Hagen. Das Theater Hagen liefert mit „Heroes“ den dritten Teil einer Rockshow. Was das Stück besonders macht und warum es nicht das letzte sein darf.
Am Ende bleibt ein Trost. Ein Trost, der nötig ist, weil das Ende eines Abends eben ein Ende ist. Weil sie sich nicht mehr hebt, diese Wand, die wie von Geisterhand von der Decke gefallen ist und die Publikum und das Team vom Stadttheater Hagen trennt. Der nötig ist, weil nun niemand mehr aus dem Schatten der Kulisse nach vorne tritt, um einem weiteren wunderbaren Lied auf eine beeindruckende Art neues Leben einzuhauchen. Kein Tänzer, kein Musiker und auch kein Sänger.
Am Ende von „Heroes“, der dritten und gleichzeitig aufwendigsten Rockshow der letzten Spielzeiten, bleibt ein Trost: Es gibt noch so viele Rocksongs, so viele harte Gitarrenstücke, so viele anmutige Balladen, so viele einzigartige Werke, dass es doch irgendwie eine Schande wäre, wenn nun endgültig Schluss wäre. Es braucht eine Fortsetzung. Die Geschichte, wohlausgewählte Rocksongs unter einem Motto auf eine Theaterbühne zu bringen – mit wummernden Bässen, mit Schlagzeug, mit E-Gitarre, mit Chor und mit Orchester und mit drei Solosängern, die zweieinviertel Stunden Konzert zu einem bewegenden Erlebnis machen – läuft sich nicht tot.
Party pur bei der Premiere
Das Publikum steht. Das gehört sich irgendwie auch so am Ende eines Bühnenstücks, weil es ganz gleich, wie es gefallen hat, doch zu honorieren gilt, was die Protagonisten geboten haben. Das Publikum steht bei Heroes aber nicht am Ende einer Show. Es steht nach wenigen Liedern mittendrin, will sich gar nicht mehr setzen, will feiern, tanzen, klatschen, singen. Party pur auch bei einer Premiere, die in Teilen besucht wird von älteren Gästen des Hauses, die sämtlich Erstaufführungen in ihrem Abo haben.
Hagen- Publikum feiert Premiere von Rock-Show Heroes
Abgesehen aber von der Dame in Reihe zwei, die sich mit Beharrlichkeit die Zeigefinger in die Ohrmuscheln drückt, und jener Frau, die sich schon vor dem Einlass sicherheitshalber nach Ohrstöpseln erkundigt hat, scheinen die äußeren Umstände – Rockmusik muss laut sein, egal ob im ausverkauften Stadion oder auf einer Theaterbühne – niemanden zu irritieren. Boxen vibrieren, Stuhlreihen vibrieren und das überträgt sich auf die Körper jener, die da stehen.
Mehr als ein Konzert
Wen gilt es also hervorzuheben auf der anderen Seite, auf der Bühne? Die Solisten – Vanessa Henning bei ihrem dritten Heimspiel zum Beispiel. Eine kleine Frau voller Energie, die einst in der Casting-Show SSDSGPS von Stefan Raab erst im Finale ausgeschieden war und beinahe Deutschland hätte beim Eurovision Songcontest vertreten können. Oder Patrick Sühl, dessen Gitarrensoli und schier unendlichen Schreie in das Mikrofon die Menschen aus den Theatersesseln reißen und bei alledem ebenso unverständlich wie melodisch klingen. Oder Hannes Staffler, ein junger Mann aus Südtirol, ausgebildet zwischen Musical und Rock, mit einer breiten Varianz in einer leicht rauchigen Stimme.
Doch diese Show nach dem Konzept von Intendant Francis Hüsers ist mehr als ein Konzert. Sie funktioniert nicht nur weil drei hervorragende Sänger an den Mikrofonen stehen. Es braucht eine musikalische Leitung (Andreas Reukauf), jemanden, der für die Inszenierung verantwortliche zeichnet (Thilo Borowczak), für eine durchgeplante Choreo, die Freiräumen trotzdem zulässt (Ricardo de Nigris).
Gelungenes Entertainment
Es braucht eine sich ständig drehende Bühne mit Keyboard und einem sich ebenfalls drehenden Schlagzeug in der Mitte sowie Kostüme, die Inhalte unterstreichen (Lena Bittendorf). Es braucht Sänger im Hintergrund, Tänzer und Profi-Musiker, die diese Idee mit Leben füllen und unterschiedlichste Songs (u.a. Mad World, Helter Skelter, Because the Night, Smells Like Teen Spirit oder English Man in New York) zu einem großen Ganzen werden lassen.
„Let me entertain you“ von Robbie Williams ist der letzte Song an diesem Abend. Eine schlichte Botschaft am Ende einer in Teilen durchaus tiefgründigen Show, die die Zuschauerinnen mit Herzchen-Luftballons verlassen und die in eine riesige Kissenschlacht ausartet. „Lasst mich euch unterhalten“ – ja, mag man da nur sagen, das ist in den Stunden zuvor auf eine wundersame Art und Weise gelungen.
Weitere Aufführungen folgen
Und dann bleibt da dieser Trost: Dass es für alle, die von dieser Show noch nicht genug haben, weitere Aufführungen gibt. Und dass es noch so viele Rock-Stücke gibt, dass es doch eine Schande wäre, wenn nach der dritten Show endgültig Schluss wäre.