Hagen. Der Pflegebonus spaltet die Belegschaften der Kliniken in Hagen. Die Pfleger nehmen kein Blatt vor den Mund. Die Wut ist riesig.

Hagens Pflegekräfte schlagen Alarm. Die Kräfte der katholischen Kliniken wenden sich sogar an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Im Kern geht es darum, wer den Pflegebonus erhält und wer nicht. Um die große Ungerechtigkeit bei der Verteilung nach fast drei Jahren Pandemie.

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„Von den knapp 550 Vollkräften in der Pflege in unserer GmbH, sind nach Ihren Kriterien gerade einmal 274 Vollkräfte berechtigt, den Pflegebonus zu erhalten“, schreibt die Mitarbeitervertretung der katholischen Kliniken in Hagen in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der der Redaktion vorliegt. Und weiter: „Unsere Pflegekräfte, die in den Bereichen Psychosomatik, OP, Anästhesie, Ambulanz, Endoskopie, Psychiatrie – hier wurden auf allen Stationen Corona-Patienten betreut – und weiteren Funktionsbereichen arbeiten, gehen komplett leer aus. Pflegehelfer, mit Examen nach einem Jahr Ausbildungszeit, sowie Auszubildende in der Pflege gehen leer aus, selbst wenn sie gemeinsam mit bezugsberechtigten Kolleginnen und Kollegen auf der Covid-Station gearbeitet haben.“

Nur Stationen mit Betten

Das liegt daran, dass im Krankenhausfinanzierungsgesetz Einschränkungen verankert sind. Zum Beispiel diese: Der Bonus wird an Pflegekräfte in der „unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen“ und an Intensivpflegefachkräfte ausgeschüttet, die 2021 mindestens 185 Tage in der Klinik beschäftigt waren. Die Mittel erhalten übrigens jene Kliniken, die 2021 besonders viele Patienten bei sich hatten, die beatmet werden mussten. Vor diesem Hintergrund, so Dietmar Kolwe von der Mitarbeitervertretung der katholischen Klinik, hätten seine Häuser 630.439 Euro zur Bonus-Ausschüttung vom Bund erhalten.

Dietmar Kolwe ist Sprecher der Mitarbeitervertretung der katholischen Krankenhäuser in Hagen.
Dietmar Kolwe ist Sprecher der Mitarbeitervertretung der katholischen Krankenhäuser in Hagen. © WP | Michael Kleinrensing

Die von der Mitarbeitervertretung der katholischen Kliniken genannten Fachabteilungen wie die Ambulanz, die Anästhesie oder die Endoskopie sind aber nicht „bettenführend“. „Und auch dort tragen die Kollegen die ganze Last der Pandemie“, sagt Ralf Albrandt, der wiederum Mitarbeitervertreter im Agaplesion Allgemeinen Krankenhaus ist, wo 490 Pflegekräfte arbeiten.

Albrandt wird deutlich: „Politisch ist das eine Katastrophe. Es gibt ja auch Bereiche wie eine Intensivstation wo Pflegefachkräfte und medizinische Fachangestellte nebeneinander arbeiten. Der eine erhält den Bonus, der andere nicht. Es werden zwei Gruppen gebildet. Die Regelung sorgt für Spaltung und Neid. Meiner Meinung nach hätte man mit der breiteren Gießkanne rangehen können und alle belohnen müssen.“

Große finanzielle Unterschiede

Das betont auch die Mitarbeitervertretung der katholischen Kliniken und fragt den Bundesgesundheitsminister: „Wie erklären Sie die Ungerechtigkeit, dass eine Fachpflegekraft für Intensivpflege ca. 3300 Euro erhält, während der mitarbeitende Kollege ohne Fachweiterbildung, der exakt die gleichen Aufgaben zu erfüllen hat, ca 1100 Euro weniger bekommt?“

Durchgehende Maskenpflicht

Im evangelischen Krankenhaus Haspe, im Volksmund „Mops“ genannt, haben 167 Mitarbeitende Anspruch auf den Bonus. 62 Mitarbeiter erhalten ihn wiederum nicht. Die Mitarbeitervertretung der Katholiken geht auf den belastenden Alltag in den Kliniken ein: „Mitarbeitende im Krankenhaus müssen verpflichtend, anders als bei anderen Arbeitgebern, während ihrer Arbeit permanent FFP2-Masken tragen. Sie müssen sich zwei- bis dreimal pro Woche testen lassen, wurden gezwungen, sich impfen zu lassen, müssen ihre Patienten regelmäßig testen. Und nun werden sie ausgeschlossen?“

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Als Mitarbeitervertretung stelle man sich vor alle Mitarbeitenden. „Wir gönnen jedem seine Prämie. Da es sich hier jedoch um einen Pflegebonus handelt, fordern wir, diese Ungerechtigkeiten, die für reichlich Zündstoff, Neid und Zwist sorgen, wenigstens in dem angedachten Bereich, nämlich der Pflege, nachträglich zu verbessern.“