Hagen. Für diese Menschen besteht die Adventszeit vor allem aus einem: dem Weihnachtsmarkt. Wir blicken mit Schaustellern hinter die Kulissen in Hagen.
Viktoria Tränkler hat noch nie etwas anderes gemacht. „Ich war von klein auf mit dabei“, sagt die Hagenerin. Sie sitzt in der gemütlichen Stube ihrer „Hagener Feuerzangenbowle“ auf dem Weihnachtsmarkt. Es ist ein normaler Wochentag, früh am Nachmittag. Und doch ist schon gut viel los. „Die Leute freuen sich nach zwei Corona-Jahren, dass sie wieder auf ihren Weihnachtsmarkt kommen können“, sagt Viktoria Tränkler.
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Sie sagt bewusst „ihren“, weil der Markt hat etwas Heimeliges und Familiäres hat. „Mein Uropa hat ihn damals ins Leben gerufen, seitdem war der Weihnachtsmarkt immer in Familienhand“, sagt die Schaustellerin, die in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen soll und bereits seit 2006 mit ihrem Mann Gino den Feuerzangenbowle-Stand mitten auf dem Ebert-Platz betreibt.
Wenn andere Freizeit haben, stehen sie hier und arbeiten. Bei Wind und Wetter. „In diesen Wochen macht kein Schausteller etwas anderes. Wir sind sechs Wochen lang jeden Tag im Laden – daraus besteht unsere Adventszeit“, sagt Viktoria Tränkler und lacht. Sie kriegt das gewuppt, auch mit zwei Kindern (11 und 15 Monate alt). „Es ist kein Beruf – sondern ein Leben, das man sich aussucht. Wir sind ja auch bei Kirmesveranstaltungen vertreten und viel unterwegs“, sagt die Hagenerin. Es ist ein Leben, in dem man Privates manchmal auch zurückstellen muss. „Aber es ist interessant. Man hat viel Kontakt mit Leuten – und das ist schön“, betont auch Gino Tränkler.
Mehrere Liter gehen über die Theke
Kunden kommen rein. Grüßen nett. Fragen, wie es denn so geht. Familiär eben. Man kennt sich seit vielen, vielen Jahren. „Manche kennen mich schon, seitdem ich ein kleines Mädel war“, sagt Viktoria Tränkler und lacht. Der Weihnachtsmarkt ist sehr traditionsbehaftet. Für Besucher und Betreiber gleichermaßen. Und für Menschen wie Viktoria Tränkler ist er eine Konstante im Leben. „Es ist für mich die schönste Adventszeit, die ich mir vorstellen könnte. Man kriegt viele Geschichten, Schicksale, schöne und schlechte Erlebnisse von den Besuchern mit.“
Mehrere Liter Feuerzangenbowle gehen hier am Abend über die Theke. Das Fazit zur ersten Öffnungszeit: positiv. „Man merkt, dass die Leute dankbar sind. Wir sind auf jeden Fall gut gestartet“, blickt die Schaustellerin auf die langersehnte Eröffnung. „Viele Stände haben ihren festen Platz. Das gehört für die Leute dazu. Gleichwohl möchten wir in Zukunft investieren und den Hagenerinnen und Hagenern auch etwas Neues bieten“, sagt Viktoria Tränkler. „Man muss in Bewegung bleiben.“
Weihnachtsmarkt soll mehr Eventcharakter bekommen
Dass das Leben als Schaustellerfamilie immer ein bisschen mit Zukunftsängsten verbunden ist, möchte die Hagenerin gar nicht bestreiten. „Ich möchte aber vor allem das Positive in den Vordergrund rücken. Alle schimpfen immer über Hagen, das ärgert mich manchmal – ich bin totale Lokalpatriotin.“ Nach den letzten Jahren, gerade mit Blick auf Corona, kann man neue Attraktionen nicht mal so eben auf die Beine stellen. „Man wartet ab, bis es wieder Planungssicherheit gibt.
Aber sicher ist, dass in Zukunft der Markt noch mehr Event-Charakter bekommen soll“, sagt Viktoria Tränkler, die zum jetzigen Zeitpunkt ungern mehr verraten möchte. Sie unterstützt ihren Vater, Dirk Wagner, in den kommenden Jahren bei der Organisation. Und mit Ideen. „Was viele nicht sehen: Der Weihnachtsmarkt beginnt eigentlich schon im Februar mit der Planung“, erklärt die Schaustellerin.
Sie muss weiterarbeiten. Die Kunden warten auf ihre Feuerzangenbowle, die in diesem Jahr 50 Cent mehr kostet. „Die Preise steigen leider überall, das ist auch an uns nicht komplett vorbeigegangen – es war aber nicht in unserem Sinne“, betont Viktoria Tränkler. „Die Besucher haben aber glücklicherweise Verständnis dafür. Denn wir müssen natürlich auch schauen, dass unser Betrieb wirtschaftlich läuft.“