Die ukrainische Journalistin Iryna Hornieva flüchtete nach Hagen und schreibt über das Ankommen. Heute: Wie sie Zugfahren in Deutschland erlebt
Ich bin mir sicher, dass sich keiner der Ukrainer, die wegen des Krieges zur Flucht nach Deutschland gezwungen waren, als Tourist in diesem gastfreundlichen Land fühlt. Trotzdem haben wir – ohne Übertreibung – ein „All-Inclusive“-Paket von der Deutschen Bahn erhalten. Heißt: Die Fahrt mit allen Zügen durch Deutschland und sogar ins Ausland ist für Ukrainer kostenlos. Genauer gesagt, vorbehaltlich der Vorlage eines ukrainischen Passes.
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Halteknopf drücken
Was ich lernen musste: Das Zug- und Busfahren läuft hier anders. Anders als in der Ukraine halten die Busse hier nicht an jeder Haltestelle. Wer aussteigen will, drückt vorher die „Stopp“-Taste. Doch weil in der Ukraine noch viele gebrauchte und alte Busse fahren, sind die meisten Ukrainer daran gewöhnt, dass Halteknöpfe nicht funktionieren. Und selbst wenn sie funktionieren, ist es nicht gewünscht zu drücken. Denn der Fahrer hält sowieso an jeder Haltestelle und ist nur genervt, wenn er jedes Mal ein Signal bekommt, doch bitte beim nächsten Stop zu halten.
Toilette immer nutzbar
Und auch beim Zugfahren gibt es Unterschiede: Um an den Haltestellen die Türen zu öffnen, muss man in Deutschland eine Taste drücken, diesmal an der Tür selbst. Neu für mich war auch, dass man die Toilette in Zügen sowohl während der Fahrt als auch an der Haltestelle nutzen kann. In der Ukraine werden die Toiletten zehn Minuten vor und nach dem Halt in einer Stadt geschlossen. Der Grund: Viele Züge haben noch Toiletten, in denen das „Geschäft“ direkt unten auf die Gleise fällt. Und um die Haltestellen sauber zu halten, bleiben die Toiletten in diesen Bereichen zu.
Waggons werden getrennt
Eine weitere Nuance, die für mich während der Fahrt in deutschen Zügen neu war: Ich kannte es nicht, dass die Waggons an Bahnhöfen manchmal getrennt werden und in verschiedene Richtungen weiterfahren. Für Ukrainer, die die Sprache nicht versteht, sorgt das für Irritationen. Denn die Ansagen im Zug sind nur auf Deutsch. Ich habe in dem Fall die Reaktion anderer Passagiere beobachtet. Sie hasten zum nächsten Waggon. Die gute Nachricht für Ukrainer: Diese Wechsel sind selten. Zumindest sind sie mir nur zweimal begegnet.
Wöchentliche Kolumne
Über das Ankommen in Deutschland, ihre Erlebnisse und die Hürden, vor die Geflüchtete aus der Ukraine stoßen, wird Iryna Hornieva regelmäßig berichten. Alle Texte erscheinen auf deutsch und ukrainisch unter wp.de/ankommen.