Hohenlimburg. 40 Tonnen Hilfsgüter aus Hagen sind in der Türkei angekommen. Der Besitzer einer Shisha-Bar und ein Spediteur haben den Transport organisiert:

Ein weißes Banner prangt vor dem riesigen Kühlergrill. Darauf ist in türkischen Lettern zu lesen: “Hagen ve cevresi yardim tiri“ – Hilfstransport Hagen und Umgebung.

Der Lastwagen vor der Abfahrt: Auf dem weißen Banner am Kühlergrill steht der Empfänger des Hilfstransportes: „AFAD“ – das Präsidium für Katastrophen- und Notfallmanagement in der Türkei.
Der Lastwagen vor der Abfahrt: Auf dem weißen Banner am Kühlergrill steht der Empfänger des Hilfstransportes: „AFAD“ – das Präsidium für Katastrophen- und Notfallmanagement in der Türkei. © Suat Aker

Sattelzug mit Spenden

Der blaue Sattelzug der Spedition A&B Transporte GmbH aus Iserlohn ist am Montag in der Türkei angekommen – mit rund 40 Tonnen Hilfsgütern im Gepäck. Organisiert in einer Gemeinschaftsaktion von Menschen aus dem Stadtgebiet, die die Not nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien nicht kalt lässt und die helfen wollten. Wie der Hohenlimburger Suat Aker, der sich mit einem Kollegen das Steuer teilt und den Hilfstransport in die Türkei brachte. Oder Mette Güclü, Betreiber der Shisha-Bar „Mist Hookah Lounge“ in Altenhagen. Nur zwei von vielen Beteiligten, denen es in einem gemeinsamen Kraftakt gelang, tonnenweise Hilfsgüter zu sammeln und in einem Spendenlager in Ankara abzuladen. Und der nächste Transport ist schon in Planung.

Mehr als 3000 Kilometer

Es ist eine von vielen Hilfsaktionen in dieser Stadt, die für die Opfer der Erdbebenkatastrophe Tausende Kilometer entfernt organisiert wurden. Mit dem Abladen der Spenden in Ankara kam diese Aktion am Montagabend zu ihrem vorläufigen Abschluss. Zuvor ging es drei Tage von Hagen aus mehr als 3000 Kilometer in den Süden Europas, über die Fähre in Italien rüber nach Griechenland bis tief in die Türkei nach Ankara. Am Steuer des Lastwagens sitzen Suat Aker und ein Kollege. „Wir wussten vorher nicht, was bei der Fahrt auf uns zukommt“, blickt Aker am Dienstag per Telefon zurück.

Eine Sondergenehmigung habe es möglich gemacht, dass sie in die Türkei – Nicht-EU-Ausland – fahren und die Hilfsgüter dorthin bringen konnten. „Normalerweise dauert es mehrere Tage, bis man eine Genehmigung für die Einfahrt bekommt. Der Hilfstransport war einen Tag nach Beantragung schon genehmigt“, freut sich Aker über die Unterstützung nicht nur der deutschen Behörden. Denn der Transport ist beim türkischen Konsulat angemeldet und bei den Grenzübertritten habe er in den Ländern, die man von Hagen bis an den Bosporus durchkreuzte, Vorrang genossen.

Nicht zuletzt das weiße Banner auf dem Kühlergrill des Lastwagens signalisierte den Hilfsgütertransport schon von weitem. Empfänger der 40 Tonnen Hilfsgüter aus dem Stadtgebiet und Umgebung ist das Präsidium für Katastrophen- und Notfallmanagement in der Türkei, das „AFAD“ – eine Art Technisches Hilfswerk in der Türkei.

+++ Lesen Sie auch: Spenden für Erdbebenopfer bleiben einfach in Hagen liegen +++

Zielort in Ankara

Eigentlich wollten sie die Spenden in die Stadt Kayseri in der Türkei bringen, nah zu den Betroffenen. Aber den Hilfstransporten wird an der türkischen Grenze der Standort vorgegeben, wo sie ihre Güter abgeben können, berichtet Aker. In seinem Fall: ein Spendenlager in der türkischen Stadt Ankara. „Es ist alles sehr gut organisiert“, nimmt Aker die Situation wahr. Zumindest, wenn man gut vorbereitet und der Transport ordnungsgemäß angemeldet ist: Ohne Zollpapiere geht nichts. Auch, um Trittbrettfahrer, die unter dem Deckmantel von Hilfstransporten Waren in das Land schmuggeln wollen, zu unterbinden. In der Nacht zum Dienstag, kurz vor Mitternacht, kamen sie an ihrem Zielort an. Ehrenamtliche halfen, die Güter aus dem Lastwagen zu laden. Am Dienstag traten Aker und sein Kollege dann die Rückreise mit dem leeren Sattelzug nach Hagen an.

Schweres Erdbeben

Dass tonnenweise Spenden für diesen Transport zusammenkamen, damit hätten sie nie gerechnet, sagt Mette Güclü. Bewegt von der Verwüstung und dem Leid, das das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien hinterlassen hat, wollte er vor einer Woche den Betroffenen irgendwie helfen. „Wir haben nicht viel überlegt“, sagt Güclü. Vielmehr war da die Frage, wie man helfen könne. Selbst in die Krisenregion zu reisen, das gestaltete sich schwierig. „Deshalb wollten wir mit Spenden helfen.“

Es folgten Aufrufe in den Sozialen Netzwerken, bei Freunden, Kollegen und Familie. Sebastian Brandt und Suat Aker von der Spedition A&B Transporte stellten einen Sattelzug zur Verfügung, die Firma Glasdeals in Hagen den nötigen Lagerplatz für die Spenden. Sie wurden gesammelt, sortiert und beschriftet.

+++ Lesen Sie auch: Erdbeben: Hagen soll türkische Flagge auf halbmast hissen +++

Tonnenweise Hilfsgüter, mit denen der Sattelzug randvoll mit Lebensmitteln, Babynahrung, Kleidung und mehr gefüllt werden konnte. „Wir hätten uns dieses Ausmaß nie vorstellen können“, zeigt sich Güclü auch stolz über die große Hilfsbereitschaft der Menschen im Stadtgebiet. Von Privatleuten bis zu Betrieben und Händlern kam die Unterstützung von verschiedenen Seiten.

Zweiter Transport geplant

Es soll nicht der letzte Hilfstransport der Gruppe von Engagierten gewesen sein: „Wir planen einen weiteren Hilfstransport“, sagt Mette Güclü von der Shisha-Bar „Mist Hookah Lounge“. Diesmal sollen gezielt die Güter gesammelt werden, die von den Menschen nun benötigt werden, wie Heizstrahler und Decken, um sich gegen die aktuelle Kälte in den betroffenen Erdbebengebieten zu schützen. Er wolle mit Hilfsaktionen wie dieser auch ein Zeichen setzen: „Wir wollen auch das Klischee von Shisha-Bars brechen“, sagt Güclü, der sich an dem zweifelhaften Ruf dieser Bars stört. „Die Leute sollen sehen, dass wir auch für Zivilcourage stehen.“

Das Sammeln von Hilfsgütern für den zweiten Transport soll beginnen, wenn der Lastwagen von Suat Aker und seinem Kollegen wieder nach Hagen zurückgekehrt ist.