Haspe. Alles ist vorbereitet: Die Waldretter sind angemeldet, die Eichen liegen bereit, der Fichten-Hang ist gerodet – Samstag ist Pflanztag.

Die Temperaturen sollen nicht über 11 Grad steigen, das Regenrisiko liegt bei 60 Prozent, der November-Wind bläst gemäßigt aus südlichen Richtungen – die Waldretter werden an diesem Samstag, 13. November, ab 11 Uhr beim Pflanzfest am Fuße der Hasper Talsperre weniger mit dem goldenen Herbst, dafür aber mit bestem Wachswetter verwöhnt. Wer den nach dem Borkenkäfer-Befall abgestorbenen Fichten-Forsten im Hagener Wald an diesem Wochenende etwas Gutes tun möchte, darf eben kein zartbesaiteter Schönwetter-Aktivist sein.

Neben einer gewissen Resistenz gegen Nässe und Kühle braucht es darüber hinaus festes Schuhwerk, passende Kleidung, einen Spaten sowie einen Zollstock, um die Pflanzabstände einzuhalten. Für genügend Setzlinge ist gesorgt: 1000 junge Stiel-Eichen hat der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) am Freitag aus einer Baumschule südlich von Würzburg abgeholt. Und um den notwendigen Muskelkraft-Nachschub für das Ausheben der Pflanzlöcher kümmert sich das Gastroteam der Waldgaststätte Plessen: Sabine Kortengräber hat Gulaschsuppe, Apfelkuchen, Pommes mit Chicken-Nuggets sowie kühle und heiße Getränke aus ihrer Küche versprochen – ein Teil dieses Erlöses fließt wiederum in die Pflanzaktion.

Geblieben sind die Wurzelteller

Auf gut einem Hektar Hangfläche kurz vor der Staumauer der Talsperre hat der Wirtschaftsbetrieb in dieser Woche die letzten Totholzstämme fällen und abräumen lassen. Geblieben sind lediglich die Wurzelteller von Hunderten Fichten, die nach 40 Jahren und zwei Hitzesommern letztlich ein Opfer des Borkenkäfers geworden sind. Diese sogenannten Stuken sorgen in den nächsten Jahren, bis die Junghölzer sich durchgesetzt haben, für den notwendigen Halt auf dem relativ steilen Hanggelände. Außerdem wäre es viel zu kostspielig, die Fläche komplett zu mulchen. Somit gilt es an diesem Samstag, die jungen Eichen geschickt um die Baumstümpfe herumzuplatzieren.

Beim Pflanzfest unverzichtbar: Die Waldretter sollten ihren Spaten und den Zollstock nicht vergessen, um die Setzlinge mit der gebotenen Distanz zu platzieren.
Beim Pflanzfest unverzichtbar: Die Waldretter sollten ihren Spaten und den Zollstock nicht vergessen, um die Setzlinge mit der gebotenen Distanz zu platzieren. © WP | Michael Kleinrensing

Dass es ausgerechnet Stiel-Eichen sind, die an dem Standort platziert werden, hängt mit der Südlage zusammen. „Trocken und warm kann nicht jeder Baum vertragen, aber die Eiche toleriert das“, hat das Team um Martin Holl, Leiter des WBH-Forstbereichs, diese Wahl mit Bedacht getroffen. Am Freitag schlummerten die etwa 80 Zentimeter langen Setzlinge am Forsthaus im Kurk noch in einem Pflanzbeet.

Saatgut mit Zertifikat

Das ursprüngliche Saatgut der drei Jahre alten und etwa fingerdicken Mini-Bäumchen stammt hier aus der Region: „Die Pflanzen sind aufgrund ihrer Genetik und Herkunft an diesen Standort angepasst“, blickt Holl auf das entsprechende Herkunftszertifikat. In dem Zahlen-Code ist nicht bloß die Gehölzsorte, sondern auch der genaue Ursprung der Eichen – das nordwestdeutsche Hügelland – hinterlegt. „Die Eichen hier wachsen anders als in Brandenburg und sind exakt dem hiesigen Klima angepasst.“

Etwa 30.000 junge Bäume lagern derzeit beim WBH. Roteichen und Esskastanien schlummern im Pflanzbeet, während Douglasien, Weiß- und Küstentannen sich in Plastikbehältnissen aufrecht aneinanderreihen. Sie werden in den nächsten Tagen vorzugsweise am Buscher Berg in der Selbecke, aber auch auf den übrigen kommunalen Forstflächen, wo der Borkenkäfer die Fichtenbestände vernichtet hat, für die Vegetation der Zukunft sorgen.

30 Zentimeter tief in die Erde

Vorsichtig hebt Forstexperte Holl ein Bündel mit den Stiel-Eichen-Setzlingen aus der Erde. 25 Pflanzen, die die vergangenen drei Jahre in einem Saatbeet verbracht haben, sind jeweils zu einem Bündel verschnürt. Das zarte Wurzelwerk, das zuletzt 30 Zentimeter tief in der Erde steckte, muss sensibel behandelt werden. Auch beim Einsetzen auf der Pflanzfläche an der Hasper Talsperre: „Der Spross ragt zu etwa zwei Dritteln aus der Erde, ein Drittel wird in ein Pflanzloch eingesetzt“, beschreibt Holl in knappen Worten das, was am Hang letztlich eine gewisse Sorgfalt erfordert.

Nichts für Grobmotoriker: Die zarten Wurzeln der erst drei Jahre alten Eichen müssen ausreichend tief im Erdreich verschwinden.
Nichts für Grobmotoriker: Die zarten Wurzeln der erst drei Jahre alten Eichen müssen ausreichend tief im Erdreich verschwinden. © WP | Michael Kleinrensing

Denn das mit dem Spaten gegrabene Loch muss tief genug sein, damit die Wurzeln ungeknickt hineinpassen. Hinzu kommt, dass zunächst die Humusschicht des bisherigen Fichtenforstes beiseite geschoben werden soll, bevor der mineralische Boden für die Pflanzung ausgehoben wird. In umgekehrter Reihenfolge wird die Öffnung in der Pflanzfläche dann mit dem Setzling wieder verfüllt – erst das Erdreich, dann der Humus obendrüber.

Platz für natürliche Verjüngung

Bei insgesamt 1000 Setzlingen keine Kleinigkeit. Insgesamt 40 Pflanznester hat der WBH bereits auf dem Hang markiert, jedes wird aus 25 jungen Bäumen bestehen, die im Abstand von einem Meter gesetzt werden. Diese sogenannten „Klumpen“ werden gleichmäßig über den Hang verteilt, so dass zwischen den Inseln noch genügend Raum für eine natürlich Verjüngung bleibt.

Jeder Setzling, so hat diesmal die Ausschreibung ergeben, kostet 65 Cent. Hinzu kommen die Kosten für eine Wachshülle aus biologisch abbaubarem Kunststoff und einem Fixierstab. Diese werden vom WBH-Team zu Beginn der kommenden Woche platziert, damit das Wild des Hasper Waldes sich nicht über das köstliche Junggehölz her macht.

Doch jetzt sind erst einmal die Waldretter gefordert, Ausdauer und Geschick am Spaten unter Beweis zu stellen. Ein verantwortungsvoller Job, bei dem November-Nass wahrlich keine Rolle spielt.

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