Hohenlimburg. Jetzt steht es fest: Nach der Hochwasser-Katastrophe ist ein 300 Jahre altes Haus in Hohenlimburg nicht zu retten. Es wird abgerissen.
Die Nacht vom 13. auf den 14. Juli 2021 und die Tage danach haben auch das Leben von Frank und Doris Poschmann aus Hagen entscheidend verändert. Für das Rentnerehepaar, das vor rund 30 Jahren das so idyllisch gelegene Fachwerkhaus an der Haardtstraße 12 erwarb, ist seit dieser Zeit nichts mehr so, wie es in den drei Jahrzehnten zuvor gewesen ist.
Die Jahrhundertflut hat dem fast 300 Jahre alten Gebäude derart zugesetzt, dass es abgerissen werden soll. Das haben die Gespräche mit zwei Gutachtern und der in Münster ansässigen Versicherung ergeben.
Rentner fehlen die Nerven für Neuanfang nach der Flut
„Ich habe auch nicht mehr die Nerven, das Fachwerkhaus in mühseliger Kleinarbeit wieder zu sanieren. Angefangen vom Keller bis zum Obergeschoss. Das würde sicherlich mehr als zwei Jahre dauern“, sagt Frank Poschmann, der mit seiner Ehefrau aktuell an der Feldstraße in Oege in der Wohnung seines Sohnes Felix ein neues Zuhause gefunden hat. „Diese Wohnung liegt auch sehr nah am Wald.“
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Denn das Leben mit der Natur haben die Poschmanns in fast drei Jahrzehnten sehr genossen: den Garten mit dem angrenzenden Wald, die Rotwein- und die Weißwein-Rebstöcken und die Rosen am Haus. „In der Sommermonaten stand unsere Haustür immer offen. Da haben wir sehr viel Zeit im Garten verbracht.“ Dann kam die Flut über Hohenlimburg.
1000 Flaschen Wein versunken
Das naturverbundene Paar hat nicht nur das Haus mit dem Mobiliar des Keller- und Erdgeschosses, den Garten und das Auto verloren. Auch rund 1000 Flaschen mit ausgewählten Weinsorten sind im Schlamm der Flut versunken. Besondere Weine, die Frank Poschmann von seinen mehr als zwanzig mehrwöchigen Radtouren durch Europa mitgebracht hat. Primär aus Osteuropa. „Ein guter Freund aus Letmathe hat sich die Zeit genommen und viele, viele völlig verschlammte Flaschen wieder von Hand gesäubert. Darauf fehlen allerdings die Etiketten, so dass wir erst, wenn wir die Flaschen öffnen, erfahren, welchen Wein wir trinken.“
Weggespült worden sind auch viele Bücher zur Hohenlimburger Heimatgeschichte und zahlreiche Exemplare der mehr als 10.000 Tonträger, die Frank Poschmann in seinem Leben gesammelt hat.
Ideelle Verlust schmerzt Ehepaar besonders
Wie hoch der materielle Schaden ist, den die Familie erlitten hat, vermag der 69-Jährige nicht zu beziffern. Besonders schmerzlich ist jedoch der ideelle Verlust. Das wird ihm und seiner Ehefrau Doris speziell in den Abend- und Nachtstunden bewusst, wenn sie zur Ruhe kommen. So, wie es in den Tagen direkt nach der Flut war.
„Wir haben mit den unzähligen ehrenamtlichen Helfern, die Tag für Tag gekommen sind, auch viel gelacht. Da war die Stimmung auch bei uns gut. Doch in den Abendstunden fiel alles in sich zusammen. Auch wir sind traumatisiert.“
Fluthilfeantrag bislang ohne Resonanz
Mit Unterstützung seines Sohnes Felix und insbesondere von städtischen Mitarbeitern, die im „Haus Busch“ in Halden die Flutopfer bei der komplizierten Antragstellung betreuten, hat auch er einen Fluthilfe-Antrag an das Land NRW gestellt. In der Hoffnung, kurzfristig finanzielle Unterstützung zu bekommen. „Bislang habe auch ich noch nichts gehört“, ärgert er sich darüber, dass der damalige Ministerpräsident Armin Laschet vor laufenden Kameras immer von kurzfristiger und unbürokratischer Hilfe durch das Land NRW gesprochen hat. „Auch wir hängen in der Warteschleife. Wie ein Großteil der rund 9000 Antragsteller“, bezieht er sich auf einen Bericht in dieser Zeitung.
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Wütend ist er auch noch immer auf die Stadt: „Bei uns an der Haardtstraße hat sich in nunmehr fünf Monaten so gut wie kein städtischer Mitarbeiter blicken lassen“, sagt Frank Poschmann sichtlich enttäuscht.
Hoffen auf Neubau
Hohenlimburg: Kleines Schlösschen am Wald bei Flut zerstört
Heimatforscher Dr. Wilhelm Bleicher, viele Jahrzehnte verantwortlicher Autor der Hohenlimburger Heimatblätter, beschrieb einst in der Monatszeitschrift des Vereins für Orts- und Heimatkunde das Gebäude an der Haardtstraße als „kleines Schlösschen am Wald“.Ruth und Albert Grieb hatten das Haus im Jahr 1974 erworben und saniert. Ende der 1980er Jahre erwarb es nach dem Tod von Albert Grieb ein Letmather Geschäftsmann, der es zwei Jahre später an Familie Poschmann verkaufte.Das Haus gehört zum Ensemble „Kleine Haardt“.
Deshalb ist er gespannt, wie es einmal auf der Kleinen Haardt weitergehen und ob die zerstörte Straße, wie angekündigt, für die Anwohner kostenneutral saniert wird. Denn die Poschmannsche Vision ist, dass Sohn Felix auf dem rund 4000 Quadratmeter großen Grundstück einen Neubau errichten wird. Mit besonderer Berücksichtigung des Hochwasserschutzes, schließlich vermag niemand vorherzusagen, ob sich irgendwann einmal die Jahrhundertflut wiederholen wird.