Hagen. Am Hohenhof in Hagen sorgt der Kahlschlag für Wut. Eine ehemalige Gärtnerin (95) kann das nicht nachvollziehen und begrüßt die Fällungen.

Einen Plan hat sie auf ein Stück Papier gezeichnet. Er zeigt den Garten am Hohenhof in Hagen so, wie sie ihn sich vorstellt. Und so ähnlich, wie sie einst gepflegt hat. Ilse­ Jaehner, 95 Jahre alt, gelernte Gärtnerin und Journalistin, kann die Aufregungen um die Baumfällungen nicht nachvollziehen. „Wenn Sie mich fragen – da hätte man noch viel radikaler vorgehen können.“

Radikal – so haben viele Hagener die Fällungen um das Gesamtkunstwerk Hohenhof, das Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus einst nach den Plänen des belgischen Architekten Henry van der Velde bauen ließ, empfunden. Die Wut in den letzten Tagen war (und ist noch) groß. Ein wahrer Strom an Spaziergängern ist zur Jugendstil-Villa gepilgert, weil viele nicht glauben wollten, in welchem Ausmaß hier Motorsägen Fakten geschaffen hatten.

Osthaus hätte Bäume nicht gewollt

Dieses Ausmaß kann eine Dame so gar nicht erschüttern. Im Gegenteil. Und die Frau ist vom Fach, hat in den Jahren 1951 und 1952 im Hohenhof, der damals Frauenklinik war, gelebt und im Garten des Ensembles gearbeitet. „Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass diese Bäume verschwinden“, sagt sie. „Von mir aus hätten noch mehr gefällt werden können. Damals, als ich dort gearbeitet habe, gab es viele dieser Bäume noch gar nicht. Ich denke, die meisten haben sich selbst ausgesät und sind gewachsen. Osthaus selbst hätte einen solchen Garten ganz bestimmt nicht gewollt.“

Am Hohenhof in Hagen wurde in den 50er Jahren Gemüse angebaut.
Am Hohenhof in Hagen wurde in den 50er Jahren Gemüse angebaut. © Ilse Jaehner | ILSE JAEHNER

Dann erzählt sie von den Grünflächen rund um das Anwesen, die einmal ihr Reich waren, um das sie sich mit Hingabe und Leidenschaft gekümmert hat. „Ohne große Maschinen – alles Handarbeit“, sagt Ilse­ Jaehner. „Ich habe den gesamten Garten allein bewirtschaftet.“

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Luftbilder hat Ilse Jaehner aus dem Internet ausgedruckt. Fotos, die von oben zeigen, wie dicht am Hohenhof die Bäume noch bis vor kurzem beieinander standen. Große Bäume, mächtig, imposante Bäume. Ohne Frage. Aber eben auch Bäume, die es dort in den 50er Jahren noch nicht gegeben hatte. „Das Grabmal von Osthaus war doch kaum zugänglich“, sagt Ilse Jaehner. So dicht sei alles gewachsen.

Anlage am Hohenhof vergammelt

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Und weiter: „Man muss doch auch mal bedenken, was das große Ziel ist“, sagt Ilse Jaehner. „Nämlich die internationale Gartenausstellung 2027. Die gesamte Anlage ist in den letzten Jahrzehnten vergammelt. Eine Art Wald von alleine gewachsen. Viel zu dunkel, viel zu dicht. Den Garten jetzt wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzten, ist doch ein richtiger und guter Ansatz.

Viele Hagener sind sauer über die Fällungen am Hohenhof. Dort, wo einst ein Baum stand, hat jemand ein Kreuz und Kerzen aufgestellt.
Viele Hagener sind sauer über die Fällungen am Hohenhof. Dort, wo einst ein Baum stand, hat jemand ein Kreuz und Kerzen aufgestellt. © WP | Michael Kleinrensing

Die Fotos, die Ilse Jaehner einst gemacht hat, hat sie jetzt der Stadt Hagen und der ausführenden Gartenbaufirma zur Verfügung gestellt. Sie sollen einen Beitrag dazu leisten, dass der Garten wieder in altem Glanz erstrahlen kann. Das zumindest ist die Hoffnung, die Ilse Jaehner mit dem Projekt und den Fällungen verbindet. „Dann“, sagt sie, „braucht es nur noch einen kräftigen Gärtner, der das Areal pflegt. Aber das habe ich ja damals auch geschafft.“