Hagen. Nebenzeiten in der Produktion zu reduzieren erhöht die Effizienz – ein Hagener liefert dazu neue Ideen für das Unternehmen. Die Hintergründe.

So genannte Nebenzeiten sind für ein Industrieunternehmen unproduktiv. In diesen Phasen wird ablaufbedingt nichts produziert. Nebenzeiten im Produktionsprozess zu reduzieren, rechnet sich also und erhöht damit die Effizienz der Produktion. Daniel Jürck aus Hagen, Absolvent der Fertigungstechnik an der Fachhochschule Südwestfalen, hat sich in seiner Bachelor-Arbeit genau mit diesem Themenfeld beschäftigt. Untersuchungsobjekt war der Beizprozess bei der Firma Waelzholz in Hagen.

Vor Ort bestand der junge Mann nun auch sein Kolloquium, und das Unternehmen hat ihn daraufhin prompt eingestellt. Somit ist seinem Betreuer Prof. Dr. Klaus-Michael Mende von der FH Südwestfalen über seine Verbindung zum Märkischen Arbeitgeberverband (MAV) erneut eine praxisorientierte Kooperation mit einem Unternehmen aus der Region gelungen, von dem alle Seiten profitieren.

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Effiziente Produktion als Ziel

Gestiegene Stromkosten, Anforderungen aufgrund des Klimaschutzes, steigende Stahlpreise – die aktuelle Entwicklung auf dem Weltmarkt zwingt die heimische Industrie einmal mehr dazu, eine effiziente Produktion anzustreben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zeiten, in denen Maschinen nichts produzieren, aber trotzdem Strom und weitere Ressourcen verbrauchen, sollen vermieden werden. Als solche Nebenzeiten bezeichnen Fachleute vor- und nachgelagerte Tätigkeiten außerhalb des eigentlichen Produktionsprozesses, in denen die Maschinen aufgrund des Arbeitsablaufes stillstehen.

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Waelzholz in Hagen: Industrieroboter als Idee

Daniel Jürck hat sich bei Waelzholz mit den Nebenzeiten während des Beizprozesses beschäftigt, also bei der maschinellen Behandlung von Oberflächen von Stahlbändern mithilfe von Beizanlagen. Der Beizprozess stellt einen wichtigen Produktionsschritt bei der Herstellung kaltgewalzter Stahlbänder dar. Zweck ist es, den durch das Warmwalzen entstandenen festen Abbrand, den sogenannten Zunder, chemisch zu entfernen.

Vor dem Beizprozess müssen die Verpackungsbänder der Coils, also der aufgewickelten Stahlbänder, auf einer Haspel geöffnet werden. Jürck schlägt vor, dies nicht mehr von Hand zu erledigen, sondern es einem Industrieroboter, einem so genannten „Destrapper“, zu überlassen. Mit zusätzlicher Kameraunterstützung soll der gesamte Prozess von Mitarbeitern aus dem Steuerstand der Beizanlage betrachtet werden. Überflüssige Wegstrecken entfallen so, die Mitarbeiter müssen nicht mehr direkt an der Maschine nach dem Rechten schauen. Dies sind nur einige von weiteren Verbesserungen.

Bis zu 200 Tonnen mehr Material mehr pro Tag

Die so erzielten Zeiteinsparungen summieren sich. Der Anteil der Nebenzeiten am Produktionsprozess sinkt um bis zu 11 Prozentpunkte, dafür kann dementsprechend mehr produziert werden. Rein rechnerisch könnten so bei Waelzholz bis zu 200 Tonnen Material mehr pro Tag im Bereich der Bandbeizanlagen, allein durch Reduzierung unproduktiver Nebenzeiten, entstehen.

Die Optimierungsvorschläge des Studenten stießen bei Betriebsleiter Daniel Sturm auf großes Interesse. Jedes Jahr fertigt die Waelzholz Gruppe an Produktionsstandorten in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien rund 780.000 Tonnen kaltgewalzte Stahlbänder und -profile. Jürcks Anregungen werden nun in den Fertigungsprozess des Technologieführers integriert und zukünftig in Hagen umgesetzt.