Hagen. Behinderte haben im Alltag viele Hürden. Eine Hagener Familie ist betroffen und berichtet von frustrierenden Erfahrungen im Umgang mit Ärzten.

Laut Gesetz ist jeder Mensch gleich zu behandeln: Das gilt aber offenbar nicht flächendeckend für den Gesundheitssektor. Vor allem, wenn man nicht „der Durchschnittspatient“ ist, hat man es oft schwer. Zeno und Carola Zaporowski aus Hagen haben drei Kinder, zwei davon haben eine Behinderung. Neben vielen anderen Barrieren im Alltag, so berichten die Zaporowskis, war in der Vergangenheit vor allem die Arztsuche eine schwierige Hürde, die die beiden Eltern erst im Laufe der Zeit ohne größere Probleme überwinden konnten.

„Die normale Arztpraxis will uns nicht haben“, sagt Zeno Zaporowski, seitdem ihre Kinder volljährig sind und deshalb nicht mehr den Kinderarzt besuchen dürfen, haben die Zaporowskis eine ganz schöne Odyssee hinter sich, bis sie feste Ansprechpartner für die gesundheitlichen Leiden ihrer Kinder gefunden haben. Das Ehepaar macht den Medizinern, bei denen sie abgelehnt wurden, aber keine allzu großen Vorwürfe.

Ärzte waren sehr ehrlich: Keine Zeit fürs behinderte Kind

Denn Carola Zaporowski ergänzt die Aussage ihres Mannes: „Die sind uns gegenüber mitunter sehr ehrlich gewesen, als sie eine Behandlung unserer Kinder abgelehnt haben, und sie haben gesagt, dass sie einfach keine Zeit für uns haben. Eine Behandlung mit einem behinderten Kind braucht vor allem Geduld und Zeit“. Patienten mit besonderen Bedürfnissen, so sagen die Hagener, kämen im Gesundheitssektor insgesamt zu kurz.

Von links: Assistenzärztin Dr. Verena Szczerba, Stationsleiterin Schwester Pelin und Dr. med. Jörg Stockmann, Chefarzt der Klinik für Inklusive Medizin am Ev. Krankenhaus Hagen-Haspe.
Von links: Assistenzärztin Dr. Verena Szczerba, Stationsleiterin Schwester Pelin und Dr. med. Jörg Stockmann, Chefarzt der Klinik für Inklusive Medizin am Ev. Krankenhaus Hagen-Haspe. © WP | Michael Kleinrensing

Hilfe bekommen sie nun regelmäßig auf der sogenannten Inklusiven Station des Evangelischen Krankenhauses in Haspe, wenn ihre Kinder behandelt werden müssen. Und das kommt bei Behinderten im Schnitt häufiger vor, weil mit vielen Behinderungen eben auch andere Krankheiten einhergehen. Zuletzt waren die Zaporowskis zum Beispiel wegen ihres Sohnes im Mops. Der Shunt, auf den er im Alltag angewiesen ist, saß quasi nicht richtig. Das bereitete ihm Schmerzen.

Carola Zaporowski hatte die richtige Intuition

Bei einem Besuch bei einem niedergelassenen Arzt wurde zunächst nichts erkannt. Doch Mutter Carola Zaporowski merkte, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmt. Das hat sie dem entsprechenden Arzt gesagt: „In solchen Fällen gibt es Ärzte, die dich für so eine Aussage belächeln, weil sie erstmal kein medizinisches Problem feststellen können und dann denken, dass man als Mutter übertreibt. Diesmal hatte ich diesen Eindruck. Als wir dann hierher (Inklusive Station im Mops, Anmerk. d. Red.) gekommen sind, wurde das Problem recht schnell erkannt“, sagt die dreifache Mutter.

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Und genau darin liegt die Stärke dieser Station, die nicht nur in Sachen Ausstattung, sondern auch in fachlicher Erfahrung punkten kann. Denn, so erklärt Chefarzt Dr. med. Jörg Stockmann, inklusive Medizin sei erstmal kein geschützter Begriff, sondern vielmehr eine Beschreibung dessen, was bisher bundesweit nur wenige Kliniken anbieten. „Im Medizinstudium wird man in der Regel nicht auf Patienten mit Behinderung vorbereitet“, sagt der Chefarzt.

Dr. Martin Kuthe, Leiter ambulante Medizinische Zentrum für die Behandlung erwachsener Menschen mit Behinderung (MZEB).
Dr. Martin Kuthe, Leiter ambulante Medizinische Zentrum für die Behandlung erwachsener Menschen mit Behinderung (MZEB). © WP | Michael Kleinrensing

Entsprechend anspruchsvoll kann für in diesem Bereich ungeschulte Mediziner sein, wenn sie den Umgang mit Behinderten nicht gewohnt sind: Das liegt im Kern erstmal daran, dass Patienten je nach Behinderung wenig bis gar nicht bei der Behandlung mitwirken können: „Ein Zahnarzt zum Beispiel sagt seinen Patienten: machen Sie bitte mal den Mund auf“, erläutert Stockmann. „Normale“ Patienten verstehen diese Bitte und können ihr ohne Probleme nachkommen. Viele Menschen mit Behinderung verstünden sie nicht unbedingt. Ihnen müsse ein Arzt bei der Behandlung anders begegnen und mehr Verständnis entgegenbringen.

Inklusion spielt in der Ausbildung von Ärzten und Pflegern kaum eine Rolle

Außerdem gehen mit Behinderungen meist andere Krankheitsbilder einher. Manche bekommen zum Beispiel schneller einen epileptischen Anfall, auch Knochenbrüche kämen bei Menschen mit Einschränkungen häufiger vor: „Man kann erahnen, wie anspruchsvoll eine Behandlung in diesem Fall sein kann“, sagt Dr. Stockmann.

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In den Ausbildungen von Pflegekräften und Medizinern, so findet man auf der Inklusiven Station, komme das Thema Behinderung bislang kaum vor

Die Inklusive Station im Evangelischen Krankenhaus in Haspe will ein sicherer Hafen sein für Menschen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen. Hier nimmt man sich die Zeit, die Menschen mit Einschränkungen brauchen. Auch, wenn es mehr ist. Das Personal, das unter anderem aus Ärzten, Pflegern, aber auch Therapeuten und anderen Fachkräften besteht, hat in der Regel schon Erfahrung im Umgang mit Behinderten.

Die Zaporowskis sind jedenfalls froh, dass es die Inklusive Station im Mops gibt: „Wir sind sehr glücklich darüber und fühlen uns hier gut aufgehoben und verstanden“, sagt Zeno Zaporowski.