Haspe. Erst mit 27 startet Ben Radlinger in Hagen seine Ausbildung zum Erzieher. Im Job kann man Positives bewirken – und er wird oft unterschätzt.

„Für mich ist das Schöne am Job das Unmittelbare“, sagt Ben Radlinger. Das klingt erst mal abstrakt. Wenn man dem 34-Jährigen aber länger zuhört, dann wird schnell klar, was er meint. Er ist Erzieher in der städtischen Kita Bebelstraße. Einer der wenigen männlichen Erzieher in Hagen.

Praxisintegrierte Ausbildung

Schon vor einigen Jahren ist in Hagen das Pilotprojekt ,PIA’ gestartet – das bedeutet: praxisintegrierte Ausbildung, erklärt Katrin Siefert (Tagesbetreuung für Kinder im Fachbereich Jugend und Soziales). Statt der zweijährigen schulischen Ausbildung mit einem anschließenden Anerkennungsjahr in einer Einrichtung (auch diese Option haben Auszubildende aber nach wie vor) wird im Rahmen der PIA-Ausbildung der Auszubildende/die Auszubildende bereits von Beginn an in die Arbeit in den Kitas eingebunden: „Tageweise arbeiten die Auszubildenden dann in den Betrieben mit, an den anderen Tagen haben sie Schule“, erklärt Katrin Siefert. Bei diesem Modell wird die Ausbildung ab Beginn an vergütet. Die Stadt bezahlt nach Tarif (TVöD-SuE).

Als eine der ersten Berufsschulen in NRW bietet das Käthe-Kollwitz-Kolleg in Kooperation mit der Stadt auch den Ausbildungsgang Sozialmanagementan. Die neue Bildungsmaßnahme richtet sich an Erzieher/Erzieherinnen, die sich für Führungsaufgaben qualifizieren möchten. Nicht mehr pädagogische Aspekte stehen dabei im Vordergrund, sondern vor allem betriebswirtschaftliche Aufgaben wie Controlling, Rechnungswesen, Personalführung oder Organisation. Der berufsbegleitende Lehrgang ist auf anderthalb Jahre angelegt.

„Der Job wird total unterschätzt – er besteht nicht nur aus Spielen und Kaffeetrinken, es gehört viel mehr dazu“, sagt Ben Radlinger. Auch jetzt, während er im Gespräch mit der Reporterin ist, kriegt er im Hintergrund wachsam alles mit. „Würde sich jetzt ein Kind verletzen, wäre ich sofort zur Stelle“, sagt der junge Mann, der sich selbst als „Spätberufen“ bezeichnet. „Ich war zwar immer schon im sozialen Bereich engagiert, aber ursprünglich habe ich Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaften studiert“, sagt Ben Radlinger.

Erst mit 27 habe er gemerkt, dass ihm der soziale Bereich einfach besser liege – und vor allem: mehr Spaß macht. Also bewarb er sich für eine dreijährige Ausbildung (siehe Beitext) zum Erzieher. Zwei Jahre Schule, ein Anerkennungsjahr, „das ich in einer Kita in Altenhagen absolviert habe“, sagt der 34-Jährige. „Dabei werden alle Bildungsbereiche abgedeckt. Denn wir haben allem voran ja einen Bildungsauftrag.“

Spiel und Spaß gehört natürlich auch dazu – aber Erzieher müssen viel mehr leisten als das. Sie haben allen voran auch einen Bildungsauftrag, der im KIBIZ verankert ist.
Spiel und Spaß gehört natürlich auch dazu – aber Erzieher müssen viel mehr leisten als das. Sie haben allen voran auch einen Bildungsauftrag, der im KIBIZ verankert ist. © Kleinrensing

Abwechslungsreicher Alltag

Im Alltag bedeutet das eben mehr als nur Spielen und Kaffeetrinken. Es bedeutet, die Kinder da abzuholen wo sie stehen. Es bedeutet Entwicklungsgespräche mit Eltern und Kindern, die individuelle Förderung der Sozialkompetenz und Vorbereitung auf die Schule, es bedeutet viel zu sprechen und zuzuhören – aber auch spielerisches Lernen im Rahmen von Projekten. Und zu jeder Zeit kriegt man dabei unmittelbare Rückmeldungen und Reaktionen. „Wir bilden und begleiten die Kinder über mehrere Jahre. Sie lernen hier streiten und leben, vor allem lernen sie viel voneinander. Wir geben als Erzieher die notwendigen Impulse dazu“, sagt Ben Radlinger.

Die Kita Bebelstraße in Haspe ist eine Außenstelle der Kita in der Stephanstraße. Hier werden 20 Kinder im Alter von 2 bis 6 betreut. 
Die Kita Bebelstraße in Haspe ist eine Außenstelle der Kita in der Stephanstraße. Hier werden 20 Kinder im Alter von 2 bis 6 betreut.  © Michael Kleinrensing

Dabei kann es auch trubelig werden und laut. Kinder sind manchmal trotzig, weinen oder schreien – das gehört dazu, ebenso wie die ruhigen Momente. „Es ist eine Art von Belastung, die man am Anfang nicht kennt. Aber genau das liebe ich. Ich bin gerne von Menschen umgeben. Man lernt irgendwann, seine Aufmerksamkeit zu sortieren.“

+++ Lesen Sie auch: Zum Durchklicken – was Vierjährige in Hagen können müssen +++

Vor allem aber könne man einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der kleinen Menschen nehmen, ein Vorbild für sie sein. „Die Frage nach dem Sinn meiner Aufgabe habe ich mir also noch nie gestellt. Ich bin überzeugt, dass wir hier wirklich etwas Positives bewirken können“, sagt der Hagener, der erzählt, dass Kinder mit unterschiedlichsten sozialen Hintergründen die Kita hier in Haspe besuchen, die eine Außenstelle der Kita in der Stephanstraße ist. Auch das ist Teil seiner Arbeit.

Viel positives Feedback

Bei dieser Arbeit, die er und viele andere Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen in der Stadt leisten, gibt es nicht den „klassischen“ Arbeitstag, der sich immer aufs Neue wiederholt. „Es gibt natürlich feste Rituale. Aber wir gestalten das Programm mit den Kindern jeden Tag selbst“, gibt der Erzieher Einblicke. Abhängig von den Jahreszeiten wird gemeinsam auch viel Zeit draußen im riesigen Außenbereich verbracht, gebastelt, gespielt, gemeinsam gegessen, Projekte durchgeführt. „Die Kinder haben dabei immer die Möglichkeit, sich für einen Moment rauszuziehen, wenn ihnen eine Situation zu viel wird“, erklärt der junge Mann, der verheiratet ist und selbst zwei Kinder hat. „Kinderfrei habe ich also höchstens wenn ich schlafe“, sagt er und lacht.

Ben Radlinger hat erst im Alter von 27 Jahren seine Erzieher-Ausbildung begonnen. Heute ist er froh, sich so entschieden zu haben.
Ben Radlinger hat erst im Alter von 27 Jahren seine Erzieher-Ausbildung begonnen. Heute ist er froh, sich so entschieden zu haben. © Michael Kleinrensing

Belächelt werde er für seinen Beruf übrigens nie. „Eher das Gegenteil. Man kriegt viel Positives, manchmal auch ungläubiges Feedback. Das einzige Gerücht, das sicht hartnäckig hält, ist, dass man als Erzieher nichts verdienen kann. Das stimmt einfach nicht“, sagt Ben Radlinger. Er wird normal nach Tarif bezahlt (TVöD-SuE), hat dabei immer die Möglichkeit, sich weiterzubilden und beispielsweise um eine Leitungsposition zu bewerben. Die ersten Kinder werden abgeholt, hier in der Bebelstraße. Ben Radlinger ist mittlerweile seit 2019 hier Erzieher. Wichtig ist ihm: „Die Kinder sollen hier Kinder sein dürfen und dabei etwas Positives mitnehmen. Sie sollen gerne jeden Tag herkommen.“ So wie er selbst.

Der Unternehmenspass für dieKinderbetreuungsabteilung der Stadt Hagen in Stichworten:

Mitarbeiter: 450

Standorte: 31

Branche: Öffentlicher Dienst

Tarif: Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und für den Sozial – und Erziehungsdienst (TVöD SuE)

Arbeitszeit: in Vollzeit 39 Std./pro Woche oder in Teilzeit

Arbeitsplatz: in den städtischen Kindertageseinrichtungen

Benefits: 30 Tage Jahresurlaub; laut S und E - Tarif zwei Regenerationstage & eine Zulagenzahlung (130 € brutto); Freistellung unter Entgeltfortzahlung am 24.12. und 31.12.; Jahressonderzahlungen; Betriebliche Altersvorsorge; Firmenfeste, Jahressonderzahlungen; Gemeinsames Grillen; Flexible Arbeitszeiten (in einigen Bereichen veranstaltungsabhängig); Flache Hierarchien; Mitarbeiterparkplätze; Aushilfen haben freie Auswahl der Dienste; Blacky (Büro-Hund)

Weiterbildungen: Berufsbezogene Fortbildungen werden seitens der Fachabteilung gewünscht und gefördert. Ggf. Aufstiegsmöglichkeiten bis hin zur Kitaleitung; eine Vielzahl von Kitas sind zertifizierte Familienzentren

Wir suchen: Erzieherinnen und Erzieher

Adresse: Stadt Hagen, Rathausstraße 11, 58095 Hagen, www.hagen.de