Hagen. In wenigen Jahren soll der Anspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag der Grundschulen gesetzlich verbrieft sein. Ein großes Problem für Hagen.
Die Bereitstellung von Plätzen im Offenen Ganztag (OGS) der Grundschulen gehört nach wie vor zu den größten Problemen im Bildungsbereich der Stadt Hagen. Nach der aktuellen Statistik befinden sich derzeit 444 Kinder auf der Warteliste – Kinder, deren Eltern bislang vergeblich auf einen Betreuungsplatz Schlange stehen. „Der Fachkräftemangel in Hagen ist auch darauf zurückzuführen, dass Eltern nicht ganztätig arbeiten können“, legt Claus Rudel, SPD-Fraktionschef im Hagener Rat, den Finger in die Wunde.
An den 28 Hagener Grundschulen werden laut Auskunft der Stadtverwaltung zurzeit 7425 Schüler unterrichtet. Für diese stehen derzeit rund 3200 OGS-Plätze zur Verfügung. Dies entspricht einer Quote von 43,1 Prozent. Im Schuljahr 2023/24 sollen weitere 350 OGS-Plätze hinzukommen.
Allerdings stellt sich die Situation von Schule zu Schule unterschiedlich dar. An der Mehrzahl der Grundschulen in Hagen gibt es mehr Interessenten als Plätze, an einigen wenigen Lehranstalten übersteigt das Angebot jedoch die Nachfrage.
Ab 2026 Rechtsanspruch auf OGS-Platz
Ab 2026 gilt in Deutschland ein rechtsverbindlicher Anspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag – zunächst nur für Erstklässler, doch in den folgenden Jahren nach und nach auch für die anderen Grundschuljahrgänge, damit ab August 2029 jedes Grundschulkind einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat.
In Hamburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen, in denen es bereits einen Rechtsanspruch gibt, liege die Inanspruchnahme bei ca. 85 Prozent, so die Hagener Stadtverwaltung. Übertrage man diese Quote auf Hagen, würden aktuell rund 3120 OGS-Plätze fehlen.
Schuldezernentin Martina Soddemann wies darauf hin, dass in Nordrhein-Westfalen trotz einer vor kurzem abgeschlossenen Bund-Länder-Vereinbarung weiterhin ein entsprechendes Ausführungsgesetz fehle, so dass den Kommunen die Planungsgrundlagen fehlen: „Damit rechnen wir erst Mitte 2024.“
Auch die Kostenfrage stehe noch aus. Deshalb sei derzeit keine verlässliche Planung möglich, vielmehr gefährdeten die fehlenden Rahmenbedingungen die rechtzeitige Umsetzung des Rechtsanspruchs auch in Hagen.
Stadt Hagen treibt Ausbau des Rhythmisierten Ganztags voran
Unabhängig davon ist der Fortschritt beim Ausbau der OGS-Kapazitäten in Hagen nicht ausreichend, um die 85-Prozent-Quote anderer Bundesländer erfüllen zu können. Die Stadt treibt bevorzugt den Ausbau des Rhythmisierten Offenen Ganztags voran, ein Modell, bei dem Unterricht und Betreuung stark miteinander verzahnt sind und das faktisch einer verpflichtenden Ganztagsschule nahekommt.
Die Klassenräume werden nicht nur für den Unterricht, sondern ebenso für die OGS-Betreuung genutzt. Es müssen daher keine eigenen Räume für den Ganztag geschaffen werden.
Die rhythmisierte Schule versteht sich als Lebensraum und bietet den Kindern in einem pädagogisch durchdachten Tagesablauf einen steten Wechsel – also eine Rhythmisierung – von schulischem und sozialem Lernen. Die in der Innenstadt gelegene Goldbergschule war eine der ersten Grundschulen, an denen der Rhythmisierte Ganztag als Pilotprojekt eingeführt wurde: „Wir können die Kinder nicht nur besser fördern, sondern endlich unser OGS-Angebot ausweiten“, bilanzierte seinerzeit Rektorin Friederike Knoblauch.
Eltern haben weiterhin die Wahl
Da die bisher gemachten Erfahrungen mit dem rhythmisierten OGS in Hagen positiv sind, steigt die Bereitschaft in anderen Schulen, dieses Modell, das das Platzproblem abmildert, zu übernehmen. Inzwischen wird der Rhythmisierte Ganztag an 15 Grundschulen in Hagen praktiziert. Allerdings gibt es an jeder Schule weiterhin das herkömmliche Modell von Unterricht (morgens) und OGS-Betreuung (nachmittags), so dass Familien die Wahl haben.
Sorge bereitet den Verantwortlichen in Hagen die Personalakquise. Die Stadtverwaltung befürchtet sogar, dass der Fachkräftemangel noch zunehmen wird und den OGS-Ausbau beschränken könnte.