Hohenlimburg. Der Hohenlimburger Kai Westerhoff hat Long Covid – und stellt sich der kaum erforschten Erkrankung. Langsam kämpft er sich zurück in den Alltag

Lange hat Kai Westerhoff gewartet, bis er zum Arzt ging. Ende Januar hatte er sich mit Corona infiziert, doch erst im Mai suchte er fachliche Hilfe. Denn auch wenn ein Corona-Test nach elf Tagen bescheinigte, dass er wieder negativ war – überstanden hatte sein Körper das Virus noch nicht. Im Gegenteil. Kai Westerhoff hat das, was als „Long Covid“ bezeichnet wird. Ursachen und langfris­tige Folgen für das Gesundheitssystem sind bislang unklar. Die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen, es fehlen effiziente Testmethoden, um Long Covid bei Patienten nachzuweisen und die Schwere zu ermitteln. Das Ergebnis: Unsicherheit.

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Krankheitsverläufe verschieden

Die hat auch Kai Westerhoff gespürt. „Wen sollte ich dazu fragen? Wenn ich Leute in meinem Umfeld frage, die selbst Corona hatten – sie könnten doch einen ganz anderen Verlauf haben als ich.“ Jeder Körper reagiert anders auf das Corona-Virus. Seine persönliche Erfahrung begann mit der Infektion im Januar. Wann und wo er sich infiziert haben könnte – Kai Westerhoff zuckt die Schultern. Vielleicht beim Einkauf? Vielleicht beim Tanken? „Wir hatten in dieser Zeit bewusst unsere Kontakte eingeschränkt.“

Sportlich unterwegs

Jedenfalls ist Kai Westerhoff eigentlich ein sportlicher Typ. Der 51-Jährige fährt gerne Rad und hat noch wenige Wochen vor seiner Infektion einen Tauchgang in der Sorpe unternommen. Genauer: kurz nach Weihnachten vergangenen Jahres, bei 4 Grad Wassertemperatur. Es folgte eine Erkältung. Anfang Januar dann die dritte Impfung gegen das Corona-Virus. Ende Januar war sein Test positiv. Vielleicht traf Covid da auf ein Immunsystem, das zu dieser Zeit noch geschwächt war. „Ich denke, dass die Erkrankung im Dezember zu dicht mit dem Tauchgang beieinander lag“, sagt Westerhoff rückblickend.

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Corona wirkte nach

In jedem Fall war er dann Ende Januar elf Tage lang positiv, „davon hatte ich einen Abend Fieber und Schüttelfrost.“ Dazu kam schwerer Husten. Als der Test längst wieder negativ war, sollte er dann aber Symptome bemerken, die er an sich in den Monaten und Jahren zuvor nie bemerkt hatte. Wie etwa die Müdigkeit. Vor der Erkrankung habe er 6 bis 7 Stunden geschlafen – nun waren es 9 bis 9,5 Stunden. „Nach dem Aufstehen hatte ich dann immer das Gefühl, ich könnte mich noch eine Stunde hinlegen. Es gab gar keinen Erholungseffekt.“

Atemnot beim Radfahren

Hinzu kam die Atemnot, die er etwa beim Radfahren gespürt hat oder beim Tragen der Getränkekisten die Stockwerke hoch in die Wohnung. Zudem fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren, sowohl bei der Arbeit als auch privat. „Ich lese gerne, aber nach drei Seiten war ich fertig und hatte teils schon vergessen, was ich auf den Seiten davor gelesen hatte. Das war für mich erschreckend.“ Auch der Appetit änderte sich und seine Frau habe bemerkt, dass er viel schneller gereizt war als früher. Mit der Zeit gebessert haben sich diese Befunde nicht. „Für mich war das keine Lebensqualität mehr. Ich wusste ja, wie es früher war.“

57 Prozent Lungenvolumen

Und da wollte er körperlich wieder hin. Im Mai, vier Monate nach seiner Corona-Infektion, ging er zum Facharzt. Eine Lungenfachklinik in Dortmund sollte ihm bescheinigen, dass sein Lungenvolumen nur noch 57 Prozent betrug. Er begab sich daneben auch in private Behandlung, bekommt etwa eine Sauerstoff-Therapie in der Praxis von Elfriede Leniger-Follert in Hagen.

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„Signale nicht verdrängen“

Heute, nach drei Monaten in Behandlung, kann er sagen: Es geht aufwärts. Das Lungenvolumen liege bei 84 Prozent, er fährt wieder Rad, schläft wie früher und fühlt sich morgens auch wieder ausgeruht. Aus der eigenen Erfahrung heraus will er appellieren, die Signale des eigenen Körpers nicht zu verdrängen.

Unterstützung holen

„Ich kann anderen Betroffenen nur raten, nicht wie ich erst vier Monate zu warten, in der Hoffnung, dass es besser wird.“ Man solle sich Hilfe holen und dabei auch Meinungen verschiedener Experten einholen – das zumindest führte bei ihm zum Erfolg. Der erste Tauchgang ist auch schon gebucht, für einen Urlaub im September. Nach neun Monaten Pause.

Der Respekt vor dem Virus ist angesichts seiner Erfahrung geblieben. Demnächst steht ein Konzert an, das er besuchen will. „Da werde ich definitiv Maske tragen. Es geht mir um Selbstschutz – und da muss jeder wissen, was er tut.“