Hagen. Sylvia ist bedürftig, Siegfried auch. Und einsam. Luthers Waschsalon unterstützt Menschen wie sie. Mit der WP-Spendenaktion kann jeder helfen.

„Auf das Frühstück freu’ ich mich, da treff’ ich hier ein paar Bekannte. Aber das übrige Weihnachten, das ist mir egal. Da bin ich ja alleine. Wie eigentlich immer.“

Auf den ersten Blick wirkt Siegfried rüstig, regelrecht sportlich, hat wache Augen. Der 83-Jährige trinkt seinen Kaffee, er scheint traurig zu sein, blickt Ilona Ladwig-Henning hilfesuchend an. Die Leiterin von Luthers Waschsalon nickt dem alten Mann aufmunternd zu, er lächelt zurück, sie scheint seine Vertraute zu sein. „An Heiligabend richten wir hier ein besonderes Frühstück aus. Mit Rührei und Lachs. Wir möchten unseren Gästen einen angenehmen Start ins Weihnachtsfest ermöglichen“, sagt Ilona Ladwig-Henning.

Leitet die Einrichtung Luthers Waschsalon: Ilona Ladwig-Henning. Sie hat ein offenes Ohr für die bedürftigen Menschen, die in die Einrichtung kommen.
Leitet die Einrichtung Luthers Waschsalon: Ilona Ladwig-Henning. Sie hat ein offenes Ohr für die bedürftigen Menschen, die in die Einrichtung kommen. © Michael Kleinrensing

So ein Tag ist lang

Siegfried kommt seit 15 Jahren in Luthers Waschsalon in der Körnerstraße 75, „ich wohne in der Selbecke, gehe meist zu Fuß. Ich hab’ ja Zeit, so ein Tag ist lang.“

An früher denkt der 83-Jährige mit gemischten Gefühlen: „Es gab schöne Jahre, aber die meiste Zeit war hart.“ Siegfried war Maurer, hat dann umgesattelt, war 35 Jahre bei der Hagener Müllabfuhr beschäftigt. „Am Tag hab’ ich 20 bis 30 Tonnen Müll geschleppt. Das Ergebnis? Vier Leistenbrüche und abgerissene Sehnen in den Schultern. Aber ich bin erst mit 65 Jahren in Rente gegangen.“

25 Jahre war Siegfried verheiratet, „meine Frau war psychisch krank, es ging nicht mehr, ich hab’ mich scheiden lassen.“ Das Sorgerecht für die vier Kinder bekam er zugesprochen. Seine Rente liegt heute bei 1000 Euro, „am Ende des Monats ist kein Cent übrig“.

Reden hilft mehr als jede Tablette

Daher sucht der alte Mann Hilfseinrichtungen wie Luthers Waschsalon, wo er frühstücken kann, auf. Doch der Hauptgrund ist ein anderer: „Hier treffe ich Menschen, hier kann ich reden. Reden hilft mir mehr als jede Tablette.“

Ilona Ladwig-Helling hört ihm zu, fragt nach, sie interessiert sich für Siegfrieds Leben und wie es ihm geht. Für Siegfried ist sie wie eine Freundin, die ihm Halt gibt. „Ich bin über 80. ich kenne kaum noch jemanden in Hagen, die meisten sind tot. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so alleine bin. Manchmal denke ich, ich lebe allein auf dem Mond.“

Tauschen sich bei einer Tasse Kaffee in Luthers Waschsalon über ihre Probleme und Ängste aus – Sylvia und Siegfried.
Tauschen sich bei einer Tasse Kaffee in Luthers Waschsalon über ihre Probleme und Ängste aus – Sylvia und Siegfried. © Michael Kleinrensing

Sylvia kommt an den Tisch, sie ist mit Siegfried locker bekannt. Die beiden Bedürftigen unterhalten sich, wenn sie sich über den Weg laufen - in Luthers Waschsalon oder irgendwo in der Stadt. Die 50-Jährige kommt ebenfalls regelmäßig in die Körnerstraße 75, „ich wohne nur ein paar Meter entfernt von hier“.

In einem Obstladen gejobbt

Nach der Schule hat Sylvia keine Ausbildung gemacht, „ich hab’ ein bisschen gejobbt, mal in einem Obstladen, mal in einem Restaurant“. Sylvia ist seit etlichen Jahren zuckerkrank, „arbeiten kann ich nicht, ich bekomm’ Grundsicherung“. Mit ihrer Mutter lebt die 50-Jährige im gleichen Haus, „Heiligabend bin ich erst in Luthers Waschsalon zum Frühstücken und wünsche Siegfried und ein paar anderen Bekannten schöne Weihnachten, spätnachmittags fahre ich dann in die Karl-Adam-Halle zur CVJM-Feier“, erzählt die 50-Jährige Am 1. Weihnachtstag hat Sylvias Mutter Geburtstag, „da kommen Verwandte und es gibt Kaffee und Kuchen“.

Und Siegfried? Der verbringt die Festtage allein zu Hause und hofft, dass die besinnliche Zeit schnell vorüber geht und er wieder seine gewohnte Runde von der Selbecke in die Innenstadt zu Luthers Waschsalon drehen kann.

Stolze Summe von 76.031 Euro ist auf dem Spendenkonto eingegangen

Das Team der WP-Stadtredaktion bedankt sich bei allen Lesern und Unterstützern, die Geld auf das für Luthers Waschsalon eingerichtete Spendenkonto überwiesen haben. Bislang ist die stolze Summe von 76.031 Euro (inklusive der Summe, die auf der Versteigerung am 18. Dezember in der Stadthalle eingenommen worden ist) auf dem Konto eingegangen - ein schöner Erfolg.

Wie man die Weihnachtsaktion, die noch bis Mitte Januar läuft, zugunsten Luthers Waschsalon unterstützen kann:

Wer die diesjährige Benefiz-Aktion der Westfalenpost unterstützen möchte, hier die Infos zu unserem eingerichteten Spendenkonto:

Empfänger: WP-Weihnachtsaktion,Verwendungszweck: Waschsalon, Spendenkonto: DE 71 450 500 010 100 180 000.

Wichtig: Spender, die eine Quittung erhalten möchten, müssen unbedingt­ ihre Adresse und das Stichwort „WP-Weihnachtsaktion“ auf dem Überweisungsträger vermerken.

Weitere Infos:

Luthers Waschsalon hat montags und donnerstags von 8.30 bis 11.30 Uhr geöffnet. In dieser Zeit werden Frühstück, Körper- und Wäschepflege sowie medizinische und zahnmedizinische Hilfe angeboten.

Mittwochs von 14 bis 16 Uhr hat die Einrichtung für Freizeitgruppen (z.B. Spiele- und Bastelnachmittage) geöffnet.

Die WP-Weihnachtsaktion hat Tradition. Seit vielen Jahren veranstaltet die WP-Stadtredaktion eine Benefiz-Aktion in der Adventszeit. Im Laufe der Jahre sind dabei rund eine viertel Million Euro für unterstützungswürdige Einrichtungen oder Projekte zusammen gekommen.