Hagen. Bei einem weiteren Automotiv-Zulieferer in der Sedanstraße gehen die Lichter aus: Die Presswerk Hagen GmbH schließt Ende Februar.
Nach dem Aus des Hagener Automobilzulieferers Prevent TWB aus der Sedanstraße steht jetzt auch der letzte verbliebene Rest-Mosaikstein des Eckeseyer Automotiv-Standortes, die Presswerk Hagen GmbH, vor der Schließung. Die 74-köpfige Belegschaft ist in einer Betriebsversammlung darüber informiert worden, dass Ende Februar endgültig die Türen geschlossen werden. Das bestätigte Geschäftsführer Admir Smajlovic auf Anfrage der Stadtredaktion gestern ausdrücklich: „Das Hochwasser im Juli vergangenen Jahres hat uns den Rest gegeben.“
Die Volme-Fluten hätten, wie auch bei den Nachbarn in der Sedanstraße, sämtliche Anlagen der Presswerk-Gesellschaft zerstört, skizzierte Smajlovic die Lage. Im Anschluss sei man mit den Versicherungen „nicht einig geworden“, so dass an eine Wiederherstellung der Produktion nicht zu denken sei: „Wir können unsere Kunden nicht mehr beliefern und damit ist die gesamte Situation nicht mehr tragbar.“
Corona-Lage erfolgreich getrotzt
Dabei hatte der parallel zu dem TWB-Chaos entstandene Betrieb vor gut zwei Jahren noch gut gefüllte Auftragsbücher. Doch angesichts der Corona-Lage, die aufgrund immer komplizierterer Lieferketten die Produktionsbänder der Automobilhersteller immer langsamer laufen ließ, geriet auch die wirtschaftliche Entwicklung bei der Presswerk Hagen GmbH ins Stottern. Allerdings unterstreicht Smajlovic auch: „Corona hätte uns nicht das Genick gebrochen.“
Bereits vor zwei Jahren erschütterte die Nachricht die Stadt, dass bei TWB, wo seit vielen Jahren Rücksitzlehnen für unter anderem VW, BMW und Ford gefertigt wurden, endgültig das Licht ausgehe. Damit wurde wahr, was rund um die Werkshallen in der Mitarbeiterschaft schon lange befürchtet wurde: Der verlorene Machtkampf der TWB-Eigentümer gegen den Auto-Riesen VW bedeutete das Aus für sämtliche TWB-Mitarbeiter in Hagen. Zum 31. Juli 2020 wurde das Unternehmen offiziell stillgelegt.
Geringe Abfindungen
Die Belegschaft kann nach Angaben von Jens Mütze, IG Metall Bevollmächtigter, kaum mit einer nennenswerten Abfindung rechnen.Da es sich bei der „Presswerk Hagen GmbH“ im Jahr 2019 um eine Neugründung handelte, wurden die Betriebsjahre der ehemals TWB-Beschäftigten seinerzeit nicht übertragen.Somit stehen nach dem üblichen Abfindungsschlüssel (pro Berufsjahr ein halber Monatslohn) lediglich geringe Summen im Raum.
Anfang 2019 hatte TWB bereits 300 Mitarbeitern in Hagen die Kündigung ausgesprochen. In existenzbedrohende Schieflage war TWB letztlich geraten, weil der Hauptkunde VW alle Geschäftsbeziehungen zu TWB-Besitzer Prevent zum 31. März 2019 gekündigt hat. Hintergrund war ein Machtkampf zwischen Prevent und VW, in dessen Folge auch TWB vom großen deutschen Autobauer kaltgestellt wurde.
Zermürbender Kampf mit VW
Mitte der 1990er-Jahre hatte TWB einen lukrativen Vertrag mit Volkswagen abgeschlossen. Die Hagener bauten fortan Rücksitzlehnen für Audis, Skodas, Seats oder VWs. Anfang 2018 zerschnitt VW das Tuch zwischen Wolfsburg und Hagen. Das hatte vorzugsweise mit der Prevent-Gruppe zu tun, zu der TWB inzwischen gehörte und über die die bosnische Unternehmerfamilie Hastor die Hände hält. Diese legte sich bereits 2016 mit VW an und brach einen Preiskampf vom Zaun, der nicht nur in einen Auftragsstopp mündete, sondern auch vielschichtige juristische Auseinandersetzungen nach sich zog und letztlich einen Großteil der Arbeitnehmer ihre Jobs kostete.
Seit Oktober 2019 gab es jedoch bereits eine zweite Belegschaft auf dem Gelände des Automobilzulieferers in der Sedanstraße. Die damals im Stillen gegründete „Presswerk Hagen GmbH“ hatte ihre Arbeit aufgenommen, um einen Teil der Produktion weiter abzuwickeln. Aber auch das Unternehmen TWB existiert daneben zunächst noch eine Zeit lang weiter. Getrennt wurden die parallel laufenden Produktionen seinerzeit durch eine auf den Boden gepinselten Linie, die die Grenze zwischen den beiden Unternehmen markierte.