Hagen. Die Vorbereitungen zum Hagenbuch 2024 laufen auf Hochtouren. Von Open-Air-Mode-Events, Warenhaus-Gastrobetrieben und Zukunftsvisionen für Hagen.

Was müssen das für herrliche Zeiten gewesen sein, als der Volkspark eine absolut angesagte Veranstaltungsstätte für Open-Air-Modenschauen war und Hunderte von Hagenern zur Konzertmuschel pilgerten, um die regelrechten Happenings nicht zu verpassen. „In den 1960er und 70er-Jahren war in Hagen modemäßig richtig was los“, sagt Petra Holtmann mit Begeisterung in der Stimme. Die Historikerin widmet sich mit Leidenschaft den Themen Mode, Modemachern und Lifestyle aus vergangenen Jahrzehnten und hat aus diesem Grund im vergangenen Jahr auch die Ausstellung „Hanns Friedrichs - ich mache keine Mode, ich ziehe Frauen an“ im Emil-Schumacher-Museum kuratiert.

Erfolgreiche Hafri-Werkschau

Der Erfolg der „Hafri“-Werkschau im Kunstquartier (etliche Besucher, die sonst kaum ein Kunstmuseum aufsuchen, kamen, um die ungewöhnliche Mode-Ausstellung zu sehen) hat die Verlegerin veranlasst, sich des Themas „Modestadt Hagen – die goldenen 1960er und 70er Jahre“ noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu widmen.

Die Modenschauen im Volkspark waren früher beliebte Events.
Die Modenschauen im Volkspark waren früher beliebte Events. © Archiv Ardenku-Verlag

Für das Hagenbuch 2024 schreibt die Historikerin nun einen Beitrag, in dem sie sich die schillernden Mode-Jahrzehnte noch einmal vorknöpft. „Es waren die Hoch-Zeiten der Mode in Hagen“, weiß Petra Holtmann aus etlichen Gesprächen mit Zeitzeugen und anhand alter Schwarz-Weiß-Fotos, die sie gesammelt hat.

„1969 eröffnete der römische Couturier Emilio Schuberth persönlich eine Boutique für seine Kollektion im Kaufhof und ließ dazu seine Kleider, die zwischen 138 und 698 DM kosteten – für die damalige Zeit eine Wahnsinns-Summe – von seinem Starmodel Maria präsentieren“, erzählt die Historikerin und fährt fort: „Auch das Warenhaus Quelle veranstaltete seinerzeit in seinem Restaurant eine dreitätige Modenschau mit zahlreichen Kleidern ihres Modeberaters Heinz Oestergard.“

1965 veranstaltete das Wäschegeschäft Lili Stenzhorn im Ratskeller eine Modenschau. Das Model im Bild steht vor einem Relief des Bildhauers Horst Geldmacher.
1965 veranstaltete das Wäschegeschäft Lili Stenzhorn im Ratskeller eine Modenschau. Das Model im Bild steht vor einem Relief des Bildhauers Horst Geldmacher. © Archiv Ardenku-Verlag

Das größte Event habe allerdings in und vor der Konzertmuschel stattgefunden: „Im Volkspark fand seit Mitte der 1950er Jahre jährlich eine Freilichtmodenschau statt, auf die 200, in der ganzen Stadt platzierten Plakate, hinwiesen. 150 Kleider wurden von zehn Mannequins präsentiert. Der Andrang damals war riesig, die Schau war stets ein wahrer Publikumsmagnet.“

Mode-Happening im Theater

Und im September 1969 sei das Hagener Theater der Ort des ersten deutschen Mode-Happenings in 19 Bildern gewesen, welches ebenfalls vom Kaufhof veranstaltet worden sei. Zu sehen waren damals Kreationen im Barbarella-Look à la Jane Fonda.

„Das Modefachgeschäft Mielech, mittlerweile Sören, zeigte im Ratskeller vor ausverkauftem Publikum seine Strickmodenschau mit 135 Bekleidungsstücken. Und auch das Kaufhaus Lampe präsentierte seine internationale Kollektion im rappelvollen Parkhaus“, weiß die Verlegerin, die noch etliche Mode-Schmankerl von damals auf Lager hat und diese in ihren Beitrag für das Hagenbuch 2024 einfließen lassen wird.

30 Autoren beteiligt

Apropos Hagenbuch: Das einmal im Jahr erscheinende Buch, das vom Hagener Heimatbund herausgegeben wird und mit etlichen Fotos gespickt ist, greift Impulse zur Stadt, Heimat- und Kunstgeschichte auf. An die 30 heimischen Autoren liefern Beiträge, die im Buch abgedruckt werden. Redaktionsschluss ist stets vor den Sommerferien, die Präsentation des 300-seitigen Buches erfolgt jeweils im November/Dezember.

Auf welche Beiträge, die allesamt noch in Arbeit sind, sich interessierte Leser außerdem freuen können? Zum Beispiel auf einen Artikel von Autor Uli Weishaupt, der an den Besuch eines berühmten Schauspielers erinnert: Der Titel der Geschichte steht auch schon fest: „Als Jerry Cotton nach Hagen kam“.

Riesen-Event im Kino Bali

„Anlass des Besuchs von George Nader, der den Jerry Cotton spielte, war die Premiere des ersten Jerry-Cotton-Films ,Schüsse aus dem Geigenkasten’ am 12. Mai 1965 im Bahnhofskino Bali“, berichtet Uli Weishaupt. „Der Besuch war damals ein Riesen-Event, das Bali war brechend voll mit jungen Leuten. George Nader war damals auch noch zu Gast im Polizeipräsidium an der Prentzelstraße, um dort scherzeshalber seine Fingerabdrücke zu hinterlassen“, so der Hagenbuch-Autor.

Er und sein Bekannter Werner Baumann, ebenfalls leidenschaftlicher Cineast, sind nun auf der Suche nach Zeitzeugen, die noch Interessantes von der Premiere im Kino Bali, vom Massenauflauf in der Bahnhofshalle oder von der Stippvisite im Polizeipräsidium beisteuern können.

George Nader, Darsteller des Jerry Cotton im Film „Schüsse aus dem Geigenkasten“ (im Foto mittig zu sehen), besuchte am 12. Mai 1965 nicht nur das Kino Bali, sondern auch das Hagener Polizeipräsidium.
George Nader, Darsteller des Jerry Cotton im Film „Schüsse aus dem Geigenkasten“ (im Foto mittig zu sehen), besuchte am 12. Mai 1965 nicht nur das Kino Bali, sondern auch das Hagener Polizeipräsidium. © Privat | Sammlung Uli Weishaupt

Stamm-Autor Hubert Köhler beleuchtet ein nicht weniger spannendes Thema – ihm geht es um Warenhaus-Restaurants. „Wenn man recherchiert, in welchem Geschäft früher ein Gastrobetrieb integriert war, stößt man auf etliche“, versichert Köhler und gibt Beispiele: „Bei Horten gab es im Obergeschoss ein Restaurant und im Souterrain zumindest für eine kurze Zeit eine kleine Brasserie. Kaufhof und Kaufhalle verfügten über Restaurants, ebenso Quelle, wo es ein Restaurant sowie einen Supermarkt gab.“

Restaurants in Kaufhäusern waren günstig und beliebt

Außerdem beheimateten Sinn und Kornblum (später B&U) gastronomische Betriebe, genau wie Hill (später P&C), wo Restaurant und Supermarkt gleichermaßen ansässig waren. „Und das Restaurant im Kaufhaus Bilka hatte den Ruf, dass es dort besonders günstig war“, fügt Hubert Köhler an und bittet frühere Mitarbeiter der Geschäfte sowie Kunden und Besucher der Restaurants um amüsante Anekdoten, die er in seinen Beitrag einfließen lassen möchte.

Christian Bönisch wird für das neue Buch ein Kurzporträt des Polsterers Gerhard Reckers – er wird im April 85 Jahre alt und findet keinen Nachfolger – liefern, und Friedrich-Wilhelm Geiersbach schreibt über die alte Schreinerei Biermann in der Tillmannsstraße in Haspe.

Zeitzeugen gesucht

Das Hagenbuch 2024 (die Auflage liegt bei 3000 Exemplaren) wird vermutlich 15 Euro kosten und im Dezember in der Buchhandlung Thalia vorgestellt werden.

Zeitzeugen, die Anekdotenzum Besuch des Jerry-Cotton-Darstellers George Nader beisteuern können, möchten sich bitte bei Werner Baumann, Tel. 02331/880309, melden.

Jene, die Interessantes zu den früher zahlreichen Restaurants in Hagener Geschäften zu erzählen haben, können sich per Email (dr.hubertkoehler@web.de) an den Autor Hubert Köhler wenden.

„Etwa ein Drittel alle Beiträge, so unser Anspruch, soll allerdings nicht die Vergangenheit beleuchten, sondern die Zukunft ins Visier nehmen“, erinnert Michael Eckhoff als Vorsitzender des Heimatbundes. „Erst Recht dieses Mal, wo das Thema des Hagenbuchs 2024 ,Hagen-Zukunft’ heißt“, unterstreicht Eckhoff.

Auch Zukunftsthemen im Visier

Welche Beiträge als Zukunftsthemen ausgeflaggt sind? Zum Beispiel ein Artikel, den Astrid Nonn, Sprecherin des Ev. Krankenhauses Haspe (Mops), zur Zukunft der Krankenhauslandschaft in Hagen verfassen wird. Daniel Kraus, Geschäftsführer des Reiseveranstalters Wikinger mit Sitz in Haspe, verfasst einen Beitrag über nachhaltiges Reisen.

Autorin Claudia Eckhoff vom Arbeitskreis Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) berichtet über die Ziele, die der Arbeitskreis verfolgt und geht der Frage nach, was unser aller Konsum mit der Entwicklung der restlichen Welt zu tun hat. Und Clemens Weiss – der Künstler und Gestalter lebt einen Teil des Jahres in New York und einige Monate an der Volme – stellt die Vision seiner „Green Bridge“ in den Mittelpunkt seines Zukunfts-Beitrags.