Holthausen. Fatih Caniklioglu findet im Hagener Ortsteil Holthausen ein Schild der Hitler-Jugend. Hagens Chef-Historiker spricht von einem bedeutenden Fund.

Als nach der Hochwasser-Katastrophe am 14. Juli bei Aufräumarbeiten in einem Wandschacht einer Wohnung in Eckesey, Hinterlassenschaften einer Einheit der Nazi-Volkswohlfahrt gefunden wurden, sorgte das lokal, national und sogar international für großes Interesse. Zwischen den Holzsparren eines 1910 errichteten Wohnhauses in Holthausen ist nun ein weiteres Nazi-Relikt aufgetaucht, das Hagens Chef-Historiker Ralf Blank als „höchst wertvoll“ für die Sammlung des Stadtmuseums beschreibt. Fatih Caniklioglu (37) hat hier ein sehr gut erhaltenes Holz-Schild der einstigen örtlichen Hitler-Jugend gefunden. Dass ausgerechnet Caniklioglu der Finde ist, macht den Fund doppelt bemerkens- und erwähnenswert.

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Hagen: In der frühen Nachkriegszeit wurden solche Holzstücke oft verbrannt

In der Wohnung von Fatih Caniklioglu laufen aktuell Renovierungsarbeiten. Als dabei die Dämmung zwischen den Dachsparren herausgenommen wird, fällt das alte Schild aus den 1930er- oder 40er-Jahren plötzlich heraus. „Das gibt es absolut nicht mehr so häufig“, sagt Ralf Blank, der Leiter der der historischen Archive in Hagen. „In der frühen Nachkriegszeit sind Holzstücke wie dieses oft verbrannt worden. Umso schöner ist es, dass dieses hier so gut erhalten ist. Genau so etwas benötigen wir für das Stadtmuseum. Man muss es im Kontext präsentieren.“

Im Hagener Nazi-Fund aus Eckesey waren Dokumente, Waffen, Schlagringe aber auch ein Liebesbrief aufgetaucht.
Im Hagener Nazi-Fund aus Eckesey waren Dokumente, Waffen, Schlagringe aber auch ein Liebesbrief aufgetaucht. © Stadtarchiv Hagen

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Die Hitlerjugend war die Jugend- und Nachwuchsorganisation der Nazis. In ihrer Hochphase hatte die „HJ“ knapp neun Millionen Mitglieder und sollte den gesamten Lebensbereich des „deutschen Jungen“ erfassen. Ab Ende der 1930er-Jahren bestand die sogenannte „Jugenddienstpflicht“. Jeder Junge zwischen 10 und 18 Jahren hatte in die HJ einzutreten und sich der physischen und geistigen „Schulung“ nach dem Führerprinzip zu unterziehen.

HJ-Organisation von Hagen aus für das märkische Sauerland

Die Abteilung Hagen nahm dabei eine führende Rolle ein. Von hier aus wurde die HJ für das gesamte Märkische Sauerland organisiert. Hohenlimburg, das damals noch zum Landkreis Iserlohn gehörte, hatte einen eigenen HJ-Bezirk. „Ich gehe von einer fünfstelligen Zahl an damaligen HJ-Mitgliedern in Hagen aus“, sagt Ralf Blank.

Der in einem Wandschacht in Eckesey gefundene Nazi-Revolver.
Der in einem Wandschacht in Eckesey gefundene Nazi-Revolver. © Stadtarchiv Hagen

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Das Haus, in dem Fatih Caniklioglu das Schild fand, stammt aus dem Jahr 1910. Der junge Mann, der auch Mitglied der Holthauser CDU ist und eine Online-Marketing-Agentur und eine Immobilienfirma führt, freut sich, dass das Stadtmuseum Interesse an seinem Fund zeigt. „Mich wundert auch, wie gut dieses Schild erhalten ist“, sagt Caniklioglu, der auch darauf eingeht, dass er als Mann türkischer Abstammung dieses Zeichen des Nationalsozialismus, der gemäß seiner Rassenlehre, alles Fremde verachtete und verfolgte, gefunden hat.

Hagen: Fatih Caniklioglu ist der Enkel eines Gastarbeiters aus der Türkei

„Ich bin der Enkel eines der ersten Gastarbeiter, die 1959 hier hergekommen sind. Mein Vater hat später bei Schöneweiß gearbeitet und ich bin nun die dritte Generation, die sich hier Zuhause fühlt. Es ist schon richtig: ein Schild der Hitler-Jugend ist von diesen Entwicklungen irgendwie ganz weit entfernt.“

Das findet auch Ralf Blank. „Dass ausgerechnet Herr Caniklioglu dieses Schild findet, ist doch auch aus historischer Sicht spannend. Denn mit Ende der Nazi-Zeit hat sich unsere Gesellschaft zum Glück ganz anders entwickelt und ist heute sehr vielfältig, gerade in Hagen. Durch den Finder wird das ja sehr deutlich und das ist gut so.“ Das Schild wird in Kürze übergeben und soll in der künftigen Ausstellung des Stadtmuseums zu sehen sein.

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