Hagen. Die Stadt Hagen will 13.000 i-Pads an sozial benachteiligte Schulen verteilen. Ein „vergiftetes Geschenk“ sei das, sagt Kämmerer Gerbersmann.

Wenn das kein Grund zur Freude ist: Die Stadt Hagen will die Schulen mit weiteren rund 13.000 i-Pads ausstatten. Die digitalen Endgeräte aus dem Hause Apple sollen Schülern kostenfrei als Leihgabe zur Verfügung gestellt werden, um dem digitalen Wandel im Bildungswesen einen Schub zu verleihen. Oberbürgermeister Erik O. Schulz bezeichnete die Anschaffung der Tablets als wichtigen, unverzichtbaren Baustein zur Digitalisierung der Schulen in der Stadt.

Finanziert werden die Geräte nicht von der Stadt selbst, sondern aus dem „REACT.EU“ genannten Krisenbewältigungsprogramm der Europäischen Union, das aufgelegt wurde, um die sozialen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern und eine grüne, digitale und stabile Erholung der Wirtschaft vorzubereiten. Der Stadt Hagen steht aus diesem Fördertopf rund 6,69 Millionen Euro für den Kauf der Tablets zur Verfügung.

Stadt Hagen muss Folgekosten tragen

Trotz des auf den ersten Blick verlockenden Angebots tut sich die Stadt Hagen, obwohl oder gerade weil sie selbst finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, schwer damit, die Fördermittel zur Anschaffung der i-Pads abzurufen. Stadtkämmerer Christoph Gerbersmann hat nämlich bei näherem Hinsehen schnell feststellen können, dass die Stadt sich in erheblichem Umfang an den entstehenden Folgekosten beteiligen muss: „Es handelt sich um ein klassisches, vergiftetes Geschenk.“

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Die Fördermittel darf die Stadt nur abrufen, wenn sie sich im Gegenzug verpflichtet, mindestens vier Jahre lang den IT-Support der Geräte zu übernehmen. Dazu gehört beispielsweise die Wartung der Geräte, das Aufspielen von Apps, das Beheben von Bedienfehlern oder das Zurücksetzen von Passwörtern – im weiteren Sinne also ein umfangreiche Unterstützung der Schüler beim Arbeiten mit den i-Pads. „Diese Bedingungen machen uns Sorgen“, so Gerbersmann: „Wir können nicht täglich für tausende Schüler Gewehr bei Fuß stehen.“

Kämmerer beklagt „vergiftetes Geschenk“

Auf der anderen Seite weiß der erfahrene Dezernent, der stets um einen ausgeglichenen Haushalt im von Langzeitschulden geplagten Hagen bemüht ist, dass die Stadt das „vergiftete Geschenk“ unmöglich ablehnen kann: „Wir können eine Förderung in dieser Größenordnung nicht einfach an Hagen vorbeiziehen lassen“, sagt Gerbersmann.

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Im Rathaus werde deshalb an einem Konzept gearbeitet, wie viel Support erforderlich ist, um den Bedingungen des Förderprogramms gerecht zu werden, und wie viel die Stadt leisten könne. Fest scheint schon jetzt zu stehen, dass ohne die Einstellung mehrerer neuer IT-Fachleute gar nichts läuft. Doch eigentlich müsste das Land den Support bezahlen, findet Gerbersmann: „Dafür werden wir uns auch über den Städtetag einsetzen.“

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Die Erwartungen der Öffentlichkeit und der Schulen sind groß. „Aus unserer Sicht ist ein Nichtabruf der Fördermittel nicht vermittelbar, da diese Programme eine einmalige Gelegenheit bieten, die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in Hagen mit digitalen Endgeräten auszustatten“, betont Katja Graf, schulpolitische Sprecherin der FDP-Ratsgruppe in Hagen.

Liste mit 40 Schulen

In den Richtlinien des Förderprogramms ist ausdrücklich die Rede davon, dass die Endgeräte für Schulen an sozial benachteiligten Standorten in Nordrhein-Westfalen gedacht sind. Die Bezirksregierung hat deshalb bereits eine Liste mit 40 Hagener Schulen erstellen lassen, an denen die Tablets verteilt werden sollen. Von den sieben Gymnasien in Hagen ist zum Beispiel nur die Ricarda-Huch-Schule vertreten.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Stadt 7000 i-Pads für Schüler und 2000 Geräte für Lehrer erhalten. Die Anschaffung war von der nordrhein-westfälischen Landesregierung finanziert worden.

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