Breckerfeld. Breckerfeld hat viele Wanderwege. Einige gellten als vergessen. Chantal Stephan wagt mit Hund Bobby den Selbstversuch. Was sie erlebt.

Ich sitze auf dieser Bank, will die Eindrücke wirken lassen. Bobby hatte sich seine Salami verdient. Ich genieße die Sonne, die mich wärmt. Ich schließe die Augen, will am liebsten nicht mehr Weg von diesem Ort. Einem Ort in Breckerfeld.

Der Hund spitzt die Ohren. Jemand läuft direkt vor mir über den Kieselweg. Ich höre die Steine unter den Schuhen. Pärchen unterhalten sich, lachen. Es riecht ein bisschen nach Pferd, obwohl ich vorher kein einziges gesehen habe. Aber das stört mich nicht. Ich war bereits als kleines Kind reiten und habe mit dem Geruch immer nur Positives verbunden. Ich lasse die Blicke schweifen. Der Stress und die Gefühle, die mich vorher aus der Ruhe gebracht haben, sind bei dieser Aussicht direkt verschwunden.

Rasten gehört zum Wandern

Ich sitze, dabei soll ich wandern. Das ist der Auftrag aus der Redaktion. Aber gehört das Rasten nicht dazu? Das Genießen eines besonderen Moments? Weiter geht der Selbstversuch. Ein Selbstversuch, nicht auf einem beliebigen Wanderweg. Sondern auf einem „vergessenen Wanderweg“. Vergessen, weil diese Strecken seit Jahren nicht mehr gepflegt oder gewartet werden. Auch diese besonderen Wege finden sich in Breckerfeld.

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Oder nicht? Zumindest der Anfang war schwer. Als man mir gesagt hatte, dass ich einen „vergessenen Wanderweg“ in Breckerfeld bewandern sollte – nur mit der App „Komoot“, die extra für das Wandern und Radfahren konzipiert wurde und mit den mehr oder weniger aufgestellten Wegweisern – hatte ich gleich diese Panik. Mein erster Gedanke: Ich werde mich definitiv verlaufen.

Hier treffen zwei Arten von Wege aufeinander – ähnlich wie meine Gefühlslage an diesem Tag: von verzweifelt zur glücklichsten Person.
Hier treffen zwei Arten von Wege aufeinander – ähnlich wie meine Gefühlslage an diesem Tag: von verzweifelt zur glücklichsten Person. © Chantal Stephan | Chantal Stephan

Nachdem der erste Schock verdaut war, bin ich nach Hause gefahren, habe mich umgezogen und meinen Hund an die Leine genommen – Bobby, mein Mischlingshund (13 Jahre alt). Ich habe die Gelegenheit genutzt, die Zeit mit ihm zu verbringen. Er hat sich gefreut, auch wenn wir da noch nicht wussten, was auf uns zukommen wird.

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Busbahnhof, Ostring. Hier soll das Abenteuer beginnen: Mit meinem Handy in der linken und der Hundeleine in der rechten Hand geht es durch die Stadt in Breckerfeld. Das Problem: nirgendwo Kennzeichnungen eines Wanderwegs. Ich muss falsch abgebogen sein. Bobby, der noch nie ein Stadthund war, hasst mich in diesem Moment. Ich sehe es an seinem Blick.

Also überkommt mich das schlechte Gewissen, weil ich Bobby aufgrund seines hohen Alters noch auf seine erste Stadt-Wanderung geschickt habe. Nach gut 30 Minuten war ich nur noch verzweifelt. Ich laufe und drehe mich im Kreis, kann Gassen von Wegen in Hinterhöfe kaum unterscheiden. Letzte Rettung: Der Anruf bei meiner Kollegin Laura Handke in der Redaktion.

Wanderkurs mit Hund. Mein Mischlingshund Bobby war zum Ende hin doch relativ begeistert, aber nur weil er Felder und Wiesen vor seiner Nase hatte.
Wanderkurs mit Hund. Mein Mischlingshund Bobby war zum Ende hin doch relativ begeistert, aber nur weil er Felder und Wiesen vor seiner Nase hatte. © Chantal Stephan | Chantal Stephan

Wiedergutmachung

Neuer Anlauf: Diesmal direkt hinaus in die Natur. Mit dem Auto zur „Sylbach“, parken, los. Felder und Wiesen weit und breit, links und rechts kleine Wohnsiedlungen. Trotzdem relativ ruhig und eine idyllische Landschaft. Um zu den Feldern zu gelangen, müssen Bobby und ich durch eine kleine Wohnsiedlung. Es scheint aber so, als habe er die Freiheit und die Felder bereits gerochen.

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Bobby wird immer schneller und wackelt vor Freude mit seinem Schwanz. Links rum, rechts rum, geradeaus und siehe da: ein Schild, das den Wanderweg kennzeichnet. Ein erster Erfolg.

Die letzten Schneebrocken auf der Wiese

Meinem Hund ist das sichtlich egal, er hat sich auf die Wiesen gefreut und mich ein bisschen weniger gehasst.

An den Seiten des Fußweges liegen noch vereinzelt Schneebrocken verteilt, deren letzte Stunde geschlagen hat. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, die Luft riecht nach Freiheit – so rein. Ich bin das erste Mal dankbar, dass man mir diese Aufgabe aufgetragen hat.

4,2 Kilometer von Breckerfeld bis Breckerfeld

Auf dem Weg kommen mir einige Menschen entgegen. 4,2 Kilometer lang. Die Strecke beginnt in Breckerfeld, verläuft über Brehloh und Sylbach und endet dann – im besten Fall – wieder in Breckerfeld.

Die Gehwege sind gut erkennbar – also doch nicht ganz so vergessen, dieser Wanderweg. Es ist ruhig, trotz der nahen Wohnsiedlung. Die Wege sind frei, abwechselnd asphaltiert, mit Matsche oder kleinen Kieselsteinchen.

Hund schlummert glücklich

Links befindet sich die „Sylbacher Bäckerei“. Ein uriges Haus mit einer Verkaufshütte – leider nur samstags geöffnet.

Ich mache einige Fotos von der Landschaft. Nicht nur für die Redaktion, auch für mich. Ich will unbedingt festhalten, was ich sehe. Und ich nehme mir vor, dass ich wiederkommen werde.

Nach zwei Stunden und etlichen Fehlversuchen, fahren wir gemeinsam nach Hause. Bobby ist im Fußraum schnell und zufrieden eingeschlafen. Ich denke zurück: an den Weg, an die Bank, an die Sonne.