie und Slavistik, machte seinen Doktor und habilitierte in Neuerer Geschichte an der Universität Köln. Lehraufträge führten ihn als Geschichtsprofessor unter anderem an Universitäten in Bonn und Göttingen, nach England und in die USA.
Eingemeindung 1975
Heute lebt und lehrt er in Köln und blickt aus der rheinischen Ferne auf das Schloss Hohenlimburg und den Ort, in dem er einst aufwuchs. Allzu sehnsüchtigen Blicken in die Vergangenheit, als Hohenlimburg noch eigenständige Stadt war, kann er wenig abgewinnen. „Neulich fuhr ich mit dem Taxi durch Hohenlimburg“, erzählt Klueting. „Der Fahrer sagte, hier sei nichts mehr los, das liege an der Eingemeindung. Ich glaube das nicht.“
In anderen Orten weiter Lenne aufwärts sehe es schließlich ähnlich aus. „Das sind Strukturprobleme dieser Wirtschaftsregion märkisches Sauerland, in den Tälern, die zu der Zeit der Eisenbahn wirtschaftlich enorm profitiert haben. Seit sich der Güterverkehr auf die Autobahn verlagert hat, sind sie im Nachteil.“ Statt romantisch in die Vergangenheit zu blicken, müsse man vielmehr die Realitäten von Wirtschaft und Gesellschaft heute sehen.
Forschungsbuch erhältlich
Das Forschungsbuch von Professor Klueting trägt den Titel „Die Grafschaft Limburg vom 13. bis zum 19. Jahrhundert – Ein Territorium des „dritten“ Westfalen im Alten Reich“ und ist erschienen im Aschendorff Verlag.
In der August-Ausgabe der Heimatblätter Hohenlimburg wird das Forschungsbuch von Harm Klueting vorgestellt.
Harm Klueting forscht schwerpunktmäßig im Bereich der Kirchengeschichte und frühen Neuzeit.