Haspe. Kita-Schock für Hagen: Das Neubauprojekt am Hasper Markanaplatz wird vorerst doch nicht gebaut. Damit bleibt der Betreuungsdruck hoch.

Wenn es nach Reinhard Goldbach, dem einstigen Leiter der Fachbereichs Jugend und Soziales bei der Stadt Hagen, gehen würde, könnten in der neuen AWO-Kita am Hasper Markana-Platz bereits seit drei Jahren die Jüngsten in dieser Stadt herumtollen und auf das Leben in dieser Gesellschaft vorbereitet werden. Doch Realität ist: Bis heute ist die leergezogene Baracke des Markana-Heims noch nicht einmal abgerissen. Stattdessen sendet die Verwaltung das Signal, dass aufgrund aktueller Bodenuntersuchung das Projekt auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werde. Wolfgang Jörg, Vorsitzender des AWO-Unterbezirks Hagen/Märkischer Kreis ist irritiert: „Unsere Planung für den Neubau sowie die Finanzierung stehen – die weitere Geschwindigkeit gibt die Stadt vor, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“

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Der ursprüngliche Plan des Rathauses sah bislang vor, das sanierte Areal für wenig Geld an die AWO zu veräußern, damit diese dort eine viergruppige Kita mit 75 Betreuungsplätzen errichtet. Als Kaufpreis für das immerhin 2600 Quadratmeter große und dann komplett aufbereitete Gelände wurde per nicht-öffentlichem Beschluss gerade einmal eine Summe von 175.000 Euro (67 Euro/qm) vereinbart.

Geländeverkauf für kleines Geld

Die Stadt Hagen versprach sich bislang von diesem Vorgehen eine schnellere Umsetzung der Investition, um endlich dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung in Haspe einen wesentlichen Schritt näher zu kommen. „Aufgrund der Vielzahl der Projekte ist eine sofortige Umsetzung durch die Kommune selbst nicht möglich“, hieß es noch vor einem Jahr in einer vom Oberbürgermeister vorgelegten Vorlage. Im Detail sah der Deal bislang vor, dass die Stadt sich zunächst um die erforderliche Baureife des Markana-Areals kümmert. Konkret bedeutete dies, nicht bloß das bestehende Markanaheim abzureißen (130.000 Euro) und das schadstoffbelastete Gelände zu sanieren (140.000 Euro), sondern entlang der Leimstraße auch eine Lärmschutzwand zu errichten (80.000 Euro). In Summe also Vorleistungen in Höhe von 350.000 Euro, die durch den Verkaufspreis nicht einmal zur Hälfte gedeckt werden.

Martina Soddemann ist als Sozialdezernentin für die Kita-Platz-Versorgung in Hagen verantwortlich.
Martina Soddemann ist als Sozialdezernentin für die Kita-Platz-Versorgung in Hagen verantwortlich. © WP | Michael Kleinrensing

Erwartbare Altlasten-Situation

Dass sich auf dem Markana-Areal eine erhebliche Altlasten-Problematik auftun würde, kann niemanden überraschen. Zum einen sind im Schatten der Hasper Hütte ohnehin die meisten Flächen mit Hinterlassenschaften der großen Stahlvergangenheit belastet, zum anderen ist ausgerechnet dieses Grundstück Standort des sogenannten Markana-Hochofens, der ersten Produktionsstätte dieser Art in Haspe.


Den Antrag für die erste Hasper „Eisenschmelz-Hütte“, so die damalige Bezeichnung, hatte bereits im Jahr 1834 der Industrielle Johann Caspar Lange beim Landrat in Hagen gestellt. Dieser Vorstoß war dem seinerzeit erheblich steigenden Eisenbedarf im Rahmen der Industriellen Revolution geschuldet, der sich vorzugsweise im Eisenbahnbau sowie speziell in Haspe in den Sensen- und Kleineisenschmieden widerspiegelte.


Diesem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit folgte auch die Regierung in Arnsberg als zuständige Genehmigungsbehörde und gab im März 1836 Grünes Licht für die „Gewerkschaft Eisenhütte Markana zu Haspe“, deren Hochofen zunächst einmal mit Holzkohle betrieben wurde.


Angesichts der mangelhaften Expansionsmöglichkeiten entlang des Hasper Baches war der „Hütte Markana“ jedoch kein langfristiger Erfolg vergönnt. 1873 wurde der Betrieb an dem Standort wieder aufgegeben – die Hinterlassenschaften der Produktion, für die damals ökologische Aspekte kaum eine Rolle spielten, schlummern teilweise bis heute unter dem mit einer Grünanlage sowie 26 Bäumen überwachsenen Gelände.

Doch bei genauerem Hinsehen, so macht jetzt Sozialdezernentin Martina Soddemann in einer Stellungnahme deutlich, habe sich die erforderliche Bodensanierung als weitaus komplexer herausgestellt. Im Klartext: Entweder müssten für die Erdarbeiten sämtliche Bäume gefällt oder aufwändig abgestützt werden. „Damit ist die Maßnahme zwar grundsätzlich umsetzbar, erfordert aber einen sehr hohen Aufwand sowohl hinsichtlich der Ingenieurleistungen und der Abstimmung der unterschiedlichen Gewerke, als auch im finanziellen Bereich“, macht die Stadt deutlich, dass die ersten Kostenvoranschläge viel zu niedrig angesetzt waren. „Insbesondere aufgrund der Auslastung des städtischen Hochbaubereichs werden aktuell Maßnahmen präferiert, die mit möglichst geringem Aufwand an städtischer Ingenieurleistung ungesetzt werden können. Insoweit wird zeitnah eine Umsetzung der Maßnahme Kita Markanaplatz nicht erfolgen können“, skizziert Soddemann die 180-Grad-Kehrtwende und stellt lose in Aussicht, dass das Projekt „zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgegriffen werden“ könne.

Soziale Anlaufstelle fällt weg

„Das ist sehr unbefriedigend“, blickt Bezirksbürgermeister Horst Wisotzki auf die weiterhin sehr angespannte Kita-Platz-Versorgung in Haspe. Die viergruppige Kita für U3- und Ü3-Kinder hätte hier für eine wichtige Entspannung der Lage sorgen können. Zudem war dort noch ein Quartiersraum angedacht, der für die Stadtteilarbeit die Markana-Begegnungsstätte auffangen sollte. „Gerade aus sozial- und gesellschaftspolitischen Gründen wäre dies genau der richtige Standort“, betont AWO-Vorsitzender Jörg zugleich, dass sein Träger, der insgesamt 26 Einrichtungen dieser Art betreibt („Kitas können wir!“), auch an einem anderen Standort als Partner zur Verfügung stehe.