Hagen-Mitte. Das sind die Maßnahmen, die ein Team von Wissenschaftlern für das Hagener Bahnhofsviertel vorschlägt, um es zu verändern und zu verbessern.
Woran es wirklich hakt im Hagener Bahnhofsviertel, das hat ein Forschungsteam der Bergischen Universität Wuppertal nun deutlich benannt und Handlungsempfehlungen mit auf den Weg gegeben. Die Redaktion gibt einen Überblick über die Problemlagen und die Handlungsempfehlungen. Völlig unklar bleibt derweil, ob die wissenschaftliche Begleitung der Forscher weitergeht und wer sich den Hut für die Umsetzung von Maßnahmen aufsetzt.
Die Problemlagen
Vernachlässigter Stadtraum: Es entstehen schwere Imageprobleme, weil das Quartier als benachteiligt zu betrachten ist. Die Bausubstanz ist an vielen Stellen marode, es gibt eine viel zu intensive Verkehrsnutzung durch den Graf-von-Galen-Ring und eine einseitige Nutzung des Bahnhofsvorplatzes durch zwei Gruppen: Dealer und Trinker. Letztere fallen gar nicht durch Straftaten auf, stören das Bild aber durch ihre heruntergekommene Optik und ihr Verhalten.
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Ressourcen-Knappheit: Es gibt keine Streetwork-Angebote im Viertel. Und keine weiteren Hilfsangebote. Auch keine dauerhafte Präsenz von Sicherheitsakteuren wie Polizei und Ordnungsdienst. Einen Drogenkonsumraum – umgangssprachlich „Fixerstube“ – sucht man vergebens.
Leerstand: Viele Ladenlokale sind leer. Es gibt eine einseitige gewerbliche Nutzung. Imbissbude reiht sich an Spielhalle und an Kioske. Der Berliner Platz ist zu breit, zu verbaut und wirkt störend wie ein Präsentierteller. Die Wasserspiele werden von der Mehrheitsgesellschaft nicht wahrgenommen, weil sie sich nicht hier aufhält. Begrünung fehlt komplett – eine Bausünde.
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Beleuchtung: Die Beleuchtung geht zu spät an. Die Orientierung im Viertel ist mangelhaft. Das schlechte Beleuchtungskonzept sorgt für negativen Einfluss auf die subjektive Sicherheit.
Verschmutzung: Sperrmüll in den meisten Hauseingängen. Der illegale Sperrmüll-Ablageplatz an der Wehrstraße ist durch gelerntes Müllverhalten und Tolerieren außer Kontrolle geraten. Es mangelt an sozialer Kontrolle mit Blick auf verschmutzte Beete und andere Punkte.
Die Empfehlungen
„Das Projekt Walk safe“: Als ein Vorschlag kann dieses Format das Sicherheitsgefühl erhöhen. Das Viertel wird einer Sicherheitsbegehung bei Dunkelheit unterzogen. Darüber hinaus kann es Begleitservice, Aussteigerservice an Bussen oder Frauen-Nachttaxis geben. Die Beleuchtung im Viertel muss früher eingestellt werden und ausgebaut werden.
Vielfältigere Nutzungsgruppen: Es muss aufsuchende Sozialarbeit im Viertel angeboten werden. Alternative Aufenthaltsorte müssen entstehen und der Ordnungsdienst muss mehr Präsenz zeigen. Das Projekt „6 legal plains“ aus Dresden kann als Anregung dienen, wie mit Graffiti-Sprühflächen umzugehen ist. Nämlich so, dass man Wände legal für die örtliche Künstlerszene zur Verfügung stellt.
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Stadtfeste und Events: Der Berliner Platz muss zur Nutzfläche werden. Ein Café – auch ansteuerbar für Suchtkranke nach Vorbild des Café Cosa in Wuppertal – könnte entstehen. Ein Wochenmarkt kann auf den Platz verlegt werden. Genau wie Aktionen der lokalen Künstlerszene.
Ganzheitlicher städtebaulicher Ansatz: Die Wegebeziehungen im Viertel müssen verändert werden, genau wie die Einsehbarkeit von Straßen und Plätzen. Eine Verbindung zur „Westside“ hinter dem Bahnhof muss her. Hemmende Faktoren wie Lautstärke und Dunkelheit müssen beseitigt werden.
Geteilte Sicherheitsverantwortung: Das folgt dem Gedanken, dass nicht nur Polizei und Ordnungsdienst für die Sicherheit verantwortlich sind, sondern Anwohner, Gewerbetreibende und Platzpaten dafür sorgen, dass die soziale Kontrolle gesteigert wird.
Festgeschriebene Zuständigkeiten: Noch wichtiger als erste bauliche oder inhaltliche Umsetzungen ist für die Wissenschaftler, dass Zuständigkeiten verbindlich festgeschrieben werden. Ob es nun reicht, die Umgestaltung des Quartiers in die Hände des Arbeitskreises Innenstadt zu legen, bleibt noch fraglich. Das Gremium hat seit über zwei Jahren nicht getagt.
Baudezernent Keune: „Umbau soll in vier Jahren kommen“
Baudezernent Henning Keune erklärte während der Sicherheitskonferenz, dass der Start zu einem Integrierten Stadtentwicklungskonzept „Bahnhofsviertel“ kurz bevor stehe. „Wir werden hier Städtebauförderung beantragen“, so Keune. Das Gebiet soll zu einem Stadtumbaugebiet umgewandelt werden. Grundlage für einen politischen Beschluss dazu ist ein von der Stadt Hagen aufzustellendes städtebauliches Entwicklungskonzept. Keune: „In drei, vier Jahren wollen wir hier ins Bauen kommen und verändern.“
Auch er sprach dabei den Berliner Platz an, den man nach heutigen Maßstäben nicht mehr so konzipieren würde, wie ihn die Menschen aktuell vorfinden. „Es fehlt hier jede Aufenthaltsqualität“, so Keune.
Oberbürgermeister Erik O. Schulz zog Parallelen zwischen der stockenden Entwicklung im Bahnhofsbereich und der Altschulden-Problematik der Stadt. „Die haben ganz direkt Einfluss auf die Entwicklung am Bahnhof. Und deswegen sind wir in Hagen da auch nicht mit anderen Städten zu vergleichen“, so Schulz.