Breckerfeld. Um viele Talsperren kann man drumherum wandern. Aber es gibt in Breckerfeld eine Ausnahme. Warum das so ist, kann man nicht nachvollziehen.

Es ist ein Tag, an dem die Wintersonne es irgendwann doch schafft, durch die dunkle Wolkendecke zu brechen. Der blau-graue Himmel spiegelt sich für einen kurzen Moment auf der Wasseroberfläche. Auf der der Pfützen. Und auf der der Südausläufer der Talsperre. Es ist ein Tag, an dem es scheint, als wolle die Sonne für einen Moment ein Paradies wachküssen.

Ein Paradies, das vor sich hin schlummert. Ein Paradies, das im Verborgenen liegt. Weil die Wege, die hinein führen in dieses Paradies, so verschlungen sind. Vom Dörfchen Boßel, das sich zu Fuß oder mit dem Auto von Breckerfeld aus erreichen lässt, führt ein am Ende steiniger Weg hinab. Wer das Paradies mit dem Auto erreichen möchte, muss einen langen Umweg weit über die Stadtgrenze hinaus in Richtung Süden fahren, dann irgendwann wieder rechts ab in Richtung Norden, um nach einer kilometerlangen Fahrt durch das Tal der Ennepe schließlich am südlichsten Zipfel des Ruhrgebiets zu landen. Am Vorstaubecken der Ennepetalsperre und ihren südlichen Ausläufern.

Vor dem Tor an der Ennepetalsperre

Dabei ist diese Talsperre anders als so viele andere in der Umgebung: anders als die Glörtalsperre, anders als die Heilenbecke und anders als die Hasper Talsperre. Diese Talsperren nämlich sind auch touristische Orte. Sie lassen sich umwandern. Gut ausgebaut Wege, flach dazu, führen drumherum und locken Spaziergänger, Jogger und Radfahrer gleichermaßen. Wer die Ennepetalsperre umrunden will, landet früher oder später vor einem Tor, an dem es nicht weitergeht.

Die Ennepetalsperre in Breckerfeld versorgt die Hansestadt mit Trinkwasser. Aber es gibt keinen durchgehenden Rundweg.
Die Ennepetalsperre in Breckerfeld versorgt die Hansestadt mit Trinkwasser. Aber es gibt keinen durchgehenden Rundweg. © Jens Stubbe | Jens Stubbe

Das erste Tor erreichen gleich jene, die sich von der Mauerseite aus auf den Weg machen wollen. Wer an der Ostseite entlang spazieren möchte, kommt – obwohl es einen feinen Weg am Ufer entlang führt – keinen Schritt voran. Ein Schicksal übrigens, das auch jene teilen, die sich von Süden aus am Westufer entlang auf den Weg machen. Auch dort landet man vor einem verschlossenen Tor und muss den Weg hinauf in Richtung eines Örtchens namens Wellershausen nehmen.

Talsperre im Wasserschutzgebiet

Warum das denn so ist...? Der Ruhrverband betreibt die Talsperre, die für die Wasserversorgung von Breckerfeld und von weiten Teilen des Kreises zuständig ist. „Die Talsperre liegt im Wasserschutzgebiet der Zone 1“, erklärt Markus Rüdel, Sprecher des Ruhrverbands, „wir haben sie Mitte der 90er übernommen. Da war der Rundweg schon gesperrt. Daran haben wir nichts geändert.“

Das Vorstaubecken der Ennepetalsperre in Breckerfeld liegt am südlichsten Zipfel des Ruhrgebiets.
Das Vorstaubecken der Ennepetalsperre in Breckerfeld liegt am südlichsten Zipfel des Ruhrgebiets. © WP | Jens Stubbe

Dass derartige Maßstäbe längst nicht für alle Trinkwassertalsperren gelten, zeigt ein Blick über zwei Bergrücken hinweg in Richtung Hasper Talsperre. Hier wiederum gewinnt die Mark-E Trinkwasser in Hoher Qualität, das Teile der Stadt Hagen versorgt. Auch hier gilt: Das Gewässer befindet sich in einer Wasserschutzzone. Und trotzdem kann es von Spaziergängern umrundet werden – was rund eine Stunde dauert.

Asphaltierter Weg an Versetalsperre

Aber auch der Ruhrverband selbst legt offenbar nicht überall dieselben Maßstäbe an: An der Versetalsperre in Lüdenscheid – ebenfalls für die Trinkwassergewinnung elementar, ebenfalls betrieben vom Ruhrverband – gibt es entlang des einen Ufers gar einen kilometerlangen, asphaltierten Weg, der Fußgängern, Inlineskatern und Radfahrern vorbehalten ist. Ähnliches für die Ennepetalsperre zu schaffen – dafür gibt es derzeit keine Planung beim Ruhrverband. „So eine Freigabe ist ja auch immer mit höheren Kosten in Sachen Verkehrssicherung verbunden“, sagt Rüdel.

Die Ennepetalsperre aus der Luft: Einen Weg, der einmal um das Gewässer führt, gibt es nicht.
Die Ennepetalsperre aus der Luft: Einen Weg, der einmal um das Gewässer führt, gibt es nicht. © FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Ein Umstand, der dazu führt, dass zumindest der Ennepe-Ruhr-Kreis auch keinen großen Wert auf eine touristische Vermarktung setzt. Wer auf der Seite www.ennepe-ruhr-entdecken.de nach der Talsperre fahndet, sucht vergebens. Warum allerdings dasselbe auch für die Breckerfelder Glörtalsperre gilt, die ja sogar als Badesee ausgewiesen ist, blieb offen.

Wanderweg A 19 führt von Breckerfeld hinab

Fündig wird man hingegen auf der Homepage der Stadt Breckerfeld (www.breckerfeld.de): „Die Ennepetalsperre ist als Trinkwassertalsperre nicht für den Wassersport freigegeben und im Bereich der Staumauer auch weitläufig eingezäunt. Eine Umwanderung der Talsperre mit durchgängigem Blick aufs Wasser ist nicht möglich“, heißt es da. Und weiter: „Aber gerade wegen dieser Einschränkungen erfreut sich die Ennepetalsperre bei Wanderern aber einiger Beliebtheit, da es hier meist recht ruhig zugeht.“ Wer nur lange genug sucht, findet schließlich einen Rundwanderweg, der auch hinab zur Ennepetalsperre führt: Der A 19, 11,8 Kilometer – Breckerfeld, Sylbach, Altenbreckerfeld, Boßel, Ennepetalsperre, Kückelhausen, Breloh, Breckerfeld.

Während auf der einen Seite der Staumauer eine Straße abzweigt, die Wanderer und Radfahrer nutzen, ist ein Durchgang auf der anderen nicht möglich.
Während auf der einen Seite der Staumauer eine Straße abzweigt, die Wanderer und Radfahrer nutzen, ist ein Durchgang auf der anderen nicht möglich. © Hans Blossey

Dieser A 19 führt letztlich hinab – mitten in ein Paradies. In eine Paradies, das die Sonne gelegentlich wachzuküssen scheint.