Hagen. Sunhild Agel lässt ihren Job und Alltag zurück, um auf Weltreise zu gehen. Seit acht Monaten ist sie unterwegs. „Es war die beste Entscheidung“:
Manchmal muss man im Leben mutige Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die einen selbst glücklich machen. Glück kann dabei für jeden etwas anderes bedeuten. Für Sunhild Agel ist das größte Glück das Reisen, das Leben unterwegs, persönliche Freiheit. Das hört sich vielleicht erstmal esoterisch an, „aber es geht darum, neue Menschen, Kulturen und Länder kennenzulernen. Und nicht nur die guten Seiten, auch das Negative, das echte Leben dort. Das Reisen war und ist für mich bis heute die beste Lebensschule. Es hat meine Einstellung verändert“, sagt die 28-Jährige aus Hagen und lächelt im Hostel in ihr Handy. Videokonferenz zwischen Bali und Hagen, mit sechs Stunden Zeitverschiebung.
Seit acht Monaten ist sie mittlerweile alleine unterwegs – auf ihrer lang erträumten Weltreise. Auf der Arbeit hat sie sich dafür etwas mehr als ein Jahr unbezahlte „Auszeit“ genommen. Was sie allein bis jetzt in den acht Monaten erlebt hat, lässt sich kaum in diesen Zeilen zusammenfassen. So viel kann man vielleicht aber schon zu Beginn verraten: „Es war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Sunhild Agel.
Auszeit auf der Arbeit genommen
Sie ist gebürtige Hagenerin, ist hier aufgewachsen und zur Schule gegangen, hat am Fichte Abi gemacht und in Bochum International Business-Management studiert. „Im Rahmen des Studiums habe ich ein Auslandsjahr in Spanien verbracht – das war meine erste lange Auslandserfahrung, bei der ich ganz auf mich allein gestellt war.“ Dabei lag das Reisen schon immer irgendwie in der Familie, sagt die 28-Jährige und lacht: „Meine Eltern und Großeltern sind immer viel gereist. Keine Pauschalreisen – immer Abenteuerreisen“, sagt Sunhild Agel, die Halbspanierin ist und daher auch fließend Spanisch spricht. Die Reiselust wurde ihr also mehr oder weniger in die Wiege gelegt.
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Nach dem Studium arbeitete sie zunächst für einen großen Babyartikel-Onlineshop. „Ich mochte und mag meinen Job gerne. Aber die Weltreise schwebte schon lange bei mir im Hinterkopf herum. Ich habe jahrelang dazu Videos geschaut, Bücher gelesen und immer wieder Orte markiert, an die ich unbedingt reisen möchte“, blickt die Hagenerin zurück. Mit dem Auslaufen der Pandemie stand dann der Entschluss fest: „Es wird nie einen richtigen Zeitpunkt geben. Ich hatte schon über Jahre extra Geld gespart und habe dann Ende 2021 beschlossen, dass ich im Sommer aufbrechen möchte.“
Sie nimmt eine unbezahlte Auszeit auf der Arbeit – und fliegt am 4. August 2022 nach Mexiko. Alles, was sie für die nächsten 15 Monate braucht ist in einem 70 Liter Rucksack verpackt.
Von Vulkanen und Mittelohrentzündungen
„Für mich stand immer fest, dass ich von Mexiko aus südlich Zentral- & Südamerika bereisen möchte“, sagt Sunhild Agel. Ihre Reise beginnt in Cancun. 40 Tage lang bereist sie den Süden von Mexiko, ist im Dschungel unterwegs, sieht ein weiteres Weltwunder.
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„Mexiko ist ein wunderschönes und total vielfältiges Land mit toller Landschaft und Kultur“, sagt die 28-Jährige. Von Mexiko aus ging es dann nach Guatemala. „Dort habe ich mir einen Traum erfüllt und habe den Acatenango bestiegen“, erinnert sich Sunhild Agel. „Ich habe dort den aktiven Vulkan Fuego ausbrechen sehen.“
Rückblickend war es ein harter Trip – vielleicht sogar der bislang härteste ihrer schon achtmonatigen Reise: „Ich hatte mir einige Wochen vorher eine schwere Mittelohrentzündung zugezogen und lag total flach, hatte für anderthalb Monate quasi mein Gehör verloren“, erzählt die Hagenerin. Sie sei in Guatemala im Krankenhaus gewesen, zigmal beim Arzt in Nicaragua.
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„Da sieht man erstmal, wie gut die medizinischen Standards in Deutschland sind. Ich war immer noch angeschlagen, wollte mir aber diese Wanderung und das Vulkan-Erlebnis nicht nehmen lassen. Ich war aber dementsprechend nicht mit voller Kraft dabei“, sagt Sunhild Agel. Der Aufstieg bis zum ersten Zwischenstopp dauert sechs Stunden – samt Gepäck auf dem Rücken. Der finale Aufstieg ab drei Uhr morgens dauert dann noch einmal weitere zwei Stunden. „Es ist echt eine mentale Herausforderung, aber das liebe ich so am Reisen. Dazu gehören nun mal auch viele Hochs und Tiefs.“
17 Länder in acht Monaten
Allein auf ihrem achtmonatigen Trip hat sie bislang 17 Länder bereist (insgesamt müssten es mittlerweile 45 sein). Nach Panama ging es nach Kolumbien mit dem Speed-Boot, samt Karibik-Insel-Hopping. „Wir haben in freier Natur oder bei Einheimischen auf den Inseln übernachtet, das war eine tolle Erfahrung“, sagt die Hagenerin. In Peru wanderte sie vier Tage über den Salkantay-Trek nach Macchu Picchu, über weite Strecken auf 4300 Höhenmetern.
Wie gesagt, all diese Erlebnisse, Eindrücke, Wanderungen und Touren lassen sich kaum in diesen Zeilen zusammenfassen. Aktuell ist Sunhild Agel auf Bali, will noch die Komodo-Island-Tour machen und dann von Thailand aus drei Wochen gemeinsam mit ihrer Mutter reisen. Rückblickend sagt sie: „Alleine Reisen – davor sollte man immer Respekt haben, man darf nicht leichtsinnig werden. Aber um ehrlich zu sein, ist man fast nie ganz allein. In den Hostels lernt man viele Menschen kennen, reist und erlebt Dinge mit ihnen gemeinsam“, erzählt sie.
Die Inflation jedoch macht sich auch in anderen Ländern bemerkbar – alles ist deutlich teurer als erwartet. „Im Juli und August möchte ich daher noch für zwei Monate nach Australien, um dort zu arbeiten“, sagt Sunhild Agel. Sie nimmt die Leute auf Social Media über die gesamte Reise mit, zeigt die schönen und unschönen Seiten. „Aber ich habe es noch nie eine Sekunde bereut, dass ich in den Flieger gestiegen bin“, sagt sie heute.
Gegen Ende des Sommers geht es für Sunhild Agel nach Europa zurück, um dort die restlichen Sommerwochen in Spanien zu genießen, „im Anschluss möchte ich gern Menschen besuchen, die ich unterwegs kennengelernt habe – in Norwegen, Dänemark, den Niederlanden“.
Ende Oktober dann geht es für sie zurück ins normale Leben, und den Alltag. Aber es wird sicher nicht ihre letzte Reise gewesen sein. „Die Zeit vergeht so schnell, ich koste jeden Moment aus. Und ich kann nur jedem mitgeben: Wer einen Traum hat – macht es einfach.“
Weitere Eindrücke
Weitere fotografische Eindrücke von Sunhild Agels Reise gibt es auch auf Instagram (@sunhildfelicia):