Hohenlimburg. Es ist ein vergessener Ort in Hagen, an den niemand darf und um den sich die Sage eines Riesen rankt. Auch die Gebrüder Grimm erzählen sie.
Niemand kommt hier her. Die Vegetation wächst wild, natürlich. Das Naturschutzgebiet ist völlig unberührt. Kein Müll, keine Kronkorken, keine blauen Säcke. Mittendrin eine dunkle Höhle und dieser Kalksteinfelsen. Sieben Meter hoch mit einem Loch. Der Blick geht hinunter auf Hohenlimburg. Dies soll einer alten Sage nach die Stelle sein, die das Eintrittstor zur Burg eines Hünenriesen gebildet hat. Eine historische Spurensuche an einem verlassenen Ort, den niemand betreten darf. Die Redaktion erhielt dazu die Genehmigung der Stadt Hagen. (Lesen Sie auch: Öffenliche Automatik-Toilette in Hohenlimburg soll kommen – Sie reinigt sich selbst +++)
Zwei Fundstücke gibt es in der historischen Literatur. Eines stammt von den weltberühmten Gebrüdern Grimm, denen auf ungeklärte Weise die Hohenlimburger Sage in ihre Hände gefallen ist. Sie erzählen von einem Wandersmann, der vom Rhein nach Limburg wollte. Ein Stündchen hinter Schwelm fragte der nach dem Weg. Ein Zwerg antwortete ihm, dass der kürzeste Weg durch den Berg sei. Damit er sich nicht verirre, solle einer einen Fuchs mitnehmen und ihn am Schwanz halten. Er kenne den Weg.
Riese folgt Fuchs mit Gebrüll
Der Wanderer ging los, er kam in die Unterwelt der Klutert. Als er nach langer Tour den Ausweg schimmern sah, hörte er ein sonderbares Geräusch. Vor der Höhle hatte sich ein Riese im Gras geschüttelt. Er stöhnte, dass die Felsen widerhallten. Er wendete die Nase nach den Winden und roch einen Menschen in der Nähe. „Wie gut sollte er mir schmecken“, brüllte der Riese. Er fing an, zwischen den Felsen zu suchen, doch fand er den Wanderer in der Höhle nicht. Er wurde zornig, riss Bäume aus und wälzte sie den Berg hinab. Vor Schreck ließ der Wanderer in der Höhle den Fuchsschwanz los. Der Riese folgte dem Fuchs mit „Jagdgebrüll“, wie es bei den Brüdern Grimm heißt. Der Wanderer traute sich nach einiger Zeit wieder aus der Höhle und ging nach Limburg. „Seit dieser Zeit“, so die Brüder Grimm, wird die Öffnung der Höhle das Hünentor genannt. (Auch interessant: Hagen – Aus Familie genommen: Das Leben von fünf Kindern)
Man findet diese Erzählung unter anderem im Buch „Die Lennegemeinden“ aus dem Jahr 1980. „Der Hinweis auf die Gebrüder Grimm ist mysteriös“, sagt Widbert Felka, Vorsitzender des Hohenlimburger Heimatvereins. „Ich neige dazu, diese Aussage auf dem Konto ,Irrtümer und Verwechslungen’ zu buchen. Im Jahre 1991 legte Wilhelm Bleicher – der an den ,Lennegemeinden’ ja maßgeblich mitgearbeitet hatte – ein Buch mit dem Titel ,Hohenlimburger Sagen’ vor“, erklärt Felka. Dort habe Bleicher die Riesen-Geschichte auch veröffentlicht, ordnete sie nun aber Heinrich Kleibauer zu. (Auch interessant: Großer Erfolg: 8300 Hohenlimburger Heimatbilder digital abrufbar)
Redewendung geboren
Letzteres passe wiederum zu dem in Klammern gesetzten Hinweis auf „Kleibauer“ seines Zeitgenossen Hermann Esser im „Hohenlimburger Heimatbuch“ von 1925. Heinrich Kleibauer war wie Esser Lehrer und Heimatforscher der Region. In jenem Heimatbuch findet man ein Kleibauer-Stück über die Hünenpforte. Kleibauer nimmt zunächst eine geologische Beschreibung des Felsens vor. Den Felsbogen erklärt er mit „Auswaschung und Erschütterung“, nimmt aber auch Bezug auf den Volksglauben, hier sei der Eingang einer Hünen-Burg gewesen. Das Nießen der Riesen habe man meilenweit in Hagen und Eilpe hören können. Die Redewendung „So wahr, als man die Hünen prusten hört“, gehe darauf zurück.
Europaweit einzigartig
Zur Durststillung sollen die Riesen ein Bein auf den Raffenberg, das andere aufs Klippchen gestellt und aus der Lenne geschlürft haben. Auch Kleibauer verweist auf die Sage vom „Fuchsschwanzhalter.“ Tatsächlich, so weiß man heute, handelt es sich bei der „Hünenpforte“ um das Portal und um die Reste einer eingestürzten Höhle. Die Lage der Höhlen, zum Teil hoch über dem Lennetal gelegen, zeigt, dass sie von Gewässern benutzt wurden, die auf einen höher gelegenen Talboden der Lenne ausgerichtet waren. In den Höhlenresten wurden Werkzeuge aus dem Jungpaläolithikum (vor 45.000 Jahren bis vor 11.700 Jahren) entdeckt. Das Felsentor der Hünenpforte ist wegen seines Alters, der Entstehung und seiner Lage in NRW einzigartig.