Hagen. Ein Blick auf Orte in den Quartieren zeigt: In Hagen wird es immer wärmer. Allein am Pressehaus ist seit 1881 die Temperatur um 5 Grad gestiegen.

Schürmannstraße 4, am Pressehaus. Damals, 1881, lag die Durchschnittstemperatur in dieser Straße noch zwischen 7 und 8 Grad, 1980 waren es 10 Grad, heute sind es zwischen 12 und 13 Grad im Schnitt. Immerhin gut fünf Grad mehr. Klimawandel direkt vor der Bürotür. In der eigenen Stadt.

Ein Blick auf verschiedene Orte in den Quartieren zeigt, wie sich das Klima im Stadtgebiet mit den Jahren verändert hat (siehe Grafik). So ermöglicht der Klima-Atlas vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) Einblicke in verschiedenste Daten – von der Lufttemperatur über Niederschlagsmengen, Hitzetage bis zu Sonnenstunden. Die Durchschnittstemperatur ist überall um mehrere Grad gestiegen, nur nicht überall so stark.

„Das lässt sich natürlich auch darauf zurückführen, dass der Innenstadtbereich sehr dicht bebaut ist, der Verkehr zugenommen hat und wenig Grün vorhanden ist. Das war damals mit Aufzeichnungsbeginn sicherlich noch nicht der Fall“, sagt Umweltamtsleiter Thomas Köhler. In den grüneren, ländlichen Bereichen hingegen, das lässt sich auch in den Analysekarten der Stadt Hagen beobachten, sind die Anstiege deutlich moderater.

Grünste Großstadt – aber in der Stadt kaum Grün

Hagen ist die grünste Großstadt NRW-weit. Wer will, erreicht einen Park oder den Wald hier von jedem Ort aus in 10-15 Minuten (oder weniger). Bei einem Blick auf die großen Hagener Plätze spiegelt sich das noch nicht wieder: Sie sind vielmehr allesamt ziemlich grau. Beispiel: Ebert-Platz, Springe, Berliner Platz, Wilhelmsplatz . . .

Das Pressehaus in der Schürmannstraße. Hier ist die Temperatur im Schnitt besonders stark gestiegen.
Das Pressehaus in der Schürmannstraße. Hier ist die Temperatur im Schnitt besonders stark gestiegen. © WP | Michael Kleinrensing

„Die Sonne strahlt im Sommer aufs Pflaster – das wiederum strahlt auch nachts dann noch Wärme ab“, sagt Köhler. In dicht bebauten Siedlungen kann die Wärme zudem schlechter wieder „abfließen“. Da man schlecht alles wieder abreißen kann, bleibt die Frage: Was kann man denn eigentlich städtebaulich tun gegen den Klimawandel? Es geht um Dinge wie Flächenentsiegelung. Zusätzliche Grün- und Wasserflächen, die zu den bestehenden kleinen Parks (Ferdinand-David, Volmepark) hinzukommen sollen. Begrünte Dächer oder Fassaden gehören ebenso dazu. Kurz gesagt: Hagen soll Schwammstadt werden.

Ein Modewort – „Schwammstadt“. „Wir wurden vom Umweltausschuss damit beauftragt und arbeiten jetzt an einem entsprechenden Konzept“, erklären Thomas Köhler, Nicole Schulte und Hans-Joachim Wittkowski aus dem Bereich Umweltplanung. Aber was heißt das denn eigentlich?

Umweltamt soll betroffene Bereiche ermitteln

Es geht dabei darum, Situationen zu vermeiden, die für Bürger ungünstig sind. Perspektivisch gesehen werden so beispielsweise die Hitzetage (mit Temperaturen über 30 Grad) massiv steigen – und sind es schon. Letztes Jahr gab es 14 dieser Tage in Hagen, vor 50 Jahren waren es gerade einmal einer oder zwei (Ausreißer war 2017: 17). Auch die Tropennächte werden zunehmen. „Es gibt vulnerable Gruppen – Senioren oder Kinder – die für solche Extreme besonders empfindlich sind“, sagt Hans-Joachim Wittkowski. Das Umweltamt soll daher jetzt Bereiche in der Stadt ermitteln, in denen sich am dringendsten etwas tun muss.

An den entsprechende Analyse-Karten lässt sich bereits erahnen, dass es dabei vor allem um den Innenstadt-Bereich oder aber Wehringhausen und Teile von Haspe geht (parallel sind Industriegebiete verstärkt betroffen). „In den Quartieren sollen dann zunächst an besonders hitzebetroffenen Stellen Wasserspender aufgestellt werden“, gibt Köhler Einblicke.

Eine Idee – wirklich erst mal nur eine Idee! – könnte zudem sein, an jedem Wasserspender noch einen schattenspendenden Baum und eine Bank als Verweilmöglichkeit aufzustellen. Quasi eine kleine Klima-Insel. „Zu den Spendern befinden wir uns aktuell in der Abstimmung mit der Mark-E“, gibt Thomas Köhler Einblicke in den weiteren Ablauf.

Fassade in Hohenlimburg begrünt

Zu anderen Projekten wiederum – gerade mit Blick auf die Begrünung von Gebäuden und Grünzüge oder neue Wasserflächen in der Stadt – gibt es noch keine konkreten Planungen. Außer den Auftrag durch die Politik, dass die Verwaltung beispielsweise eine Ausarbeitung für die Begrünung von Bushaltestellen/Wartehäuschen vorlegen soll. Was Gebäude oder auch neue Grünzüge auf Flächen betrifft, müssten auch private Grundstückseigentümer mitziehen – denn nicht überall handelt es sich um städtische Flächen.

In Hohenlimburg immerhin ließe sich schon ein erster kleiner Erfolg verbuchen: „Dort wurde die Fassade des Rathauses begrünt“, so Nicole Schulte. „Bisher sieht man dort nur kleine Pflänzchen aus den Ritzen ragen, aber sie werden wachsen und gedeihen.“ Außerdem seien durch den Wirtschaftsbetrieb zuletzt viele Baumscheiben vergrößert worden, damit sie besser und mehr Wasser speichern können.

„Am Ende geht es bei jedem Projekt darum, die Interessen abzuwägen. Hagen wächst eher, als dass es schrumpft. Wir haben also parallel auch eine gewisse Nachfrage nach Wohnraum, viele andere Großstädte stehen übrigens vor ähnlichen Herausforderungen“, sagt Thomas Köhler.

Er blickt von seinem Büro aus in der zehnten Etage über weite Teile der Innenstadt, auf viele Dächer. Kaum Begrünung (bis auf auf einem Zwischendach des Rathausgebäudes selbst und dem Dach des Stadtfensters), nur wenige Solaranlagen. „Sie sehen, da gibt es noch viel, viel Potenzial.“