Hagen. In Hagen sollen in den nächsten Jahren Aufstellflächen für Radfahrer an den Ampeln etabliert werden. Eine Maßnahme, die der Sicherheit dient.
Mit einer stillschweigend eingeführten, verkehrspolitischen Neuerung, die sich in vielen anderen Städten bereits längst etabliert hat, will die Stadt Hagen die Sichtbarkeit von Radfahrern und somit deren Sicherheit verbessern: So werden bei Modernisierungsarbeiten ab sofort an beampelten Knotenpunkten über die gesamte Fahrbahnbreite sogenannte „Aufstellflächen für Radfahrer“ markiert. Dort können sich vor den Stoßstangen der Autofahrer die Zweiradnutzer platzieren, stets im Pulk gesichert anfahren und vor allem mehrere Spuren kreuzen und somit gefahrlos in die jeweils gewünschten Himmelsrichtungen abbiegen.
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In der Praxis bedeutet dies konkret: An einer roten Ampel müssen Pkw, Lkw, Motorräder und Busse bereits vor der extra ausgewiesenen Aufstellfläche stoppen, damit der Radverkehr diesen Bereich gefahrlos nutzen kann, um sich ganz vorne einzuordnen. Die neuen Aufstellflächen entstehen somit direkt an den bewährten Haltelinien, sodass die künftigen Haltelinien des motorisierten Verkehrs ein paar Meter nach hinten verschoben werden. Alternativ gibt es zudem sogenannte Schleusen, die ebenfalls dem Vorrang des Radverkehrs an signalisierten Knotenpunkten dienen, jedoch eine schmalere Ausführung erhalten. „Grundsätzlich ist auch aus unserer Sicht wünschenswert, dass Radfahrer an der Ampel sich vorne vor den Autofahrern platzieren, um tote Winkel auszuschließen und das Linksabbiegen zu vereinfachen“, unterstreicht Karsten Völker, Leiter der Führungsstelle Direktion Verkehr bei der Polizei Hagen.
Knappes Sichtfeld für Lkw-Fahrer
Aufstellflächen des Radverkehrs sind Bereiche, die ausschließlich an signalisierten Knotenpunkten eingerichtet werden. Diese Flächen darf der motorisierte Verkehr im allgemeinen Fluss natürlich überfahren. Während in klassischen Fahrradstädten wie Münster man den Zweiradnutzern hier einen Raum von vier bis fünf Metern gewährt, glaubt man in Hagen mit einer drei Meter tiefen Aufstellfläche auskommen zu können. Damit erhöht sich jedoch die Gefahr, dass die Radfahrer aus dem Sichtfeld von erhöht sitzenden Lkw-Fahrern verschwinden.
Wobei die Verkehrssprachpanscher noch mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten operieren: So tauchen in offiziellen Schriftstücken neben der „Aufstellfläche für Fahrräder“ auch monströse Begrifflichkeiten wie „Fahrradfahrer-Linksabbieger-Vorhaltefenster“, „Fahrradaufstellstreifen mit vorgezogener Haltelinie für Pkw“ oder auch „Aufgeweitete Radaufstellstreifen (ARAS)“ auf. Im englischsprachigen Raum belässt man es bei der „Bike-Box“ (Fahrradkiste), während die Schweizer mit ihrem ausgeprägten Hang zu putzigem Vokabular den „Velosack“ etablieren.
In vielen anderen Städten werden diese neuen Extra-Meter sogar nach dem Vorbild der Radwege rot markiert, um das Thema noch eindeutiger in den Köpfen der Automobilisten zu verankern. In Hagen wird derweil aus Kostengründen auf eine Kolorierung der Fahrbahn verzichtet. Stattdessen beschränkt man sich auf das Auftragen von weißen Piktogrammen auf dem schwarzen Fahrbahnbelag.
Überholen wenn Platz ausreicht
Rechte und Pflichten
Für das respektvolle Miteinander von Radfahrern und motorisiertem Verkehr gilt für beide Seiten der § 1 Abs.1 der Straßenverkehrsordnung: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Und: „Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“
Zudem gilt es für Radfahrer zu beherzigen: Radwege müssen benutzt werden, wenn dies durch die Zeichen „Radweg“, „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ oder „Getrennter Geh- und Radweg“ angeordnet ist (Radwegebenutzungspflicht).
Radfahrer dürfen Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung nutzen, wenn dies ausdrücklich durch das Zeichen „Radverkehr frei“ erlaubt ist.
Autofahrer müssen beachten, dass sie beim Überholen von Radfahrern innerorts stets einen Mindestabstand von 1,5 Metern (außerorts: 2 Meter) respektieren müssen. Ist dies verkehrsbedingt nicht möglich, müssen Autos hinter den Radfahrern verbleiben.
Zudem müssen Autofahrer tolerieren, dass Radfahrende auf der Straße fahren dürfen, wenn keine benutzungspflichtigen Radwege bestehen oder diese in schlechtem Zustand (Dreck, Scherben, Wildwuchs), zugeparkt oder durch Mülltonnen versperrt sind. Übrigens: Das Parken auf Radwegen kostet inzwischen 55 Euro, kommt es zu einer Behinderung werden sogar 70 Euro fällig und es gibt einen Sünder-Punkt.
Grundsätzlich gilt: Radfahrer dürfen an einer roten Ampel auf dem rechten Fahrstreifen durchaus rechts an der Schlange der wartenden Autos vorbeifahren und sich vorne in der ersten Reihe vor den Fahrzeugen platzieren. Autofahrer müssen wiederum die Aufstellfläche freihalten, wenn die Ampel auf Rot steht – ansonsten droht ein Bußgeld von zehn Euro (bei Gefährdung: 70 Euro plus ein Punkt). Selbst bei nicht vorhandener Aufstellfläche sollte für Radfahrer mit etwa einem Meter ausreichend Platz für Radfahrer frei gehalten werden, damit diese bis an die Haltelinie vorfahren können und nicht in den Abgasen der Autos ausharren müssen. Dabei rät Völker allerdings von waghalsigen Fahrmanövern ab, wenn zwischen Bordsteinkante und Autotür nicht eine gute Lenkradbreite Raum bleibt. Gleichzeitig macht er auch deutlich: „Wenn Autofahrer einen rechts nahenden Radfahrer im Rückspiegel erkennen und dann durch plötzliche Lenkmanöver die Überholchance abklemmen, bewegen wir uns im Bereich der Nötigung.“
In Hagen gibt es bislang lediglich vereinzelte Aufstellflächen und Schleusen: Beispiele sind die Kreuzung Schwerter/Denkmalstraße, während weitere Aufstellflächen sich an den Kreuzungen Körner-/Grabenstraße sowie Körner-/Neumarktstraße finden. Allerdings haben sich die lokalen Verkehrsplaner laut Stadtsprecherin Franziska Michels vorgenommen, bei der künftigen Modernisierung von beampelten Knotenpunkten das Thema „Aufstellflächen für Radfahrer“ jedes Mal mitzudenken.
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