Hagen. Die ukrainische Journalistin Iryna Hornieva lebt seit fast drei Monaten in Hagen. Und verbringt reichlich Zeit mit Papierkram. Eine Glosse.
Es ist wohl kein Geheimnis, dass die meisten Ukrainer in Hagen keine feste Anstellung haben. Die Folge: Zumindest zu Beginn meiner Zeit in Deutschland hatte ich reichlich Freizeit. Ich gestehe: Meine Kinder und ich nutzten die freie Fahrt mit Zügen und Bussen und reisten oft durch die Stadt und über deren Grenzen hinaus. Wir haben viele Museen besucht, denn fast alle nicht-privaten Museen sind mit einem ukrainischen Pass kostenlos zu besuchen.
Die nächste Runde waren Sportveranstaltungen und Konzerte. Wir unterstützten (und unterstützen) VfL Eintracht-Hagen. Wir besuchten ein Benefizspiel von Dynamo-Spielern in Dortmund und ein Konzert von Max Barsky.
Ein gründliches Land
Schon nach einem nach einem Monat habe ich so verinnerlicht, wie interessant, vielfältig und vor allem wie gründlich dieses Land ist. Was ich noch nicht ahnte, ist, was diese deutsche Gründlichkeit für Blüten treiben würde.
Wir leben jetzt seit fast drei Monaten in Deutschland, und es scheint, dass wir fester Teil des Systems geworden sind. Wieso? Antwort: Mein Tag beginnt und endet mit Papieren. Immerhin – mein Leben und meine Tage sind bereits im Voraus geplant. Manchmal weiß ich dank der Papiere sogar, was in einem Monat oder sechs Monaten passieren wird. Ich habe gelernt, dass es Sinn macht, schon morgens Fragen zu stellen, weil in Behörden nachmittags fast niemand arbeitet. Ich warte auf Fristen, versuche Dokumente rechtzeitig einzureichen, lerne noch an einer Sprachschule – und arbeite trotzdem weiter für die Zeitung.
Der ständige Kampf mit den Papieren
Habe ich Freizeit? Keine Ahnung. Jedenfalls habe ich angefangen, die Stunden im Bus auf dem Weg von einem Ort zum anderen „frei“ zu nennen. Ich nutze freie Tage für Ausflüge und Arbeitstage für die Arbeit. Und wenn es keine Arbeit gibt, dann für all die Papiere, die ich noch ausfüllen muss.