Eckesey. Der Nazi-Fund aus Hagen, der weltweites Interesse erregt hat, ist um ein emotionales Fundstück reicher. Der Kontext des Briefes ist nun klar.

In dem Nazi-Fund, den die Jahrhundertflut in Hagen am 14. Juli in einem Wandschacht eines Hauses Eckesey freigelegt hat, ist ein Liebesbrief aufgetaucht. Er stammt aus der Feder des Gärtners Rudolf Busch, der bangend der von ihm begehrten Hedwig im Nachbarhaus „mit der ganzen Glut seines Herzens“ seine Liebe gestand. Der Fund, bestehend aus Dokumenten der Nazi-Volkswohlfahrt, Revolvern, Schlagringen, Nazi-Abzeichen und Aufzeichnungen hatte zuletzt weltweites Interesse erregt. Zeitungen, Radio-Stationen und Fernsehsender auf allen Kontinenten berichteten über den Hagener Schatz.

Nazi-Fund in Hagen: Schlagringe, Revolver, Nazi-Abzeichen und SA-Trillerpfeifen.
Nazi-Fund in Hagen: Schlagringe, Revolver, Nazi-Abzeichen und SA-Trillerpfeifen. © Stadtarchiv Hagen

Emotionale Zeilen: „Ich liebe Sie mit der ganzen Glut meines Herzens“

Nun also der Liebesbrief, der so gar nicht in den Kontext der Nazi-Systematik passen will, die der Fund bislang gut dokumentiert hat. „Am Dienstagmorgen, wie ich die Rosen brachte, wollte ich ihnen schon sagen, was ich lange auf dem Herzen hatte, aber der Mut zum Reden fehlte mir“, schreibt Rudolf Busch an Nachbarin Hedwig Wiedey. Und weiter: „Ich liebe Sie mit der ganzen Glut meines Herzens. Nirgends finde ich Ruhe mehr, seit ich einmal zu tief in ihre verlockenden Augen geschaut (...) Was ich auch beginnen möge, ihr holdes Bild umschwebt mir überall. Ich glaube, ich werde wahnsinnig, wenn ich noch länger in Ungewissheit leben soll. Es ist ja eigentlich unerlaubt, dass ich dummer Gärtner die Augen zu ihnen erhebe, aber ich finde keinen Ausweg mehr. Liebe teure Hedwig, wenn Sie mich nur ein ganz klein wenig lieb haben, so lassen Sie mich bitte nicht länger in dieser Ungewissheit zwischen Hoffen und Entsagen. Ganz der Ihre Rudolf Busch.“

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Kein Kontext zum Gesamt-Fund: Aber ein Relikt längst vergessener Wertschätzung

Der Brief steht laut Stadtarchiv in keinem Kontext zum Nazi-Fund. Der Schacht, der einen Neu- und Altbau des Wohnhauses voneinander trennt, könne schon vorher zur Entsorgung, aber auch zum Verstecken geheimer Briefe genutzt worden sein. Der Liebesbrief des Rudolf Busch stammt aus dem Jahr 1905, also vor der Machtergreifung der Nazis und noch zur Kaiserzeit. Und nach Recherchen im Hagener Standesamtsregister wird deutlich, das Hedwig Wiedey, die den Brief wohl in den Schacht warf, in dem 1945 auch die Nazi-Gegenstände versteckt wurden, die Liebe des Gärtners nicht erwiderte.

Zahlreiche Abzeichen und Plaketten gehören zu dem Fund.
Zahlreiche Abzeichen und Plaketten gehören zu dem Fund. © Stadtarchiv Hagen | Stadtarchiv Hagen

Hedwig heiratet 1913 einen anderen Mann und stirbt 1978 in Hagen

Zumindest heiratete sie 1913 einen anderen Mann. Rudolf Busch verzog, lebte nicht weiter in Hagen. Sein Geburts- und Todesdatum sind unbekannt. Hedwig hingegen wurde am 21. Januar 1888 in Hagen geboren und starb auch in ihrer Heimatstadt – im Jahr 1978. Und so bleibt der Brief ein Relikt aus einer Zeit, in der man seine Gefühle noch wortstark zu Papier brachte und dieses selbst übergab.

Nachdem die Flut eine Rigipsplatte von einer Wand gelöst hatte, war hinter dem Ziegelwerk der Nazi-Fund aufgetaucht.
Nachdem die Flut eine Rigipsplatte von einer Wand gelöst hatte, war hinter dem Ziegelwerk der Nazi-Fund aufgetaucht. © Stadtarchiv Hagen