Hohenlimburg. Das Hochwasser weckt Erinnerungen an die Flut 2021 – und in Hohenlimburg geht der Blick auf Probleme, die bis heute nicht gelöst sind:

Das jüngste Hochwasser Donnerstagnacht erreichte bei weitem nicht die Ausmaße der Flut vom Juli 2021. Dennoch zeigten sich gerade im Nahmertal erneut die kleinen Bäche als Gefahr, die nach den Regenfällen anschwollen, als reißende Bäche ins Tal liefen und Straßen teils überspülten. Für viele Anwohner in der Nahmer war es eine kurze Nacht. Doch Entwarnung gibt es noch nicht: Für dieses Wochenende sind weitere Regenfälle angesagt.

Deichsperren vor der Tür

Nicht zum ersten Mal liegen Deichsperren vor der Haustür von Jasmin Busch. Sie lebt im oberen Nahmertal und nur wenige Meter entfernt, auf der anderen Straßenseite, verläuft der Nahmerbach. Nach der Jahrhundertflut 2021 stand das Wasser mehr als einen Meter hoch im Erdgeschoss. Vor knapp einem Jahr war die Feuerwehr erneut zu dem Wohnhaus ausgerückt, um nach Dauerregen das Haus vor erneuten Wassermassen zu schützen. Denn der Nahmerbach stieg wieder an.

Mobile Deichsperren lenkten das Wasser dann vom Haus weg. Deichsperren, wie sie seit Donnerstagnacht wieder vor dem Haus liegen. „Es haben sich wieder die gleichen Schwachstellen gezeigt wie vor ziemlich genau einem Jahr“, sagt Jasmin Busch. „Wir haben Gott sei Dank vor kurzem den Bau unserer Hochwasserschutzmauer abgeschossen und diese hat gehalten.“ Im Haus sei zum Glück alles trocken geblieben. Als der Bach in der Nacht jedoch weiter anschwoll, rief man die Feuerwehr zuhilfe, die dann die Deichsperren am Haus verlegt hat.

Fluthelfer im Einsatz

Auch viele Fluthelfer waren in der jüngsten Hochwasser-Nacht in der Nahmer unterwegs, um in den besonders betroffenen Wohngebieten die Anwohner zu unterstützen. Fluthelfer wie Magdalena Walthes von der Hagener Hochwasserhilfe. „Es war eine beunruhigende Nacht“, blickt sie am Tag danach zurück.

Kanustrecke unter Wasser: Das jüngste Hochwasser trieb den Wasserpegel der Lenne - hier ein Bild der Stennertbrücke in Hohenlimbur am 13. Januar 2023 - auf knapp drei Meter. Bei der Flut im Juli 2021 waren es rund 4,5 Meter.
Kanustrecke unter Wasser: Das jüngste Hochwasser trieb den Wasserpegel der Lenne - hier ein Bild der Stennertbrücke in Hohenlimbur am 13. Januar 2023 - auf knapp drei Meter. Bei der Flut im Juli 2021 waren es rund 4,5 Meter. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Wer bei der Jahrhundertflut sein Haus und Grund überspült sah, reagiert seither deutlich sensibler auf Dauerregen und Hochwasser-Warnmeldungen – selbst wenn nicht die gleiche Katastrophe wie damals droht. „Es gibt nach der Jahrhundertflut eine ganz andere Sensibilität bei den Menschen.“

Nicht viel verändert

Auch weil sich in den eineinhalb Jahren seit der Flut bei vielen Menschen nicht das Gefühl eingestellt hat, dass sich der Hochwasserschutz im ganzen Nahmertal sichtbar verbessert hat. „Manche haben das Gefühl, die Kanäle seien seit der Flut immer noch nicht freigeräumt“, berichtet Magdalena Walthes. Gleiches gelte für einzelne Bachläufe, an denen sich schnell Geröll und Müll staut.

Sorge vor Geröll von Hängen

Dazu kommt die Sorge, dass die Hänge im Nahmertal nach der Jahrhundertflut schon gelockert sind und neuer Dauerregen auch neues Geröll vom Hang bedeuten kann. Zwischen Nahmerbach und Koenigsee liegt direkt an der Straße ein großer Krater, durch den Donnerstagnacht wieder das Wasser den Hang hinunter strömte. Die Feuerwehr legte Deichsperren, damit das Wasser nicht zu den nahe gelegenen Wohnhäusern weiterlaufen konnte. „Die Einsatzkräfte waren sehr präsent und intensiv an den Gefahrenstellen unterwegs.“

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Anwohner in Alarmbereitschaft

Viele Anwohner haben sich auf die Lage vorbereitet und waren in Alarmbereitschaft. Sie füllten Sandsäcke und bauten sie schützend an die Häuser. Manche Familien haben nach der Jahrhundertflut eigene Notfallpläne aufgestellt, andere haben ihre Keller seitdem sicherheitshalber leer.

Vorhersage schwierig

Für die nächsten Tage sind erneut Regenfälle angesagt. Ob die Bäche in der Nahmer erneut anschwellen und zur Gefahr für die Wohngebiete werden, dazu fehlen sichere Vorhersagen. „Die Überflutungen in Hohenlimburg kamen von kleineren Gewässern bzw. dem wild abfließenden Wasser von unbefestigten Flächen. Diese lassen sich nicht vorhersagen“, so Clara Treude, Sprecherin der Stadt. „Karten, die die möglichen Fließwege sehr genau darstellen, werden in diesem Jahr vom Wirtschaftsbetrieb Hagen erstellt.“

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Zurück im oberen Nahmertal bei Jasmin Busch. Dort bleiben die Deichsperren liegen und der Blick geht auf die angekündigten erneuten Regenfälle an diesem Wochenende. Man werde die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen so beibehalten. „Wir hoffen, dass darüber hinaus keine Maßnahmen notwendig werden.“ Auch Madgalena Walthes von der Hochwasserhlfe will die Wettervorhersage und Warnmeldungen im Auge behalten. „Wenn ein Notfall reinkommt, dann sind wir immer bereit rauszufahren.“

Hanglagen als Gefahr

Gerade die hiesigen Hanglagen werden von der Stadt als Gefahr bei Starkregen verortet. „In Hohenlimburg mussten wir wiederholt feststellen, dass Schäden nicht durch fließendes Gewässer, sondern durch Wasser aus den umliegenden Hängen verursacht wurden“, so Sebastian Arlt, Umweltdezernent.

Starkregenkarte in Arbeit

Der Wirtschaftsbetrieb Hagen arbeite an einer „Starkregenkarte“ für das Nahmertal, um den Hochwasserschutz künftig verbessern zu können. Im Laufe dieses Jahres soll die Karte vorliegen.Zudem ist eine Retentionsfläche nahe des Kaltwalzwerks Hüsecken Wire geplant, wo sich der Nahmerbach bei Hochwasser ausbreiten kann.

Auch soll eine neue Brücke an der Mündung des Nahmerbaches in die Lenne entstehen. Rund acht Millionen Euro an Wiederaufbau-Fördermittel des Landes NRW sind für dieses Projekt zugesichert. Wann der Bau dieser Brücke beginnen soll, das ist noch unklar.