Hagen. Im zweiten Jahr hintereinander hält Hagen den Luftgrenzwert für Stickstoffdioxid ein. Damit drohen weiterhin keine Verbote für Dieselfahrer.

Die Stadt Hagen wird im zweiten Jahr hintereinander die Luftgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO²) einhalten. Darauf deuten die ersten vorliegenden Daten aus dem NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sowie die der Stadt Hagen vorliegenden Quartalsberichte aus dem Jahr 2021 hin. Damit werden die Hagener Autofahrer nach dem gerichtlichen Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sich zunächst einmal auf keine weiteren Restriktionen im Straßenverkehr einrichten müssen. „Das ist noch keine endgültige Entwarnung, aber wir bleiben optimistisch, dass die von uns umgesetzten Maßnahmen tatsächlich greifen“, ordnet Umweltdezernent Sebastian Arlt die Zahlen ein.

Breites Maßnahmenpaket

Bei den Vergleichsverhandlungen mit der Deutschen Umwelthilfe konnte ein drohendes Dieselfahrverbot für die City abgewendet werden. Wesentlicher Schlüssel war seinerzeit eine Reduzierung der Verkehrszahlen in der Finanzamtsschlucht, vorzugsweise durch eine Linksabbiegerspur-Sperrung von der Heinitzstraße in Richtung Finanzamtsschlucht.

Zudem ergreift die Stadt laut Luftreinhalteplan noch folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität: verkehrsabhängige Steuerung der Ampelanlagen durch weitere Digitalisierung, Parkraumreduzierung in der City (außer E-Autos), Stärkung des Park & Ride-Angebotes, Ausbau des ÖPNV-Netzes sowie Umrüstung der Busse.

Außerdem sollen der Ausbau des Bike & Ride-Angebotes, die Umrüstung des kommunalen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge, Ausbau der Ladeinfrastruktur (433 Ladepunkte bis 2030), Einführung von Elektro-Taxen, Aufbau eines Car-Sharing-Angebotes, systematische Erweiterung des Radwegenetzes und der Fahrradinfrastruktur, Eta
blierung eines City-Paketdienstsystems und die Fuhrparkumstellung beim Wirtschaftsbetrieb sowie beim Entsorgungsbetrieb vorangetrieben werden.

Besonders kritisch gestaltete sich zuletzt die Situation am Graf-von-Galen-Ring, wo das LANUV ja bereits vor Jahren einen Messcontainer platziert hat, weil dort stets die höchsten Werte aufhorchen ließen. Hier wurde für 2021 jetzt ein durchschnittlicher Stickstoffdioxidwert von 38 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m³) ermittelt. Der von der EU geforderte Grenzwert liegt bei 40 µg/m³. Obwohl der Messzeitraum komplett von der Corona-Pandemie sowie der parallel als Ausweichroute zur Verfügung stehenden Bahnhofshinterfahrung geprägt war, handelt es sich im Vergleich zum Vorjahr (39 µg/m³) also lediglich um eine minimale Verbesserung. Für das Jahr 2019 waren nach Angaben des Umweltbundesamtes am Graf-von-Galen-Ring sogar noch 45 µg/m³ sowie am Märkischen Ring 44 µg/m³ ermittelt worden.

Verpflichtung erfüllt

„Wir sind zunächst einmal zufrieden, dass wir an diesem Hotspot dauerhaft unter dem Grenzwert geblieben sind und somit unsere rechtliche Verpflichtung erfüllt haben“, zeigt sich der Umweltdezernent mit dem Jahresresultat dennoch zufrieden. Zumal der Blick auf die vorläufigen Resultate an den übrigen drei Messpunkten (Märkischer Ring, Bergischer Ring, Eckeseyer Straße), wo die endgültigen Zahlen aus den Passivsammlern erst Ende März vorliegen, auch hier keinerlei Überschreitungen erwarten lassen.

Die Stickstoffdioxidbelastung in Hagen bewegte sich auch im Jahr 2021 unter dem gesetzlichen Grenzwert. Die Feinstaubbelastung ist seit Einführung der Dieselfiltertechnik ohnehin kein Thema mehr.
Die Stickstoffdioxidbelastung in Hagen bewegte sich auch im Jahr 2021 unter dem gesetzlichen Grenzwert. Die Feinstaubbelastung ist seit Einführung der Dieselfiltertechnik ohnehin kein Thema mehr. © dpa | Marijan Murat

Die dämpfenden Auswirkungen der Pandemie spiegeln sich zumindest leicht bei den Fahrzeugzahlen wider: Hier wurden im Jahr 2021 statt der erwarteten 31.000 Bewegungen pro Tag am Hauptbahnhof lediglich 28.000 Pkw, Busse und Lkw gezählt. Allerdings verweist Arlt wie auch das LANUV darauf, dass die Corona-Folgen mit ihren Lockdown-Phasen nur bedingt den Verkehrsfluss ausgebremst hätten: Viele Arbeitnehmer seien aus Sorge vor Infektionen aus dem ÖPNV auch wieder in ihre Privatautos umgestiegen.

Öffnung der Marktbrücke entlastet

Zudem habe, so der Umweltdezernent weiter, die Sperrung der Marktbrücke für zusätzliche Innenstadt-Verkehre auf dem Graf-von-Galen-Ring geführt: „Wenn dieses Nadelöhr im April wieder passierbar ist, dürfte sich die Situation am Bahnhof wieder etwas entspannen.“ Zudem soll dort noch in diesem Jahr die Zahl der Pkw-Fahrspuren von vier auf zwei reduziert werden, um Extra-Raum für Radfahrer zu schaffen. „Damit wird das motorisierte Fahren dort unattraktiver und weitere Verkehrsteilnehmer dürften auf die Bahnhofshinterfahrung ausweichen.“

Seit Beginn der Luftschadstoffmessungen in Hagen und der damit einher gehenden Aufstellung eines Luftreinhalteplanes im Jahr 2004 war es Hagen 2020 erstmals gelungen, die EU-Grenzwerte für das krankmachende Stickstoffdioxid an allen Messpunkten einzuhalten. Wäre dies nicht gelungen, hätte Hagen angesichts des anhaltenden Rechtsbruchs ein Dieselfahrverbot gedroht. Zuvor hatte die Deutsche Umwelthilfe im Rahmen eines Vergleichs vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster diverse Restriktionen beim Innenstadtverkehr durchgesetzt. Zudem musste Hagen neben den Messstellen am Bahnhof und Finanzamt noch zwei weitere Kontrollpunkte am Bergischen Ring (zwischen Berg- und Hochstraße) und an der Eckseyer Straße (zwischen Wehrstraße und Galen-Ring) einrichten. Damit wollte die Verbraucherschutzorganisation sicherstellen, dass es keine weiteren unentdeckten NO²-Hotspots gibt oder sich die Belastung von einer in die andere Straße verlagert.