Hagen. 50-mal soll er auf den Kopf eines Schmuckhändlers aus Hagen-Haspe eingeschlagen haben. Vor Gericht hatte der 35-jährige Angeklagte Zahnschmerzen.

Er soll mehr als 50-mal mit dem Knauf seiner Pistole auf den Kopf des Juweliers wuchtig eingeschlagen haben. Der Schmuckhändler aus Hagen-Haspe wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Doch gestern jammerte der angeklagte Gold-Räuber (35) vor dem Landgericht über starke Zahnschmerzen – und brachte damit den Prozessauftakt zum Platzen.

Der äußerst gewalttätige Raubüberfall im Herbst hatte für große Aufmerksamkeit und viel Gesprächsstoff in der Bevölkerung gesorgt. Da war zum einen die unvorstellbare Brutalität, mit der der Täter vorging. Und zum anderen die Dreistigkeit seiner mitangeklagten Ehefrau (26), die mit ihrem drei Monate alten Baby direkt vor dem Juweliergeschäft Schmiere stand.

Minutenlanger, blutiger Kampf

Rückblende auf den 28. Oktober: Um 12.58 Uhr betritt der Angeklagte das türkische Juweliergeschäft „Diamant“ an der Berliner Straße, hält eine mitgeführte PTB-Waffe hoch und versucht den Geschäftsinhaber (57) zu fesseln. Als dieser Gegenwehr leistet, kommt es zu einem minutenlangen, blutigen Kampf im Verkaufsraum. Die Räuber-Gattin wartet derweil geduldig draußen, dem Tatort ihren Rücken zugekehrt. Mit dem Kinderwagen versperrt sie den Eingang zum Juweliergeschäft.

Von dem Gewalt-Exzess nur wenige Schritte hinter sich will sie nichts mitbekommen haben: Wie ihr Ehemann mit dem Griff seiner Pistole immer und immer wieder auf den Kopf des Juweliers einhämmert. Mindestens 50-mal, davon geht die Anklage genauso aus wie von einem gemeinsamen Tatplan des Ehepaares und einem gemeinschaftlich begangenen besonders schweren Raub.

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Blutüberströmt und sichtlich stark angeschlagen wird der Geschäftsmann vom maskierten Räuber noch aufgefordert, in den hinteren Büroraum zu gehen.

Dann stopft der mit Mütze, Schal und Handschuhen getarnte Täter einige Schmuckstücke und Goldketten in seinen mitgebrachten Rucksack und verschwindet mit Frau, Baby und Kinderwagen vor den Augen zahlreicher Passanten.

Was das Pärchen mit Kind bei seiner Flucht aber nicht ahnt: Das Wettbüro, vor dem ihr Wagen abgestellt wurde, wird videoüberwacht. Es dauert nur wenige Stunden, dann haben die Ermittler das Kennzeichen zugeordnet und die Kripo steht bei dem Paar vor der Tür: Festnahme.

Seit fast sechs Monaten sitzt der angeklagte Ehemann in Untersuchungshaft, seine mitangeklagte Frau wurde nach 12 Tagen U-Haft wieder auf freien Fuß gelassen, auch, damit sich die Mutter um ihre drei kleinen Kinder kümmern kann.

Der misshandelte Juwelier hat beim Überfall einen Bruch des Schädeldachs erlitten, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Fraktur des Nasenbeins und zahlreiche Prellungen. Er kämpft bis heute körperlich und seelisch mit den Folgen der Tat.

Tür bleibt abgeschlossen

Mittlerweile steht er zwar wieder selbst im Geschäft, lässt aber die Tür abgeschlossen und Kunden nur noch einzeln herein. Ein Angebot der beiden Angeklagten, 5000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen, hat er abgelehnt. Der erste Prozesstag am Montag kam über das Verlesen der Anklageschrift nicht hinaus: Den angeklagten Räuber plagten heftige Zahnschmerzen, die in der JVA Hagen bisher nicht behandelt werden konnten, weil dort kein Dentist zur Verfügung steht. Deshalb wurde die Verhandlung bis Donnerstag nächster Woche unterbrochen. In der Zwischenzeit soll der Angeklagte einem Zahnarzt vorgeführt werden.