Hagen. Die Gesellschafter des Hagener Entsorgungsbetriebes suchen einen neuen Chef. Uwe Unterseher-Herold soll vorzeitig abtreten. Hier die Gründe.
Der Hagener Entsorgungsbetrieb kommt an der Spitze des Unternehmens nicht zur Ruhe: Nach Informationen der Stadtredaktion muss Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold nach gerade einmal gut drei Jahren im Amt Ende März 2023 seinen Schreibtisch wieder räumen. Der amtierende HEB-Chef soll Platz machen für einen Nachfolger, der dann von allen Gesellschaftern gemeinsam ausgesucht und getragen wird. Über diese bislang unter dem Siegel der Verschwiegenheit eingefädelte Spitzen-Personalie im Konzern Stadt Hagen soll der Rat noch vor der Weihnachtspause in nicht-öffentlicher Sitzung final entscheiden.
Hagen hat stets die Mehrheit
Der Hagener Entsorgungsbetrieb setzt sich rein formal aus drei Gesellschaften zusammen. Herzstück ist die HEB GmbH, an der die Stadt mittelbar über die Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVG) mit 51 Prozent beteiligt ist. Die restlichen Anteile liegen zu 29 Prozent bei der Mark-E Entsorgungsbeteiligung GmbH (MEB) sowie zu 20 Prozent bei der Entsorgung Dortmund Holding GmbH (EDG).
Zudem ist die Stadt Hagen an der Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft (HUI GmbH) über die Gesellschaft für Immobilien und aktive Vermögensnutzung der Stadt Hagen (GIV) mittelbar zu 51 Prozent beteiligt. Die restlichen Anteile liegen zu 29 Prozent bei Mark-E sowie zu 20 Prozent bei der EDG.
Die HEB Service GmbH ist wiederum eine hundertprozentige Tochter der HEB GmbH. Hier besteht – im Gegensatz zu HEB GmbH und HUI GmbH – kein direktes Weisungsrecht des Hagener Rates an die HEB als Gesellschafterin.
Der frühzeitigen Beendigung des ursprünglich auf fünf Jahre angelegten Geschäftsführervertrages waren nicht bloß interne Auseinandersetzungen auf der HEB-Geschäftsführer-Ebene, sondern auch erhebliche atmosphärische Störungen zwischen den Gesellschaftern aus Hagen und Dortmund vorausgegangen. Nachdem der langjährige Dortmund-Vertreter Manfred Reiche Ende 2018 sich in den Ruhestand verabschiedet hatte, übernahm dessen Schreibtisch der promovierte Jurist André Brandt. Doch nachdem im Herbst 2019 auch Herbert Bleicher den Hagener Chefsessel räumte, um beim Kreis Warendorf das Dezernat für Umwelt, Bauen und Planen zu übernehmen, wurde auch hier eine Nachbesetzung erforderlich.
Atmosphärische Störungen
Auf diesem Wege fand Ende 2019 Uwe Unterseher-Herold den Weg nach Hagen und vertritt dort seitdem die Interessen des Mehrheitsgesellschafters. Dabei wurde schnell offenkundig, dass die Chemie mit seinem Dortmunder Pendant, der zwischenzeitlich allein die Geschicke des HEB geleitet hatte, nicht stimmte. Im Hagener Rathaus war zwischenzeitlich von „Hafenspelunken-Atmosphäre“ die Rede, das Miteinander der beiden Geschäftsführer gestaltete sich zunehmend toxisch, mündete in lautstarke Auseinandersetzungen, bei denen gar Aktenordner durch die Büros geflogen sein sollen.
Letztlich räumte Brandt seinen Posten und „flüchtete“ sich im Mai 2021 als Dezernatsleiter zum Kreis Paderborn. Seitdem blieb die Position des Dortmunder HEB-Statthalters unbesetzt, zumal die Vertreter der Entsorgung Dortmund GmbH (EDG) sich angesichts dieser Vorgeschichte erheblich verstimmt zeigten und auf ihr Vorschlagsrecht zugunsten eines zweiten Geschäftsführers verzichteten.
Unruhe in der Belegschaft
Mit der fortan alleinigen Regie von Unterseher-Herold ging nicht bloß eine konsequente Modernisierungsstrategie beim HEB einher, sondern auch der Führungsstil veränderte sich zunehmend. Letztlich suchte die Belegschaft über einen anonymen Hilferuf im Spätsommer 2022 als „Akt der Verzweiflung“ den Weg in die Öffentlichkeit, weil die anstehenden Struktur- und Strategieveränderungen gepaart mit einer Digitalisierungsoffensive für erhebliche Unruhe in der HEB-Belegschaft sorgen würden. Der Tenor: Eine weitere Zusammenarbeit mit dem HEB-Chef sei für Teile der Belegschaft nicht denkbar. Dieser stelle „die gesamte Belegschaft vor sich immer weiter häufende, nicht zumutbare Herausforderungen“, verwiesen die Brandbrief-Autoren auf erhöhte Krankheitsquoten, kaum nachvollziehbare Entlassungen und Beförderungen sowie eine Führungskultur, die von Einschüchterungen, Drohungen, Intrigen und Mobbing geprägt sei.
„Es gibt da offenkundig einige Spannungen“, kommentierte seinerzeit Aufsichtsratsvorsitzender Günter Stricker, während Unterseher-Herold sich erstaunt zeigte: „Ich sage den Leuten vor den Kopf, was ich meine“, machte der Endfünfziger kein Hehl daraus, dass mit dem Wechsel im HEB-Chefsessel sich auch die Tonalität im Hause verändert habe. Dabei stoße oft der Wille zum Aufbruch in Kombination mit technischen Veränderungen in den Prozessen auf ein sehr ausgeprägtes Beharrungsvermögen in Teilen der Belegschaft. „Wir sind hier nicht bei ,Wünsch Dir was!‘ – wir müssen Ergebnisse liefern, da hat letztlich auch der Bürger als Gebührenzahler was davon“, beschrieb er angesichts der Kritik seine Rolle und sein Selbstverständnis.
Findungskommission entscheidet
Auf Gesellschafterebene haben sich derweil alle Beteiligten darauf verständigt, aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch um unfruchtbare Friktionen zu vermeiden, beim HEB künftig bloß noch mit einem Gesellschafter zu operieren. Dieser dürfe jedoch nicht Uwe Unterseher-Herold heißen, sondern müsse gemeinschaftlich, begleitet durch eine Personalberatungsgesellschaft gefunden werden. Letztlich soll eine Findungskommission die Neubesetzung in die Hand nehmen. Dieser werden Erik O. Schulz (OB Hagen), Christoph Gerbersmann (Kämmerer Hagen), Markus Monßen-Wackerbeck (HVG-Chef), Volker Bald (GIV-Chef), Günter Stricker (HEB-Aufsichtsratsvorsitzender), Prof. Rainer Wallmann (Vorsitzender EDG-Geschäftsführung) und Frank Hengstenberg (EDG-Geschäftsführer) angehören.
Angesichts der vertraglichen Konstellation wird das bis zum 30. November 2024 befristete Anstellungsverhältnis mit Uwe Unterseher-Herold per Aufhebungsvereinbarung beendet. Im Klartext: Nach seiner Freistellung Ende März wird der HEB-Chef bei vollen Bezügen – einschließlich der erfolgsabhängigen Tantieme insgesamt etwa 200.000 Euro – zu Hause bleiben dürfen. Da die HEB-Gesellschafter davon ausgehen, dass die Wiederbesetzung der Schlüsselposition kaum nahtlos gelingen kann, wird in der Zwischenzeit HVG-Geschäftsführer Monßen-Wackerbeck die HEB-Geschicke leiten. Auf Anfrage der Stadtredaktion wollten sich weder der Betroffene noch der Aufsichtsratschef zu dem Vorgang äußern.