Wehringhausen. Ein Architekt und seine Frau Margit haben das Haus in Hagen, in dem Emil Schumacher lebte und arbeitete, gekauft. Tag der offenen Hinterhöfe.

Ein sommerlich warmer Sonntagmorgen und das, obwohl eigentlich schon Herbst ist. Langsam erwacht die Lange Straße in Hagen-Wehringhausen zum Leben. Erste Autos sind unterwegs, und die Brötchen sind allmählich ausverkauft in der Bäckerei.

Nebenan wird ein Ständer mit Flyern aus einer unscheinbaren Hofzufahrt geschoben, eine Gruppe interessierter Menschen wartet auf dem Gehweg. Mit dem Leuten der Kirchenglocken ist es dann fast so weit. Am Sonntag um 11 Uhr öffnen sich private Türen und Tore der Wehringhauser für die neugierigen Blicke der Besucher von nah und fern und bieten einen Einblick in das sonst verborgene Leben der Viertelbewohner: der Tag der offenen Hinterhöfe.

Über dem Eingang der Zufahrt hängt ein blaues Schild: „Erzählcafé“. Das große weiße Tor ist geöffnet und lädt zum Nähertreten ein. Im Hinterhof verbirgt sich eine grüne Oase. Pflanzen mit weißen Blüten ranken sich entlang der Mauern, gepolsterte Stühle und mit weißen Decken geschmückte Tische laden zum Verweilen ein.

Ein ehrenamtlich geführter Verein

Das seit 1996 ehrenamtlich geführte „Erzählcafé“ in der Lange Straße 30 ist auch dieses Jahr wieder der erste Anlaufpunkt der „Hinterhöfetour“ durch den Stadtteil. „Wir sind schon immer dabei“, erzählt Heike Benninghaus, ehrenamtliches Mitglied des „Erzählcafés“.

Das „Erzählcafé“ in dem ehemaligen Backhaus ist ein ehrenamtlich geführter Verein. Und ins Erzählen kommen die Besucher schnell. Genüsslich mit Kaffee und Kuchen werden Geschichten aus dem Leben und der Vergangenheit erzählt. Die Besucher bewundern den schön hergerichteten Hinterhof und die Bildausstellung im Innenraum der ehemaligen Backstube.

Nicole Zargus und Konstantin Friedrich betreuen den Hinterhof in der Roonstraße 16 und 18.
Nicole Zargus und Konstantin Friedrich betreuen den Hinterhof in der Roonstraße 16 und 18. © WP | Michael Kleinrensing

„Der Tag der offenen Hinterhöfe wertet das sonst auch oft zu Unrecht schlecht gemachte Wehringhausen auf“, berichtet die Wehringhausenerin Heike Benninghaus: „Es ist ein wunderschönes, vielseitiges Viertel, in dem ich mich einfach wohl fühle.“

Wie vielseitig Wehringhausen ist, wird auch mit Blick auf den Flyer deutlich, auf dem die Stationen aufgeführt und kurz beschrieben werden. Über 30 Punkte warten auf neugierige Besucher, darunter nicht nur Hinterhöfe der Anwohner, sondern auch von Kulturstätten, Vereinen, Läden und historischen Orten.

Versteckte Schönheiten

Mit Jürgen Quass-Meurer hat die mehr als 30-köpfige Gruppe einen „Reiseführer“, der informativ durch das Viertel führt. Einer der schönen Gärten ist der von Familie Bauer in der Augustastraße 54, der hinter einem eisernen Tor liegt. Kinder naschen von den lila Trauben, andere bestaunen die üppig wachsenden Tomaten oder erkundigen sich nach bestimmten Pflanzen. „Wir wohnen jetzt schon seit 42 Jahren hier“, sagt die Besitzerin, die Wein und frische Waffeln anbietet.

Besonderes Highlight: Hinterhof von Emil Schumacher

Ein besonderes Highlight für die Hagener ist der ehemalige Hinterhof des berühmten Hagener Malers Emil Schumacher. Vor etwa einem halben Jahr haben der Architekt Andreas Lalla und seine Frau Margit das Haus, in dem Schumacher lebte und arbeitete, der Stiftung abgekauft. In dem alten Gebäude sollen nun ein Architekturbüro und eine psychologische Praxis entstehen. „Wir werden das Gebäude respektvoll umbauen“, betont Andres Lalla: „Wir arbeiten mit neuen und alten Materialien, um den Charakter des Hauses aufrecht zu erhalten.“

Der Hinterhof des Erzählcafés Altes Backhaus.
Der Hinterhof des Erzählcafés Altes Backhaus. © WP | Michael Kleinrensing

Vieles an dem teilweise über 200 Jahre alten Haus ist noch erhalten. Betreten wird es durch die alte, hölzerne Tür. In den Keller und ins Obergeschoss führt eine schmale, steile Treppe aus der Vergangenheit. „An diese Treppe kann ich mich noch gut erinnern“ erzählt Gabriele Häusler: „Ich hatte 37 Jahre lang ein Reformhaus und habe Herrn Schumacher beliefert. Da mussten wir die Treppe hoch, ins Atelier durfte ich aber nie.“

Das Atelier solle weitestgehend erhalten bleiben, versichert Andreas Lalla. „Der Boden wird mit Glas überdeckt, damit die Farbflecken und Pigmentreste der berühmten blauen Farbe nicht verloren gehen. Das Atelier soll erhalten bleiben, es soll aber auch kein Mausoleum werden.“

Er sei überrascht von dem großen Andrang: „Es ist uns eine Herzensangelegenheit, den Hagenern einen kleinen Einblick gewähren zu können.“ Der Tag der offenen Hinterhöfe sei dafür wie gemacht. „Es kommen sehr viele Menschen und erzählen über die Verbindungen, die sie zu Schumacher Maler hatten.“