Hagen. . Nach drei Jahren im Ruhestand eröffnete Magret Obendiek ein Erzählcafé. Bald wurde aus dem Cafe ein Treffpunkt für den ganzen Stadtteil. Nun ist die Mutter des Erzählcafés gestorben. Doch ihr Traum lebt weiter.

Mancher Ruheständler erfüllt sich in den ersten Monaten oder Jahren der Rente einen lang gehegten Lebenstraum: einen Mercedes, die Ferienwohnung an der See, die Weltreise. Mancher krempelt dann aber noch mal so richtig die Ärmel hoch. Margret Obendiek zum Beispiel. Sie war gerade drei Jahre im Ruhestand, als sie 1995 das Erzählcafé an der Lange Straße 30 in Wehringhausen eröffnete. Mit Kaffee, Kuchen und Speisen aus ihrer eigenen Küche. Handarbeit, die sie im Hinterhof ihres Wohngebäudes unters Volk brachte. Viel Handarbeit.

Aus dem kleinen Erzählcafé wurde ein Treffpunkt für den ganzen Stadtteil. Schon seit den ersten Tagen arbeitete Obendiek mit der Volkshochschule in Hagen zusammen, um ein Programm auf die Beine zu stellen, das nicht nur unterhält, sondern auch informiert. Jahrelang hatte Obendiek als Altenpflegerin geschuftet, nun hieß es: backen, kochen, organisieren, telefonieren, Hacken ablaufen, richtig reinhängen. Wie schrieb schon Mark Twain? Arbeit ist nur das, was du gezwungen bist, zu tun. Tust du es freiwillig, wird es zum Vergnügen.

"Kulturell machen wir weiter"

Vor über einem Jahr schlug dann eine schwere Krankheit zu und machte es Margret Obendiek unmöglich, ihren Lebenstraum weiter zu träumen. Es sollte ihr nicht vergönnt sein. Vor Tagen starb Margret Obendiek, doch ihr Café, ihr Traum, es lebt weiter.

Dass dem so ist, hat Wehringhausen vor allem Eva-Maria Schäfer zu verdanken, heute erste Vorsitzende des Erzählcafé-Vereins. „Der Verein ist derselbe geblieben“, sagt sie, auch wenn der Mittagstisch nun nicht mehr ganz so üppige Auswahl bietet. „Kulturell machen wir weiter, wie es bisher war, auch die Kooperation mit der Volkshochschule bleibt.“

Die pensionierte Lehrerin Schäfer war schon seit Mitte der 90er-Jahre Gast im Erzählcafé. Als die Krankheit Margret Obendieks Engagement unmöglich machte, sprang Eva-Maria Schäfer in die Bresche. „Wenn man nichts tut, ist das nicht gut“, sagt Schäfer, die in ihrem Ruhestand auch vom Virus des Erzählcafés erwischt wurde. Zusammen mit weiteren Mitstreiterinnen gelang es ihr, das Erzählcafé zu retten.

Im Unruhestand

Mit Birgit Hermann zum Beispiel. Die zweite Vorsitzende stand Margret Obendiek sehr nahe. „Sie war eine Macherin“, erinnert sich Hermann, „sie hatte ihr Leben lang davon geträumt, ein Café zu eröffnen.“ Hermann erinnert sich, dass Obendiek in der ersten Etage der Lange Straße 30 wohnte, als unten im Hinterhof eine Initiative auszog und Platz für das Café schuf. Von der ersten Etage bis in den Hinterhof war es nicht weit für die vielen Kuchen und Speisen, die Obendiek backte und kochte.

„Kaffee, Kuchen, Mittagessen, alles hat sie selbst organisiert. Für mich war sie eine Ratgeberin in allen Lebenslagen, Margret hat mich mit ihren wundervollen Ideen angesteckt, für mich war sie durch ihre Aktivität ein sehr, sehr großes Vorbild. Für sie war der Ruhestand ein Unruhestand, sie war die Seele der ganzen Sache.“

Widerstand gegen Nazis

Schon am Freitag, 25. Mai, öffnet das Erzählcafé „Altes Backhaus“ wieder seine Pforten. Thema der Veranstaltung: „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Der Historiker Jörg Fritzsche gibt einen Überblick über die verschiedenen Gruppen und Arten des Widerstandes gegen das Nazi-Regime. Denn was viele nicht wissen: Mit dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 und mit der Weißen Rose ist es nicht getan. Zeitzeugen sind eingeladen, aus ihren Erinnerungen zu berichten. Der Eintritt ist frei, Platzreservierungen unter 02331/ 207 36 22.