Hagen. Der CVJM in Hagen bereitet die Weihnachtsfeier für Bedürftige vor. Die zweite Veranstaltung für Familien mit Kindern wird es dagegen nicht geben.

Michael Finkensiep (73) und Thomas Schickhaus (59) haben Heiligabend selten zu Hause im Kreise ihrer Familien verbracht. Der stellvertretende Vorsitzende und der Geschäftsführer des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) in Hagen verbringen die Abendstunden des 24. Dezembers seit Jahrzehnten auf der Weihnachtsfeier für arme und einsame Menschen in Hagen: „Für mich ist das eine Tradition“, sagt Schickhaus: „Das bedeutet für mich nicht weniger Weihnachten.“

Vielleicht sogar mehr, denn schließlich ist Nächstenliebe der zentrale Inhalt des christlichen Glaubens. „Und es ist uns schon ein Anliegen, diese Botschaft weiterzugeben“, so Finkensiep.

Abendessen, Programm, Lieder, Kaffeetrinken

Nach zwei Corona-Jahren und einer verkürzten „Weihnachtsfeier to go“ am CVJM-Hauptquartier am Märkischen Ring findet die Feier in diesem Jahr wieder in der Karl-Adam-Halle in Vorhalle statt. Es ist die 77. Weihnachtsfeier an Heiligend Abend in Hagen ohne Unterbrechung. Ein gemeinsames Abendessen, ein Weihnachtsprogramm, Weihnachtslieder und ein abschließendes Kaffeetrinken sollen den Bedürftigen das Gefühl geben, dass sie nicht vergessen sind in dieser Stadt.

Thomas Schickhaus und Michael Finkensiep (links) bereiten die Weihnachtsfeier vor.
Thomas Schickhaus und Michael Finkensiep (links) bereiten die Weihnachtsfeier vor. © WP | Michael Kleinrensing

Die Weihnachtsfeier des CVJM sei immer auch ein Gradmesser bezüglich der sozialen Situation in der Stadt, so Finkensiep und Schickhaus: „Mehr und mehr stellen wir fest, dass es nicht allein um materielle, sondern auch um emotionale Bedürftigkeit geht.“ Viele Besucher könnten mit diesem Fest nichts mehr anfangen, viele Familien seien nicht in der Lage, ihren Kindern eine angemessene Feier zu ermöglichen.

Viele kennen Grundlagen des Weihnachtsfestes nicht mehr

Das werde schon sichtbar, wenn es um das Singen von Weihnachtsliedern gehe: „Früher war das kein Problem. Da sangen fast alle – zum Teil auch auswendig – die Lieder mit.“ Heute sei das nicht mehr möglich, der Elterngeneration mangele es an einer entsprechenden Sozialisation im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest: „Darum ist es uns ein Anliegen, als Christen an diese Menschen zu denken und ihnen die frohe Botschaft weiter zu geben, dass Jesus Christus auch für sie geboren und gestorben ist.“

Das Kontingent an Eintrittskarten, die ab 8. Dezember ausgegeben werden, ist wegen der Pandemie auf 250 begrenzt. Eine Karte gibt es nur gegen Identitätsnachweis, damit sichergestellt werden kann, dass die Teilnehmer aus Hagen stammen und mindestens 16 Jahre alt sind – was zu einer wirklich betrüblichen Nachricht führt: Die Weihnachtsfeier für Familien und Kinder, die wegen des riesigen Andrangs in den letzten Jahren von der Veranstaltung in Vorhalle abgetrennt wurde und in der Innenstadt stattfand, muss an diesem Heiligabend entfallen. Der Grund ist nicht etwa der, dass es keine armen Kinder in Hagen gibt: „Sondern wir schaffen es einfach nicht, eine zweite Feier zu organisieren, weil uns dazu das Personal fehlt“, berichtet Michael Finkensiep.

Hohe Spendenbereitschaft, viele Helfer

An Geld mangelt es dagegen nicht. Die Spendenbereitschaft der Hagener sei hoch, so der zweite Vorsitzende des CVJM, sonst könnte die Weihnachtsfeier, für die rund 25.000 Euro benötigt werden, auch nicht finanziert werden. Das Geld wird vor allem für das Abendessen (Gulasch, Kartoffeln, Bohnensalat) und die Geschenktüten, ohne die niemand nach Hause geschickt wird, verwendet.

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Nicht zu vergessen die 60 ehrenamtlichen Helfer, die ebenso wie Finkensiep und Schickhaus an Heiligabend nicht zu Hause sind, sondern für einen reibungslosen Ablauf der Weihnachtsfeier sorgen. Ohne ihr Engagement gäbe es die Veranstaltung nicht.