Hagen. Die geplanten Neubauten werden doch erst 2024 fertig, viele Kita-Plätze fallen zusätzlich weg. Ein Blick auf die angespannte Situation in Hagen:
Die Kitaplatz-Situation in Hagen spitzt sich immer weiter zu. Nicht nur weil die Kinderzahlen perspektivisch steigen und die Zuwanderung weiter anhält, sondern vor allem auch weil die Neubaumaßnahmen nicht mehr vorankommen. „Die Kita Jungfernbruch in Haspe und Terra 1 in Wehringhausen werden verspätet – aber immerhin noch im Laufe dieses Kindergartenjahres – an den Start gehen. Alle weiteren geplanten Einrichtungen werden im kommenden Jahr doch nicht fertig“, muss Axel Groening, Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales, resigniert zugeben.
Hinzukommt, dass perspektivisch 339 weitere Plätze wegfallen könnten. „Durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetztes (BTHG, inklusive Betreuung) sind Überbelegungen in den betroffenen Kitagruppen künftig nicht mehr möglich. Bei der Betreuung der sogenannten I-Kinder wird die Gruppenstärke sogar um einen Platz abgesenkt werden“, gibt Groening Einblicke in die Herausforderungen. „So viel wir auch bauen, wir kommen nicht hinterher.“
Es fehlen fast 800 Plätze
Dabei konnten seit 2014 insgesamt 1563 neue Betreuungsplätze geschaffen werden (davon 694 U-3-Plätze). „Das ist eine gute Zahl, und trotzdem treten wir auf der Stelle“, räumt Groening ein, dass die Situation mehr als unbefriedigend ist. Um die vom Stadtrat beschlossene Betreuungsquote im U3-Bereich von 38 Prozent realisieren zu können, fehlen rund 150 Plätze. Für die Altersgruppe der drei- bis sechsjährigen Kinder sind es sogar fast 650. Hier hat sich der Fehlbedarf weiter eklatant erhöht – was auch am perspektivischen Wegfall von Plätzen durch die inklusive Betreuung liegt.
Zur Erklärung: Bei den Trägern wurde zur Betreuung der sogenannten I-Kinder bislang das „Modell Zusatzkraft“ genutzt. Bedeutet: Die Gruppenstärke blieb gleich bei zusätzlichen Fachkräften zur Betreuung der Kinder mit Behinderung. Künftig soll das „Modell der Gruppenstärkenabsenkung“ greifen. Die Gruppengröße wird pro Kind mit Behinderung (Basisleistung 1) dabei um einen Platz abgesenkt. Perspektivisch sind auch alle Kinder, die Frühförderung erhalten, als „I-Kinder“ anerkannt. Das sind in den Hagener Kitas für das kommende Kindergartenjahr 139 Kinder.
Für 269 weitere Kinder gewährt der LWL aktuell Leistungen der heilpädagogischen Frühförderung. Insgesamt entsteht durch die Betreuung der I-Kinder perspektivisch ein zusätzlicher Fehlbedarf von 339 Plätzen, schätzt die Verwaltung.
Steigende Preise, fehlende Gewerke
Mit Blick auf die Neubau- und Ausbaupläne bereiten der Stadt und den Investoren neben langwierigen Planungsprozessen vor allem fehlende Gewerke und Baumaterialien Sorgen. „Es kommt dadurch zu erheblichen Verzögerungen“, gibt Groening Einblicke. In einigen Kommunen habe die angespannte wirtschaftliche Situation bereits dazu geführt, dass Investoren ihre Vorhaben kurzfristig wieder zurückgezogen haben. „Es ist von elementarer Bedeutung, dass die Umsetzung der Neubaumaßnahmen mit oberster Priorität forciert wird“, betonte Detlef Reinke (CDU), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und fand dafür eine einstimmige Mehrheit. Ob dieser Beschluss aber die Projekte beschleunigen kann, ist fraglich.
Selbst wenn die Kitas eher fertig werden, komme eine unterjährige Eröffnung wegen des anhaltenden Fachkräftemangels nicht in Frage, heißt es von der Stadt. Bei allen geplanten Projekten seien die Investoren/Bauleiter derzeit nicht bereit, eine Zusage zu einem bestimmten Termin zu geben. Die Fertigstellung der Neubauten Eckeseyer Straße und Langenkampstraße sowie der Umbau Prentzelstraße wurde somit zunächst auf August 2024 verschoben. Wenn alles gut geht.