Hagen. Er ist der Mann für alle Sorgen: Nijaz Kannenberg ist seit sieben Jahren Herbergsvater in Hagen - und könnte sich keinen besseren Job vorstellen:
Es ist ruhig, fast idyllisch im Foyer. Kein Mucks, kein Dreck. Wer genau hinhört, kann sogar die Vögel draußen zwitschern hören, weil die Tür zum großen Außenbereich offensteht. Nijaz Kannenberg (48) sitzt draußen in der Sonne an der Feuerstelle. Er weiß, dass das auch ganz anders sein kann. Im Hochbetrieb ist es laut, wuselig, auch mal dreckig und chaotisch.
„Man darf sich für nichts zu schade sein, man muss morgens auch mal schnell raus und die klebrigen Ketchup-Reste vom Tisch wischen“, sagt er. Er ist Ansprechpartner für alle Sorgen hier in der Jugendherberge am Remberg. „Der Job bedeutet viel Organisation. Ich habe früher schon viele Jahre in der Hotellerie gearbeitet und würde nie mehr zurück wollen – die Gemeinschaft, die man hier erlebt, ist einfach etwas Besonderes.“
Ein vielfältiger Job
Damals nahm er ohne große Erwartungen den Job als Herbergsvater an – und ging nicht wieder. Das war vor mittlerweile sieben Jahren; und vermutlich kann man ruhigen Gewissens behaupten, dass er jede noch so versteckte Ecke des Geländes hier kennt.
Der Job ist vielfältiger, als man meinen würde. Es gibt zwar ein Büro, „aber 90 Prozent der Zeit bin ich irgendwo im Haus unterwegs oder an der Rezeption“, sagt Nijaz Kannenberg und lacht. Er und das Team, das übrigens aus 19 Mitarbeitern besteht, überlegen sich Programme für die Besucher, organisieren die Zimmerverteilung, „einer muss die Fäden ziehen. Bevor die Leute tatsächlich hier stehen, gibt es oft viele Telefonate und Mailverkehr. Von den Schulen kriegen wir dann beispielsweise auch Listen mit Unverträglichkeiten zugeschickt, so müssen wir jeden Tag die Küche neu planen“, erklärt der 48-Jährige.
Die Küche, schwärmt er, sei ähnlich gut wie in vielen Hotels. „Wir haben einen super Koch und werden immer für das Essen gelobt.“ Dabei gebe es mittlerweile viel strengere Vorgaben, gerade für den gastronomischen Bereich. „Wir müssen von jedem Essen Rückstellproben nehmen und zwei Wochen einfrieren, um beispielsweise bei Magen-Problemen oder plötzlichen Erkrankungen im Fall der Fälle die Proben ans Gesundheitsamt geben zu können.“
Nur ein Drittel der Gäste sind Schulklassen
Was man auch nicht vermuten würde: Nur etwa ein Drittel der Gäste sind tatsächlich Schulklassen. „Es kommen auch Vereine, Gruppen und viele Radfahrer – durch die gute Lage am Ruhrtalradweg – zu uns“, sagt der Herbergsleiter. Jetzt gerade ist Hauptsaison. „Wenn Schulen für dieses Jahr noch etwas bekommen möchten, wird es schwierig“, blickt der Hemeraner auf die mittlerweile wieder gute Auslastung der insgesamt 123 Betten in der Jugendherberge.
Die Coronazeit sei schwierig gewesen, räumt er ein. „Aber wir haben es ganz gut durchgestanden. Zeitweise haben hier bei uns Soldaten gelebt, die das Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung unterstützt haben. Und letztes Jahr dann sind 60 ukrainische Flüchtlinge samt Haustieren hier eingezogen“, erinnert er sich. Er zeigt auf eine kleine Leinwand im Foyer – ein Abschiedsgeschenk der Menschen, die hier Zuflucht gefunden haben, während in ihrer Heimat der Krieg tobte. Auf der Leinwand zu sehen sind zwei gemalte Herzen, mit ukrainischer und deutscher Flagge, und die Jugendherberge. „Sowas vergisst man nicht – das sind besondere Momente, eine emotionale Zeit, teilweise haben wir bis heute Kontakt.“
Ja, es ist die Gemeinschaft, die Nijaz Kannenberg hier vor allem schätzt – das laute, chaotische, freudige Umherturnen der aufgeregten Kinder, die Gespräche mit Familien, Vereinen und Radfahrern, die hier Rast einlegen oder Workshops gebucht haben. Es sind auch die gemeinsamen Stunden an der Feuerstelle oder im riesigen Außenbereich der Herberge. Und manchmal sind es die ruhigen Momente im Foyer, wenn die Gäste ausgeflogen sind, um Hagen zu erkunden und man die Vögel zwitschern hört. „Ich würde nie mehr zurück ins Hotel“, sagt Nijaz Kannenberg. „Ich liebe den Job hier.“