Hagen. Zum ersten Mal haben Wissenschaftler das Bahnhofsviertel in Hagen untersucht und die Probleme benannt. Eines der Probleme: der Berliner Platz.

Seit einer gefühlten Ewigkeit stochern Politik und Stadtspitze im Nebel. Dass das Hagener Bahnhofsviertel die wohl schlechteste Visitenkarte ist, die diese Stadt abgeben kann, ist lange klar. Wo genau die Gründe faktisch und eben nicht gefühlt liegen, benennt aber kaum jemand richtig. Und wo man mit irgendeiner Art von Verbesserung anfangen kann, weiß auch niemand. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es nun einen verwertbaren und wissenschaftlichen Ansatz. Denn die Hagener Politik hatte eine Forschungsgruppe der Bergischen Universität Wuppertal mit dem Blick auf das Bahnhofsviertel beauftragt. Das Ergebnis: eine Sicherheitskonferenz, die nun im Mercure-Hotel stattfand und bei der Stadtspitze, Polizei, Fachbereiche und Politik sich austauschten. Hagen hat gleich mehrere Maßnahmen ins Stammbuch geschrieben bekommen.

25. März 2022, Hagen. Bahnhofsvorplatz Berliner Platz. Sicherheitskonferenz Bahnhofsviertel (Kriminalität rund um den Bahnhof / Bahnhofsquartier) - Bergische Uni Wuppertal stellt Studie zum Bahnhofsumfeld vor.
25. März 2022, Hagen. Bahnhofsvorplatz Berliner Platz. Sicherheitskonferenz Bahnhofsviertel (Kriminalität rund um den Bahnhof / Bahnhofsquartier) - Bergische Uni Wuppertal stellt Studie zum Bahnhofsumfeld vor. © WP | Michael Kleinrensing

Im nicht weit entfernten Wuppertal hat die Arbeit der Gruppe „Kooperation Sicherheit Innenstadt/Döppersberg“ (kurz KoSID) unter der Leitung der Wissenschaftler Dr. Tim Lukas, Saskia Kretschmer und Benjamin Cooman dafür gesorgt, dass Wuppertal sein Bahnhofsquartier umgebaut und zu einem neuen, attraktiveren „Tor zur Stadt“ verwandelt hat.

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In Hagen hat das Team nun zunächst durch Begehungen und Interviews Problemlagen und Potenziale erhoben – und konkrete Verbesserungsvorschläge angestoßen. „Ganz klar ist aber: Ohne eine Risiko-Analyse und eine Sozialraum-Analyse des Viertel werden Sie in Hagen weiter im Nebel tappen“, warb Dr. Tim Lukas für eine weitere wissenschaftliche Begleitung. „Es geht in Hagen nämlich um auch jene Menschen, die das Bahnhofsviertel aus vielen Gründen nicht mehr aufsuchen. Es geht um Bedarfe.“

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Objektive Sicherheit hat sich verbessert

Es habe zuletzt auch positive Entwicklungen gegeben, fassen die Wissenschaftler zusammen. Die objektive Sicherheit habe sich verbessert. Die Zahl der Straftaten ist gesunken, nicht zuletzt auch durch den Umzug der Polizeiwache Innenstadt mitten ins Bahnhofsviertel. Der immer noch stark sichtbare Leerstand sei rückläufig, und Gastronomen hätten durch Pavillons und Außengastronomien Belebungen geschaffen.

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Allerdings fehlen drei wesentliche Dinge sehr schmerzlich aus Sicht der Wissenschaftler. 1. Es gibt seit Jahrzehnten keinen ganzheitlichen städtebaulichen Ansatz für das Bahnhofsquartier. 2. Das Thema „geteilte Sicherheitsverantwortung“ spiele hier in Hagen so gut wie keine Rolle. Und 3. Einer der wesentlichen Punkte des Quartiers, nämlich der Berliner Platz vor dem Hauptbahnhof, entpuppe sich als fehlgeplante Bausünde ohne Kontext, Zusammenhang, Belebung, Nutzungskonzept und mehr.

Unklar, ob Begleitung weitergeht

Ob die wissenschaftliche Begleitung vertieft wird, bleibt aktuell unklar. Die Stadtspitze will die weitere Bearbeitung aller Handlungsempfehlungen in den „Arbeitskreis Innenstadt“ verlegen. Der hat allerdings, wie es heißt pandemiebedingt, schon seit zwei Jahren nicht mehr getagt.