Hagen. Ein Mitarbeiter des Hagener Entsorgungsbetriebs postet eine Fotomontage des Tors von Auschwitz: Impfen macht frei. Der Fall landet vor Gericht.

Es gilt weltweit als eines der bekanntesten Fotomotive der Judenvernichtung in Deutschland: Das Tor vom Konzentrationslager Auschwitz mit dem zynischen Schriftzug „Arbeit macht frei“. Ein Müllwerker (31) vom Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) hatte das KZ-Bild öffentlich als sein Facebook-Profil gepostet und die Parole gegen „Impfen macht frei“ ausgetauscht. Der HEB mahnte ihn dafür nur ab, doch jetzt ermittelt die Staatsschutzabteilung der Polizei wegen Volksverhetzung.

Ob er ein Corona-Leugner oder ein Impf-Gegner ist, lässt sich derzeit allenfalls vermuten. In der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht konnte es nicht geklärt werden. Denn der Kläger, der eine Abmahnung seines Arbeitgebers aus der Personalakte entfernt haben will, erschien nicht selbst zum Gütetermin. Stattdessen schickte er seinen Anwalt Reiner Friedrichs und der blieb in der Sache knallhart: „In seiner Freizeit darf sich mein Mandant kritisch äußern. Ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten ist darin nicht erkennbar. Deshalb gehört diese Abmahnung ersatzlos entfernt.“

Ist Posten reine Privatsache?

Mitte Juni muss die Kammer unter Vorsitz von Richter Fabian Wißner den kontroversen Sachverhalt entscheiden: Ist das Posten auf Facebook ein „außerdienstliches Verhalten“ und somit reine Privatsache? Oder muss der Mitarbeiter eines öffentlichen Unternehmens auf das Ansehen seines Arbeitgebers besondere Rücksichten zu nehmen? Immerhin handelt es sich beim Hagener Entsorgungsbetrieb um ein Unternehmen, an dem die Stadt Hagen mehrheitlich beteiligt ist.

Seit drei Jahren ist der ledige Kläger beim HEB beschäftigt, er verdient dort 2750 Euro brutto im Monat. Jetzt könnte ihm sein leichtfertiger Umgang in den sozialen Netzwerken zum Verhängnis werden. Denn kurz vor Weihnachten, genauer am 22. Dezember um 7.35 Uhr morgens, war auf dem Facebook-Profil des HEB-Müllwerkers das Bild des Konzentrationslagers Auschwitz zu sehen.

Screenshot als Beweis vor Gericht

Der Arbeitgeber konnte einen entsprechenden Screenshot als Beweis vorlegen. Auf der geposteten Fotomontage steht in Metallbuchstaben „Impfen macht frei“ über dem Eingang, in Anspielung auf den menschenverachtenden Spruch, den die Nazis einst über die KZ-Tore schrieben. Doch für Corona-Leugner und Impfgegner, die das historische Motiv gezielt im Internet einsetzen, um damit Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu erregen, wird das jetzt zu einem echten Problem: Ist das noch innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit?

Die bayrische Strafjustiz geht inzwischen gezielt gegen solche Auswüchse vor und verfolgt die virtuelle Verbreitung unter dem Vorwurf der Holocaust-Verharmlosung (nach Paragraf 130 Absatz 3 Strafgesetzbuch). Es liegen auch schon entsprechende Urteile von Gerichten aus München und Augsburg vor.

HEB-Geschäftsführer erteilt Abmahnung

In Hagen ging es bislang glimpflicher ab: HEB-Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold erteilte dem Müllwerker lediglich eine schriftliche Abmahnung: Sein Verhalten wäre „ein grober Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten“. Der Mitarbeiter müsse „auch außerhalb der Arbeitszeit auf die öffentlichen Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht nehmen“ und dieser sei „nicht gewillt, ein derartiges Verhalten zu dulden“.

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HEB-Anwalt Gerd Pfeiffer fand drastischere Wort, spricht von einem „Abgrund an Geschmacklosigkeit“. Parallelen und Vergleiche der heutigen Politik mit dem Nationalsozialismus, die hier gezogen würden, verharmlosen den Massenmord an den Juden.

Staatsschutz der Polizei Hagen ermittelt

Inzwischen ermittelt auch die Staatsschutzabteilung der Polizei in dem Fall. „Wir werden den Sachverhalt genaustens prüfen“, so Staatsanwalt Jörn Kleimann. „Womöglich kommt der Straftatbestand der Volksverhetzung in Betracht.“